Lexikon der Oeko-Irrtuemer
Langzeitvergleiche nur für Vegetarier angestellt). Es gibt jedoch einige Hinweise auf die gesundheitliche Überlegenheit der Biolebensmittel.
Am deutlichsten ist der Unterschied beim Fleisch. Im Ernährungsbericht 1992 weist die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) darauf hin, daß in einem halben Prozent der Fleischproben von konventionell gemästeten Schlachttieren Antibiotika und sonstige Medikamente entdeckt wurden (bei Kälbern waren es sogar zwei Prozent). Auch Hormone (die der Beschleunigung der Mast dienen) werden mit regional unterschiedlicher Häufigkeit immer wieder nachgewiesen. 1 Biofleisch ist frei von solchen Belastungen, denn die Öko-Bauern dürfen nur kranke Tiere mit Medikamenten behandeln. Danach müssen sie lange warten, bis das Tier zur Schlachtung freigegeben wird.
Zur Frage der Pestizidbelastung von pflanzlichen Lebensmitteln berichtet die DGE, daß auch die konventionelle Ware immer weniger Rückstände aufweist. Selbst in Einzelfällen, wo die gesetzlichen Werte um bis zu sechs Prozent überschritten wurden, erreichten sie keine Konzentration, die die menschliche Gesundheit beeinträchtigen könnte.
Der Nitratgehalt von Lebensmitteln hängt, nach Angaben der DGE, im wesentlichen von der Menge des Düngers ab und nicht davon, ob Mist oder Kunstdünger benutzt wurde. Die Belastung mit Schwermetallen hat mehr mit dem Standort eines Landwirtschaftsbetriebes zu tun (etwa neben einer Straße) als mit dessen Produktionsweise. Nach einer Auswertung verschiedener Untersuchungen resümiert die DGE, daß sich »ein Unterschied zwischen alternativem und konventionellem Landbau nicht erkennen« läßt. 2
Das Bundesamt für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BgVV) wertete 120 Vergleichsuntersuchungen aus den Jahren 1926 bis 1994 aus. Hierbei entdeckten die Verfasser im Gegensatz zur DGE einige Unterschiede zwischen ökologisch und konventionell angebauten Pflanzen. Gemüse, das mineralisch gedüngt wurde, weist demnach einen deutlich höheren Nitratgehalt auf. 3 Nitrat ist eine natürliche Stickstoffverbindung, die selbst nicht toxisch ist. Allerdings kann daraus im Verdauungstrakt Nitrit entstehen, welches als schädlich gilt. Nitrosamine, die sich wiederum aus Nitrit bilden, werden ebenfalls als gesundheitsschädigend eingestuft.
In Sachen Pestizide stellt das BgVV ebenso wie die DGE fest, daß auch bei konventionell erzeugten Produkten die Rückstände fast ausschließlich unter der gesetzlich vorgeschriebenen Höchstmenge liegen. Selbst bei den schwer abbaubaren chlorierten Kohlenwasserstoffen, die seit geraumer Zeit verboten sind, war kein Unterschied zu finden. 4
Die Stiftung Ökologie und Landbau (SÖL) kritisiert, daß chemische Analyse allein nicht genüge, um Unterschiede zwischen Öko-Produkten und konventionell angebauter Nahrung herauszufinden. Die SÖL fordert daher, daß »alternative Untersuchungsmethoden« einbezogen werden sollten. 5
Zu erstaunlichen Ergebnissen kamen beispielsweise Wissenschaftlerinnen am Ludwig-Boltzmann-Institut für Biologischen Landbau und Angewandte Ökologie in Wien: Sie gaben Kaninchen und Hühnern die Wahl zwischen Gemüse aus konventionellem und aus Bioanbau. Die Tiere zogen ganz eindeutig die Bioprodukte vor. »Der Grund für diese Bevorzugung ist vorläufig noch unbekannt«, schreiben die Wissenschaftlerinnen, »da die chemische Analyse der Produkte keine Erklärung dafür liefern konnte.« 6 In einem weiteren Versuch erwiesen sich Kaninchen als fruchtbarer, wenn sie mit Öko-Futter aufgezogen wurden. Sie warfen mehr lebende Junge als Vergleichsgruppen, die konventionelles Gemüse erhielten. 7
Insgesamt kommt bei der Diskussion um Giftstoffe in Lebensmitteln die Tatsache zu kurz, daß auch die Pflanzen selbst eine Vielzahl von Giften produzieren. Natürliche Stoffe sind keinesfalls grundsätzlich gesund und synthetische Stoffe nicht automatisch schlecht. Das Solanin in grünen oder keimenden Kartoffeln ist giftig, und zehn Bittermandeln können ein Kleinkind in Lebensgefahr bringen. 8
Bei einem Teilbereich der Bioware gibt es allerdings eine brisante hygienische Schwachstelle: Rohmilch und Rohmilchkäse. Einige Bio-Verarbeiter lehnen das Pasteurisieren (Kurzzeiterhitzen zur Keimabtötung) ab, da es »unnatürlich« sei. Hier besteht beispielsweise die Gefahr einer Infektion mit Ehec-Bakterien. 1997 erkrankten in Deutschland zirka 100 Menschen daran, acht starben. Besonders Kinder sind durch diese Krankheit bedroht, die
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