Lexikon der Oeko-Irrtuemer
Flickenteppiche glauben die Forscher, den Menschen als Täter überführt zu haben. Ein Richter müßte den Angeklagten aufgrund dieser Fingerabdrücke allerdings freisprechen. Die Computergrafiken zeigen zwar durchaus Ähnlichkeiten, aber auch grobe Abweichungen. Hinzu kommt: Die Fingerabdrücke werden ja nicht an der Natur »abgenommen«, sondern von einem Computer, unter durchaus umstrittenen Annahmen, errechnet. Interessant ist das Verfahren dennoch.
Auch das Team von Benjamin Santer vom Lawrence Livermore National Laboratory in Kalifornien meinte, auf diese Art und Weise einen menschlichen Einfluß nachweisen zu können. Santer ist zugleich federführender Autor des Berichts des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) zum UN-Klimagipfel 1995 in Berlin. Der Bericht soll für die Politiker den Stand der Wissenschaft formulieren. Dort heißt es: »Bei Abwägung aller wissenschaftlichen Erkenntnisse scheint ein merklicher menschlicher Einfluß auf das Klima erkennbar.«
Wer diesen Satz auf seinen tatsächlichen Gehalt überprüft, entdeckt im Grunde nur eine Selbstverständlichkeit: Mit Sicherheit hat eine Zivilisation von sechs Milliarden Menschen, die Teile der Erde durch Städte, Industrie und Landwirtschaft verändert, einen Einfluß auf das Klima. Auch unsere Vorfahren, die beispielsweise die iberische Halbinsel abholzten, beeinflußten das Klima. Wie groß dieser Einfluß ist, ob er bestimmend ist, ob er gefährlich ist, darüber wissen wir wenig. Und darüber sagt auch das IPCC in dem zitierten Schlüsselsatz nichts. Im übrigen beachte man die Einschränkung »scheint... erkennbar«. Aber wer tut das schon.
Erstaunlicherweise wurde diese relativ banale Erkenntnis zu einem wissenschaftlichen Beweis der Treibhausthese uminterpretiert. Ob des überführten Missetäters bricht medialer Jubel aus: Von »Focus« (»Beweis erbracht«) bis »taz« (»Endgültig: Menschen schaufeln sich Klimagrab«). Umweltschützer sehen das kommende Treibhaus bestätigt -und zwar durch eine »überwältigende Mehrheit« der Wissenschaftler. 4 Die betreffenden Forscher nehmen den Rummel billigend in Kauf.
Zwei Jahre später bemühen sich die Urheber des »Beweises« dann deutlich um eine Relativierung des in Medien und Öffentlichkeit entstandenen Eindrucks. Klaus Hasselmann schreibt in der Zeitschrift »Science«: »Die Frage, ob der Anstieg der Temperaturen im letzten Jahrhundert tatsächlich von Menschen verursacht wurde, oder ob es sich einfach um eine natürliche Variabilität des Klimas handelt, bleibt kontrovers.« 5 Eine Woche später kommt David Rind, ein enger Mitarbeiter des eingangs erwähnten Klimaforschers James Hansen, ebenfalls in »Science« zu Wort: »Ich persönlich bin nicht überzeugt, daß wir in den letzten Jahren mehr Vertrauen in unsere Voraussagen zur Treibhaus-Erwärmung gewonnen haben.« 6 Im gleichen Zusammenhang äußert sich schließlich auch noch Benjamin Santer. Und er gibt zu Protokoll: »Die Zweifel sind da.« Auch sei die Beweisführung keineswegs abgeschlossen, diese Meinung verträten nur »wenige Wissenschaftler«. So schnell schwinden »überwältigende Mehrheiten«.
Das klimatische Geschehen ist voller Rückkoppelungen und Überlagerungen, die von der Forschung grob in natürliche und menschengemachte Effekte eingeteilt werden. 7
Natürliche Einflüsse auf das Klima:
Menschengemachte Einflüsse:
- Vulkanismus
- Stadtklima-Effekte
(Aufheizung)
- Sonnenaktivität
- Smog-Effekte
- wechselnde Meeresströmungen
(Abkühlung durch Aerosole)
(wie El Nino)
- Treibhausgase
- Zufallsprozesse
- stratosphärischer Ozonabbau
Jährliche Durchschnittstemperatur in der oberen Troposphäre
Der Klimaforscher Benjamin Santer und einige Kollegen versuchten 1996, einen vielbeachteten Nachweis des menschlichen Einflusses auf das Klima unter anderem anhand dieser Kurve zu führen. Sie wählten nach Ansicht von Kritikern freilich willkürlich einen Zeitraum mit steigender Temperaturtendenz aus. Die gesamte zur Verfügung stehende Meßreihe der Wetterballons zeigt eine solche Tendenz nicht. (Quelle: John Daly webside/Nature 1996)
Je mehr die Wissenschaftler die Kompliziertheit der Zusammenhänge entschlüsseln, desto unschlüssiger werden sie. Doch da die Politik für ihre Forschungsmillionen klare Aussagen erwartet, wird das Dilemma mit doppelbödiger Rhetorik umschifft. Auf Pressekonferenzen tut man so, als sei die Faktenlage klar, und danach werden die Aussagen
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