Lexikon der Oeko-Irrtuemer
des Menschen auf das Weltklima verdeutlichen soll, heißt: »Seit der Erfindung des Automobils ist die bodennahe Luft um rund einen halben Grad Celsius wärmer geworden.« 1 Schaut sich der Skeptiker die Zeit seit der Erfindung des Automobils an, dann stellt sich die Lage differenzierter dar: 0,37 Grad dieser Erwärmung - also 70 Prozent - erfolgten in der ersten Hälfte des etwa 100 Jahre umfassenden Zeitraums. 2 Der Löwenanteil des vom Menschen produzierten Kohlendioxids (CO 2 ) wurde durch Industrialisierung und Massenmotorisierung aber erst in den letzten 50 Jahren in die Luft gepustet. Ein Zusammenhang zwischen dem Beginn des Temperaturanstiegs seit etwa 1880 und der Erfindung des Automobils klingt schlüssig, ist es aber nicht. Die Temperaturkurve des Planeten könnte genauso mit der Erfindung des Telefons oder der Verbreitung des Kondoms in Zusammenhang gebracht werden. [Grafik siehe unten]
Treibhausgase wie CO 2 mögen ja viele unangenehme Eigenschaften haben, aber eines können sie noch nicht: Die Atmosphäre rückwirkend erwärmen. Der Hund muß also - zumindest teilweise - woanders begraben sein. Gernot Patzelt vom Institut für Hochgebirgsforschung in Innsbruck hilft beim Ausgraben: »Man läßt diese Temperaturreihen zu einem Zeitpunkt beginnen, der deutlich einen Tiefpunkt der (Temperatur-) Entwicklung zeigt.
Abweichungen von der jährlichen Durchschnittstemperatur (1850 - 1980)
Kohlendioxidgehalt der Luft
Der gleichmäßige Anstieg der Kohlendioxidkonzentration müßte nach der Theorie vom menschengemachten Treibhaus eigentlich in einen ebenso kontinuierlichen Temperaturanstieg münden. Tatsächlich trat der größte Teil der Erwärmung aber auf, als noch wenig Kohlendioxid emittiert wurde. Die Kurven zeigen keinen schlüssigen Zusammenhang. (Quelle: H. Hug 1996/Spektrum der Wissenschaft 1989/ R. Bailey 1995)
« Oder anders ausgedrückt: Wenn man sich die Klimaschwankungen als Wellenbewegung vorstellt, dann lag die Zeit um 1880 in einem tiefen Tal. Wer die Klimakurve 200 statt nur 100 Jahre zurückverfolgt, stellt rasch fest: Opa erlebte auch ohne Volkswagen und Daimler-Benz, Bayer und Siemens so warme Zeiten wie wir heute.
1 Der Spiegel Nr. 31/1997. 2 R. Bailey, The True State of the Planet, 1995.
»Der Treibhauseffekt geht auf menschliche Aktivitäten zurück«
Große natürliche Schwankungen machen es extrem schwierig, den menschlichen Einfluß auf das Klima herauszufiltern. Halbwegs unumstritten ist eigentlich nur, daß der Anteil des Kohlendioxids in der Atmosphäre seit 1870 von 270 Teilen pro Million Luftmoleküle auf heute 364 Teile pro Million angestiegen ist - und der Mensch daran einen Anteil hat. An Versuchen, einen direkten Zusammenhang mit einer Erderwärmung nachzuweisen, fehlt es nicht. NASA-Forscher James Hansen vom Goddard Institute for Space Studies gab sich bei einer Anhörung vor dem amerikanischen Senat schon 1988 »zu 99 Prozent sicher«, daß das warme Wetter der achtziger Jahre eine Folge des vom Menschen gemachten Treibhauseffektes sei (einen Nachweis blieb Hansen freilich bis heute schuldig). 1
Klaus Hasselmann, der Chef des deutschen Klima-Rechenzentrums in Hamburg, gab 1995 die Ergebnisse seiner Computerberechnungen bekannt. Denen zufolge seien die Klimaänderungen der vergangenen Jahrzehnte »mit einer geschätzten Wahrscheinlichkeit von 95 Prozent durch den Menschen hervorgerufen«. 2 Als Nachweis diente ihm die sogenannte Fingerabdruck-Methode. Hierbei werden von Forschern in den großen Rechenzentren schematische Farbdarstellungen (rot ist ganz heiß und blau ganz kalt) der Atmosphäre oder der Kontinente verwendet. Die Forscher gehen davon aus, daß verschiedene Ursachen auch verschiedene räumliche Muster einer Erwärmung ergeben.
Stark vereinfacht erklärt funktioniert die Methode dann so: Erst wird im Computer ein vom angenommenen menschlichen Einfluß bereinigtes Bild erstellt. Dieses Muster ist gleichsam der Naturzustand. Dann zeichnet der Computer ein Bild des, nach Meinung der Forscher, rein vom Menschen verursachten Treibhauseffektes. Schließlich kommt eine dritte Grafik hinzu, die auf den tatsächlich gemessenen Temperaturen beruht. 3 Wenn das Muster der tatsächlichen Erwärmung mit dem Muster einer Temperaturveränderung durch Treibhausgase übereinstimmt, ist die Wahrscheinlichkeit eines menschlichen Einflusses auf das Klima relativ groß. Der »Fingerabdruck« paßt. Nach dem Abgleich der verschiedenen
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