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Lexikon der Oeko-Irrtuemer

Lexikon der Oeko-Irrtuemer

Titel: Lexikon der Oeko-Irrtuemer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk und Miersch Maxeiner
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hauptberuflich auf Agrarbetrieben arbeiten. Es wird keine Landwirtschaftsministerien mehr geben, und der Bauernverband wird seinen Einfluß nach und nach verlieren. 7
    Das Ende der umweltschädlichen Planwirtschaft in Deutschland muß ja nicht ganz so abrupt ausfallen wie in Neuseeland. Es gibt ein paar interessante Vorschläge für die Übergangszeit. So hat der grüne Landwirtschaftsexperte und Europa-Parlamentarier Friedrich Wilhelm Graefe zu Baringdorf angeregt, daß Verbraucher, die teuer auf dem Biohof einkaufen, dies von der Steuer absetzen können. 8 Experten des Instituts für Ökologische Zukunftsperspektiven in Barsinghausen bei Hannover schlagen eine flächendeckende Umstellung auf Öko-Landbau innerhalb von 35 Jahren vor. Dies könnte durch eine dreißigprozentige Subvention auf das Nettoeinkommen der Biobauern erreicht werden. Dafür müßten die Steuerzahler keinen Pfennig mehr aufbringen, denn allein die Verwaltung und Vernichtung der Agrarüberschüsse kostete die EU 1996 fast 14 Milliarden Mark. Da die Erträge des ökologischen Landbaus um zirka ein Drittel niedriger liegen als in der konventionellen Landwirtschaft, würde der Bedarf an Nahrungsmitteln gedeckt, ohne weiterhin Überschüsse zu produzieren. 9
    Es ist fraglich, ob Fischlers sanfte Reformen, die das bestehende Subventionssystem nur abwandeln, auf Dauer ausreichen. Der Ansatz der EU-Reformer heißt im Prinzip, daß Bauern zukünftig nicht mehr für ihre Produkte, sondern für die Landschaftspflege bezuschußt werden sollen. Doch vielleicht fragt schon die nächste Generation, warum die Landschaft eigentlich gepflegt werden muß. Was hat die Natur eigentlich gemacht, bevor sie gepflegt wurde? Und was ist so schrecklich an der Natur, daß man sie ständig in Schach halten muß?
    Viel zukunftsfähiger als das ewige Geldverteilen scheinen uns politische Perspektiven, die wieder mehr Markt zulassen. Dafür müßten sich die Verbraucher allerdings an höhere Preise gewöhnen. Nur wenn sie vernünftige (das heißt höhere) Erzeugerpreise erhalten, können Bauern ohne Gift und Gülle wirtschaften. Unterm Strich könnte eine ökologische Lösung vielleicht sogar neue Arbeitsplätze schaffen, denn auf Biohöfen arbeiten im Durchschnitt ein knappes Drittel mehr Menschen als auf konventionellen Betrieben. Wenn Importeure aus Übersee die europäischen Preise unterbieten, dann müssen die europäischen Öko-Bauern mit besserer Qualität antworten, ihre Produkte kennzeichnen und klug vermarkten. Und wo die Landwirtschaft nicht mehr rentabel produzieren kann, da kehrt eben wieder die Natur zurück.
    Eine andere zukunftsträchtige Entwicklung der Landwirtschaft wird von Seiten des organisierten Öko-Landbaus gerade abgeblockt: die Gentechnik. Wenn gentechnisch veränderte Nutzpflanzen in die Lage versetzt werden, Insekten oder Pilze selber abzuwehren, dann ist dies ein Schritt in die richtige Richtung: weg von den Pestiziden. Es gibt bereits Mais, der gegen die Maiszünslerraupe resistent ist, und Reis, der sich selbst gegen den Reisbohrer wehrt. In Australien und in den USA werden heute schon Baumwollsorten angebaut, denen der Baumwollkäfer nichts mehr anhaben kann. Was ist denn so schlecht daran? Mit der kategorischen Ablehnung aller Entwicklungen der Gentechnik schlägt man sich eine Tür zu, die man vielleicht in zehn Jahren wieder öffnen möchte. Dann wird es jedoch nur noch um den Preis der eigenen Glaubwürdigkeit möglich sein. Das Ganze erinnert an die pauschale Ablehnung der Computertechnik, die die Grünen einmal gepredigt haben. Es wäre viel ldüger, die unterschiedlichen Entwicklungen der Gentechnik unvoreingenommen zu beobachten und nach sorgfältiger Prüfung das zu nutzen, was dem ökologischen Landbau dient (siehe Kapitel »Gentechnik«).
    Am Schluß noch ein paar versöhnliche Worte zur konventionellen Landwirtschaft. Auch wenn sie sich in Europa selbst ad absurdum geführt hat, so hat sie als Option für die Welt noch lange nicht ausgedient. Denn da die Weltbevölkerung trotz sinkender Geburtenraten in den nächsten Jahrzehnten weiter wachsen wird, benötigt sie mehr Fläche für den Ackerbau. In vielen Regionen der Erde ist dies leider nur möglich, wenn Naturgebiete zerstört werden. Die konventionelle Landwirtschaft kommt mit weitaus weniger Fläche aus als ihre ökologische Konkurrentin. Intensive Ertragssteigerung auf kleiner Fläche kann also dazu beitragen, Naturgebiete zu erhalten. Der Industrieverband Agrar (ein

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