Lexikon der Oeko-Irrtuemer
werde immer schmutziger. 1 Doch die Deutschen irren gewaltig: Nahezu alle klassischen Schadstoffe in der Luft wurden stark reduziert - und dies trotz wachsenden Wohlstands und einer Verdreifachung (!) der Zahl der Personenautos seit 1970. Das ist eine echte Erfolgsstory des Umweltschutzes. Große Städte wie Hamburg melden inzwischen einen »historischen Tiefststand« der von Hausbrand, Verkehr und Industrie verursachten Luftbelastungen.
Die ehemalige DDR durchlief den Reinigungsprozeß, für den Westdeutschland etwa 30 Jahre brauchte, in nur sechs Jahren - geradezu sensationell schnell. »Im Zeitraffer« sei dies geschehen, sagt Professor Wolfgang Seiler, Leiter des Fraunhofer-Institutes für Atmosphärische Umweltforschung in Garmisch-Partenkirchen. 2
Auch in den anderen EU-Staaten und in den USA zeigt der Trend klar nach unten. Selbst in einigen Smog-Metropolen wie Mexiko-City greifen inzwischen Luftreinhaltungsmaßnahmen. In den Megastädten der aufstrebenden Nationen und Entwicklungsländer steigt der Widerstand gegen die derzeit häufig noch unerträglichen Zustände. Deutschland ist dagegen ein Luftkurort. Hier die Zahlen:
› Schwefeldioxid: Die Emissionen sind von 1970 bis 1992 im alten Bundesgebiet um mehr als 75 Prozent von 3,7 Millionen Tonnen auf 0,8 Millionen Tonnen zurückgegangen. Im vereinten Deutschland sollen bis 2005 gegenüber dem Stand von 1980 stolze 87 Prozent weniger in die Luft gepustet werden. 3 Schwefeldioxid trägt die Hauptschuld an Wintersmog und saurem Regen.
› Kohlenmonoxid: Die Zahlen sind weiter stark rückläufig. Der Ausstoß hat sich seit 1975 in etwa halbiert, bis 2005 sollen es noch einmal über 50 Prozent weniger sein. 4
› Stickstoffoxide: Mit rund drei Millionen Tonnen ist die Stickstoffoxidbelastung 1990 erstmals wieder unter den Wert von 1975 gefallen. 5 1994 unterschritt Deutschland den in einem europäischen Minderungsprotokoll angestrebten Wert sogar um 20 Prozent. 6
Luftemissionen
1990
1992
1994
Kohlendioxid
1014,0
927,0
901,0
Stickstoffoxide
2,6
2,4
2,2
Schwefeldioxid
5,3
3,4
3,0
Kohlenmonoxid
10,7
7,9
6,7
Ammoniak
0,8
0,6
0,6
Di Stickstoff
0,2
0,2
0,2
Staub
2,0
0,8
0,7
Flüchtige organische Verbindungen
3,1
2,5
2,1
Methan
5,6
5,2
5,2
Alte Bundesländer, Angaben in Millionen Tonnen
Die Luftemissionen in der Bundesrepublik gehen bis auf wenige Ausnahmen seit 1990 kontinuierlich zurück. (Quelle: Immissionsschutzbericht der Bundesregierung 1996)
Bis zum Jahre 2005 soll der Wert gegenüber 1990 nochmals um 30 Prozent reduziert werden. Stickstoffoxide sind maßgeblich an der Ozonbildung beteiligt.
Flüchtige organische Verbindungen, Abkürzung VOCs (von der englischen Bezeichnung »Volatile Organic Compounds«): Die Werte liegen heute deutlich unter denen der siebziger Jahre. Für Gesamtdeutschland sanken die Emissionen von 1990 bis 1992 um 13 Prozent auf 2,8 Millionen Tonnen. 7 Bis 1999 sollen sie um 30 Prozent gegenüber 1988 reduziert sein, es wird aber jetzt schon ein Ergebnis von 45 Prozent Minderung erwartet. 8 Auch diese Emissionen tragen zur Ozonbildung am Boden bei.
› Staub: Der Staubausstoß ist in Deutschland von 1990 bis 1994 um 60 Prozent zurückgegangen, bis 2005 wird eine Verminderung um 87 Prozent vorausgesagt.'
› Dioxine und Furane: Der Dioxinausstoß von Müllverbrennungs- und Industrieanlagen betrug 1997 ein Zehntel der Menge von 1982. 10 Die Gesamtemissionen aus Hausmüllverbrennungsanlagen haben sich 1997 gegenüber 1990 sogar um den Faktor 100 verringert. 11
› Schwermetalle: Auch ihr Anteil in der Luft ging zwischen 1985 und 1995 drastisch zurück: 12
Schwermetalle in der Luft - Abnahme zwischen 1985 und 1995
Blei
ca. 80 Prozent
Nickel
ca. 63 Prozent
Chrom
ca. 66 Prozent
Arsen
ca. 85 Prozent
Quecksilber
ca. 77 Prozent
Cadmium
ca. 76 Prozent
Nicht gelöst ist hingegen das Problem der Rußemissionen aus Dieselmotoren. Die feinen Partikel selbst, aber auch polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe (kurz PAKs genannt), die sich daran anlagern, gelangen mit der Atemluft in die Lunge. Viele Wissenschaftler halten sie für krebsauslösend. Dr. Erich Wichmann vom GSF-Forschungszentrum für Umwelt und Gesundheit sagt, daß besonders »dieselnahe« Berufsgruppen wie LKW-Fahrer, Busfahrer oder Taxifahrer »ein signifikant erhöhtes Lungenkrebsrisiko« haben. 13 Fazit: Die Luft ist viel sauberer geworden, es bleibt aber noch genug zu tun.
1 Frankfurter Allgemeine Zeitung vom
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