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Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (E-Book zu Print) (German Edition)

Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (E-Book zu Print) (German Edition)

Titel: Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (E-Book zu Print) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Passig , Aleks Scholz
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dazu reicht schon eine etwas höhere Luftfeuchtigkeit.) Weil beide Kräfte so schwach sind, würde man jeden auslachen, der auf die Idee käme, einen Gecko zu erfinden, aber zum Glück gibt es den Gecko ja bereits. Und durch geschickte Vergrößerung der Pfotenoberfläche vermittelst spezieller Fußhaare gelingt es ihm, diese schwachen Kräfte sehr oft zu bemühen, ungefähr so, als ließe man Ameisen einen in kleinste Teile zerlegten Lkw hochheben.
    Aber genügen Van-der-Waals-Kräfte zur Erklärung der Klebrigkeit von Klebeband? Der französische Klebstoffspezialist Cyprien Gay jedenfalls bezweifelt das. Wenn man ausmisst, wie viel Energie zum Ablösen von Aneinandergeklebtem erforderlich ist, stellt sich Gay zufolge heraus, dass der Klebstoff etwa zehntausendmal besser haftet, als man mit Van-der-Waals-Kräften begründen kann. Eine Möglichkeit, die Situation zu retten, ist die sogenannte Viskoelastizität: Die langen Klebstoffmoleküle benehmen sich zwar nicht geschmacklich, aber sonst in vielerlei Hinsicht wie Spaghetti, sie lassen sich nur mit großer Mühe und Geduld voneinander trennen. Wenn Viskoelastizität und Van-der-Waals-Kräfte zusammenarbeiten, muss man immerhin hundertmal mehr Arbeit aufwenden, um zwei aneinandergeklebte Dinge zu trennen, als bei Van-der-Waals-Kräften allein. Doch damit sind immer noch nur etwa 1 Prozent der «Klebeenergie» erklärt. Welche Kraft sorgt für die verbleibenden 99 Prozent? Und warum ist zum Ablösen von Klebeband zuerst ein kräftiger Ruck und dann gleichmäßiger Zug erforderlich? Bei einer Messung der aufzuwendenden Kraft ergibt sich eine ungefähr sesselförmige Kurve – zunächst benötigt man für kurze Zeit viel Kraft (Lehne), dann längere Zeit wenig (Sitzfläche). Warum die Kurve so und nicht anders aussieht, lässt sich mit Van-der-Waals-Kräften nicht erklären.
    Die Kavitationstheorie, die Cyprien Gay 1999 gemeinsam mit Ludvik Leibler vorstellte, soll beide Fragen beantworten. Sie besagt, dass sich im Klebstoff von Klebeband und Post-it-Zetteln zahlreiche Bläschen verbergen, die sich wie lauter kleine Saugnäpfe gegen das Abziehen sträuben. Falls die Kavitationstheorie stimmt, leisten die Bläschen wegen des entstehenden Unterdrucks anfangs Widerstand gegen das Abreißen, bis sie sich vergrößern und zusammenfließen. Dann muss nur noch der Widerstand der Klebstofffäden überwunden werden. Wenn es sich wirklich so verhält, müsste Klebeband sich auf hohen Bergen wegen des geringeren Luftdrucks messbar leichter abziehen lassen. Dieses Experiment wurde schon im Ursprungsjahr der Theorie angekündigt, scheint aber bisher nicht durchgeführt worden zu sein. Vielleicht ist es doch schwerer als gedacht, ein Klebstofflabor auf einen hohen Berg zu transportieren.
    Warum bauen Klebstoffhersteller nicht einfach den Gecko nach? Die Frage drängt sich umso mehr auf, als Geckos nur einen Bruchteil ihrer theoretischen Klebkraft zu nutzen scheinen. Der US-Biologe Kellar Autumn berechnete, dass ein an einer Wand sitzender Tokeh-Gecko 140 Kilo Gewicht tragen könnte. Er will nur nicht. Aber Geckofüße sind Nanostrukturen und als solche etwas knifflig zu basteln. Zudem sorgt der Gecko dafür, dass seine Hafthaare sauber bleiben, während Kunstgeckos bisher noch schnell verschmutzen und ihre Haftkraft verlieren. Vermutlich möchte der Konsument auch gar nicht, dass seine Notizzettel im Büro an Wänden und Decken herumhuschen und Fliegen fangen. Es ist auch so schon schwer genug, den Überblick zu behalten.

Kugelblitze
Und schon ein luminöser Knatterkranz!
Das ist der schlagende Beweis.
Daniel Düsentrieb
    Kugelblitze erfreuen schon seit vielen Jahrhunderten die Menschheit mit ihrer Rätselhaftigkeit. Mehrere tausend Seiten ließen sich füllen mit Beschreibungen von Kugelblitzbeobachtungen, dazugehörigen Theorien, Experimenten und Mythen. Im Spektrum der Erklärungsversuche sind die Übergänge zwischen Wissenschaft, Science-Fiction, Esoterik und Spinnerei fließend, wobei sich ernsthafte Theorien meist durch eine entmutigende Komplexität auszeichnen, was weniger ernsthafte Theorien schamlos ausnutzen. Zudem wird immer wieder behauptet, der Kugelblitz sei kein Naturphänomen, sondern lediglich Einbildung. Eine allgemein akzeptierte Erklärung für Entstehung und Verhalten von Kugelblitzen fehlt jedoch bis heute.
    Die Erforschung von Kugelblitzen basiert im Wesentlichen auf Augenzeugenberichten. Seit mehr als 500 Jahren sind Kugelblitzbeobachtungen dokumentiert,

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