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Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (E-Book zu Print) (German Edition)

Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (E-Book zu Print) (German Edition)

Titel: Lexikon des Unwissens: Worauf es bisher keine Antwort gibt (E-Book zu Print) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Passig , Aleks Scholz
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Annahme, dass ein Kugelblitz ein Ball aus Plasma ist, nur lässt Kapitza seine Plasmakörper von außen aufheizen: durch starke Mikrowellen, die während des Gewitters in der Umgebung von normalen Blitzen entstehen sollen. Demnach wäre der Kugelblitz ein Ball aus extrem heißer Luft, der, von Mikrowellen aufgespießt, im Gewitter hängt und leuchtet. Auch im Labor kann man mit Mikrowellen schöne Leuchteffekte erzielen: So stellten die Japaner Ohtsuki und Ofuruton im Jahr 1991 künstliche Feuerbälle her, die durch Wände und gegen den Wind schwebten, genau wie es von einigen Beobachtern beschrieben wurde. Allerdings stimmen weder Lebensdauer noch Größe mit den echten Kugelblitzen überein. Ähnliches gelang im Jahr 2006 den israelischen Forschern Eli Jerby und Vladimir Dikhtyar: Sie leiteten Mikrowellen über einen Metallstab in eine Glaskugel, wo eine heiße Stelle mit geschmolzenem Glas entstand. Durch Entfernen des Metallstabs «zogen» sie den heißen Fleck von der Glaskugel weg und erzeugten so schwebende, stabile Plasmabälle. Leider sind diese Versuchsanordnungen etwas realitätsfern, denn selten begegnet man im Gewitter einer Glaskugel. Das Experiment aus Israel immerhin funktioniert mit handelsüblichen Mikrowellengeräten, und weil man die genaue Anleitung im Internet finden kann, steht es heute jedem selbst frei, eigene Kugelblitzimitationen in der heimischen Küche herzustellen. In einer nicht allzu fernen Zukunft wird man sicher leuchtende Plasmabälle als Bestandteil moderner Küchenbeleuchtung zu schätzen wissen.
    Abgesehen von den aktuellen Erfolgsgeschichten mit Aerosolen, Wasserpfützen und Mikrowellen gab es in der Vergangenheit nicht wenige Versuche, Kugelblitze künstlich herzustellen. Beinahe legendär sind die Experimente des Physikgenies Nikola Tesla, der mit Hilfe von komplizierten elektrischen Schaltkreisen zwar auch irgendwelche Feuerbälle produzierte, aber ziemlich sicher nicht das, was wir Kugelblitz nennen. Ausgehend von diesen Experimenten, baute Tesla kurz vor seinem Tod 1943 angeblich an einer Todesstrahlmaschine, die großes Interesse bei der CIA hervorrief. So wie Tesla erging es vielen: Sie erzeugten zwar Feuer und Spektakel, konnten aber nicht letztgültig beweisen, dass das etwas mit dem gesuchten Phänomen zu tun hat. Tragisch endete ein Hasardeur namens Richmann in St. Petersburg, der 1753 einen echten Blitz in sein Labor leitete, um damit herumzuspielen. Aus seiner Apparatur sprang Richmann ein faustgroßer, wütender Kugelblitz an, der Mann war sofort tot.
    Insgesamt gibt es mit jedem der beschriebenen Ansätze einige Probleme. Aerosole, Wasser und Mikrowellen sind zwar imstande, schöne Leuchterscheinungen zu produzieren, aber bisher kann keine der Theorien alle beobachteten Eigenschaften von Kugelblitzen, insbesondere Form, Farbe, Größe, Lebensdauer, erklären. Problematisch sind auch die Kugelblitze, die in Gebäuden oder sogar in Flugzeugen auftauchen, wo es gemeinhin weder Erde noch Wasserpfützen gibt. Zum Glück bleiben eine Vielzahl von alternativen Erklärungsversuchen, die das Problem zwar genausowenig lösen können, sich dafür aber durch bemerkenswerten Einfallsreichtum auszeichnen.
    Seit den 1990er Jahren etwa erwähnen der Kosmologe Mario Rabinowitz und seine Mitarbeiter immer wieder, dass sich im Innern von Kugelblitzen möglicherweise winzige Schwarze Löcher verbergen, Miniaturversionen der extrem schweren Himmelskörper, die beim Todeskampf von Riesensternen entstehen. Die Existenz von mikroskopisch kleinen Schwarzen Löchern ist jedoch bisher unbewiesen. Andere Experten erklären Kugelblitze als Folge des Eindringens von Antimaterie in die Erdatmosphäre: Die Erde wird andauernd von normaler Materie aus dem All beschossen, von kleinen bis mittelgroßen Meteoriten, deren Verglühen man in klaren Nächten als Sternschnuppen beobachten kann. Man weiß auch, dass es zu jedem →Elementarteilchen, etwa zum Elektron oder Proton, ein Antiteilchen aus Antimaterie gibt. Wenn es komplette Meteoriten aus Antimaterie gäbe, würden sie in der Atmosphäre verschwinden, denn Anti- und richtige Materie halten nicht viel voneinander und vernichten sich daher gegenseitig beim Zusammenstoß. Dabei, so die Theorie, könnte kugelblitzähnliches Leuchten entstehen. Für die Existenz von Antimateriefelsen im All fehlen jedoch bisher überzeugende Beweise.
    Im Jahr 2003 schlug der Physiker John J. Gilman vor, dass Kugelblitze aus extrem hochenergetischen Atomen bestehen,

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