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Liberator

Liberator

Titel: Liberator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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Buch auf ihren Knien …
    Er war so in seine Erinnerungen versunken, dass er die Stimmen erst hörte, als sie schon auf seiner Höhe waren. Die Ratsmitglieder kamen, genau wie er sich gedacht hatte, den Hauptgang entlang. Er ließ sich auf ein Knie herab und tat so, als binde er einen Schnürsenkel. In Zweiergruppen gingen sie an ihm vorbei: erst Shiv und Lye, dann Padder und Gansy, dann Dunga und Riff. Das war seine Chance! Er versuchte Riff ein Zeichen zu geben, aber sie bemerkte ihn nicht. Er zählte bis zehn und folgte ihnen dann auf den Hauptgang. Er ging nahe an Riff heran und hustete leise. Aber nicht nur sie blickte sich um, sondern auch Dunga. Obgleich Dunga ihm gegenüber immer etwas weniger abweisend gewesen war als die anderen Ratsmitglieder, fauchte sie ihn nun an: »Was machst’n du hier?«
    Er musste es wagen. »Ich wollte kurz mit Riff sprechen.«
    Riffs Augen blitzten. »Jetzt? Weißte eigentlich nicht, was los ist?«
    »Okay«, sagte Dunga, »ich will damit nix zu tun haben.« Sie ging schneller und schloss zu Padder and Gansy auf. Col und Riff fielen zurück.
    »Spinnst du?«
    »Dunga ist in Ordnung«, gab Col zurück. »Sie ist doch immer ein bisschen ruppig.«
    »Nicht Dunga! Alle sind gegen uns!«
    »Ich weiß, ich war bei der Versammlung. Ich dachte, du möchtest vielleicht darüber reden.«
    »Doch nicht hier«, zischte sie.
    »Vielleicht könnten wir später …?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Darüber kann ich mir jetzt keine Gedanken machen.«
    Schweigend gingen sie nebeneinander her. Sie war gereizt und verärgert … aber wohl nicht mit ihm. Es gab vieles, über das sie sich Sorgen machen musste. Er stellte sich vor, dass er sie in den Arm nehmen und trösten würde. Sie hatte doch niemanden sonst, dem sie sich anvertrauen konnte. Ihre Nähe hatte ganz von ihm Besitz ergriffen. Als sich zwischen Fässern und Kisten erneut eine Nische öffnete, versuchte er sie mit dem Ellbogen dorthin zu dirigieren, damit sie für einen Moment zu zweit allein waren. Voller Verachtung schlug sie seinen Arm weg.
    Col war fassungslos, bis er sah, wer neben Riff auftauchte. Lye, das neue Ratsmitglied. »Macht er Ärger?«, fragte sie.
    »Nee. Er erklärt mir nur mal wieder, wie der Juggernaut funktioniert. Nichts Besonderes also.« Sie wandte sich mit ausdruckslosem Gesicht zu Col. »Das kannst du genauso gut morgen bei der Ratsversammlung erzählen.«
    Lye schluckte Riffs Erklärung, dafür hatte sie ein anderes Problem. »Warum sollte er zu unserer Ratsversammlung kommen?«
    Col nahm das Wort unsere sehr wohl zur Kenntnis. Sie war gerade erst gewählt, aber schon wollte sie überall mitmischen.
    Riff zuckte mit den Schultern. »Colbert oder seine Schwester werden oft gebeten, an den Ratsversammlungen teilzunehmen. Wusstest du das nicht?«
    »Porpentines!« Lye war entrüstet. »Die alte Führer-Familie! Die Unterdrücker!«
    »Wir müssen praktisch denken«, entgegnete Riff. »Sie können uns Sachen erklären, die wir wissen müssen. Aber sie sind nicht dabei, wenn wir dann alles besprechen und entscheiden.«
    Col biss sich auf die Zunge. Er verabscheute es, wenn Riff so redete wie die anderen Dreckigen. Sie hätte ruhig ein wenig für ihn und die anderen Protzer eintreten können, das würde ihrer Beliebtheit sicherlich keinen Abbruch tun.
    Sie drehte sich zu ihm. »Deine Schwester wird jetzt wohl nicht mehr zur Versammlung kommen, oder?«
    Col zuckte mit den Schultern und sagte nichts. Er wusste nicht, wie Gillabeth auf die Demütigung im Großen Versammlungssaal reagierte.
    »Na gut«, sagte Riff. »Du wirst morgen jedenfalls kommen. Punkt zehn Uhr auf der Brücke.«
    Das Gespräch war beendet. Riff und Lye ließen Col in der Mitte des Ganges einfach stehen und folgten den anderen.
    Nach einigen Schritten drehte sich Lye um und sah Col an. Da trafen ihn zwei Erkenntnisse wie Donnerschläge. Erstens: Lye war nicht einfach schön oder gutaussehend, sondern sie war wirklich wunderschön – allerdings eine sehr strenge Schönheit mit tiefen Mundfalten und einer wie aus Glas geschnittenen scharfen Gesichtsform. Zweitens: Sie hasste ihn. Die Gewalttätigkeit, die in ihrem Blick lag, verschlug ihm den Atem. Könnten Blicke töten, wäre er jetzt nicht mehr am Leben.
    Und schon drehte sie ihren Kopf wieder nach vorn. Das Ganze war so schnell vonstatten gegangen, dass er sich hätte fragen können, ob es überhaupt stattgefunden hatte – aber das tat er nicht. Es war nicht der übliche Hass, den Dreckige

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