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Liberator

Liberator

Titel: Liberator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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Protzern im Allgemeinen und den Porpentines im Besonderen entgegenbrachten. Es war etwas anderes, persönlicheres. Er wusste nun, dass er eine Feindin hatte, aber er wusste nicht, warum.
    04
    Als Col zur Norfolk-Bibliothek zurückkehrte, war die Aufregung im ganzen Raum zu spüren. Gillabeth musste ihnen erzählt haben, was passiert war. Orris und Quinnea saßen am einen Ende des großen Tisches in der Mitte, Septimus und Professor Twillip am anderen. Nur Gillabeth beteiligte sich nicht an der Unterhaltung. Sie hatte sich in eine ihrer Aufräumorgien gestürzt.
    Die Bibliothek diente nicht länger als Bibliothek, sondern war die Wohnung für sieben Personen. Sie hatten hier Zuflucht gesucht, als die Dreckigen nach der Befreiung die Kabinen auf den Oberdecks für sich requirierten. Allerdings hatten sie gedacht, dass die Bibliothek nur vorübergehend ihr Unterschlupf sein würde. Doch sie war zu ihrer neuen Bleibe geworden. Jeder hatte seinen eigenen Schlafplatz zwischen den Bücherregalen, der aus einer Matratze bestand, dazu ein Stuhl, um Kleidung abzulegen. Es gab ein paar andere Möbelstücke wie Truhen, Kommoden und einige Nachttischchen, die sie aus ihren früheren Räumen gerettet hatten. Ein kleiner Kerosinofen und ein ordentlicher Vorrat an haltbaren Lebensmitteln machten sie praktisch unabhängig und zu Selbstversorgern.
    Die Dreckigen beschuldigten die Porpentines, sich vorsätzlich von allen abzusondern; aber das war nicht vorsätzlich, sondern ohne Plan geschehen. Sie fühlten sich einfach geschützter so, gemeinsam am selben Ort. Die Norfolk-Bibliothek kam ihnen wie ein sicherer Hafen vor. Vielleicht durch die ruhige gedämpfte Atmosphäre, die die halbdunklen Reihen der bis an die Decke reichenden Bücherregale verbreiteten. Vielleicht lag es auch am Duft der ledergebundenen Bücher selbst.
    Col setzte sich auf einen Stuhl an der Mitte des Tisches. Direkt vor ihm saß sein kaum vier Jahre alter Bruder Antrobus im Schneidersitz auf dem Tisch und betrachtete seine Schreibfeder und das dazugehörige Tintenfass. Er hatte beides von Professor Twillip geschenkt bekommen. Feder und Tintenfass hatte er zwar noch nie berührt, aber er verbrachte Stunden damit, beide Gegenstände mit offensichtlich tiefer Befriedigung und Zuneigung anzuschauen.
    Col wandte sich dem Professor und Septimus zu, die in ein Gespräch vertieft waren. Cols ehemaliger Privatlehrer lächelte ihn durch seine Brillengläser an. Er galt eigentlich als unverbesserlicher Optimist, doch nun war selbst sein Lächeln schwach.
    »Was meinst du? Wird das alles gut für uns ausgehen?«
    »Die Dreckigen werden uns Protzer wegen des Mordes noch mehr hassen«, erwiderte Col niedergeschlagen, »und Shiv wird im Rat noch mehr zu sagen haben!«
    Septimus runzelte die Stirn. »Wer auch immer der Saboteur ist, er interessiert sich jedenfalls nicht dafür, was mit uns anderen geschieht.« Seine Stimme hatte sich in den letzten Monaten verändert und war zu einem tiefen Bass geworden, was ihn ebenso erstaunte wie jeden anderen. Er hatte an Selbstbewusstsein gewonnen, seit er als Professor Twillips Assistent arbeitete. Außerdem hatte er einen Schuss gemacht; er war jetzt fast so groß wie Col und nicht mehr so schlaksig; ein gut aussehender junger Mann.
    »Vielleicht ist das mit dem Ermittlungsteam ja doch eine gute Idee«, sagte Professor Twillip, »wenn sie den Saboteur denn tatsächlich ausfindig machen …«
    »Das glaube ich nicht. Shiv hat keinerlei Anhaltspunkte.« Col schüttelte den Kopf. »Er wird die neue Position nur nutzen, um uns noch mehr zu schikanieren.«
    »Ich wünschte mir, dass wir den Saboteur selbst finden könnten«, sagte Septimus. »Er muss ein begnadeter Schauspieler sein.«
    Col nickte. »Ich habe mich mal bei den anderen umgehört. Es gibt wirklich niemanden, der auch nur den leisesten Verdacht hat. Ich bin mir sicher, dass er keine heimlichen Helfer in den Ghettos hat.«
    »Ein völliger Einzelgänger.« Professor Twillip schüttelte den Kopf. »Das ist mysteriös. Diese Radikalität. Ich kann mir niemanden vorstellen, der so etwas tun könnte.«
    Zwar hatte Col eine weniger rosige Vorstellung von der menschlichen Natur als der Professor, aber auch er kannte niemanden, dem er einen Mord zutraute. Viele der Leute von den Oberdecks hatten sich abscheulicher Taten schuldig gemacht, aber niemals als einzeln handelnde Individuen. Die Grausamkeit der Menschen vom Oberdeck war immer eine soziale Grausamkeit gewesen. Col konnte sich

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