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Liberator

Liberator

Titel: Liberator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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sie sich von selbst. Jede Sekunde würde nun der unvermeidliche Sturz beginnen, und der Juggernaut mit seinem gesamten Gewicht auf ihn fallen. Zumindest wäre es ein schnelles Ende.
    Aber – der Liberator hatte sich gefangen. Er bewegte sich wieder vorwärts. Col fühlte, wie er sich aufzurichten begann, als sein Bug den Gipfelgrat der Hügelkette erreichte. Mit einem weiteren gewaltigen Knarren des Metalls verlagerte sich das Gewicht des Juggernaut, und ganz langsam neigte er sich wieder nach rechts.
    Col brauchte eine Weile, bis er begriffen hatte, was geschehen war. Der Juggernaut stand wieder gerade über dem Grund und nahm sogar Fahrt auf. Sie hatten es geschafft! Er sprang auf und blickte über die Brüstung. Sie fuhren auf einem hohen Bergplateau mit vereinzelten Wäldern und kleineren Schluchten, die dem Liberator keinerlei Probleme bereiteten.
    Col machte sich mehr Sorgen über das, was sie hinter sich gelassen hatten, als über das, was vor ihnen lag. Er blickte zurück – und ja, da war die Romanow . Nur die Spitzen ihrer Masten ragten über die Hügelkette, die elektrischen Funken, die zwischen den Masten knisterten, zeichneten sich am dunkler werdenden Himmel ab. Jedenfalls hatte die Romanow den Hügel bislang nicht erklommen. Hatte sie das überhaupt vor? Col beobachtete sie für einige Minuten und gelangte dann zu dem Schluss, dass sie sich tatsächlich nicht von der Stelle bewegte. Die Russen trauten sich nicht an den steilen Anstieg! Wenn doch bloß auch die Österreicher aufgegeben hatten … Er rannte zur gegenüberliegenden Seite der Plattform.
    Hier bot sich ein anderes Bild: Die Prinz Eugen hatte das Plateau schon erreicht und folgte ihnen in der Entfernung von einigen Juggernautlängen. Col stöhnte. Eine innere Stimme sagte ihm, dass sich der düster und bedrohlich wirkende kuppelförmige Juggernaut nicht so leicht würde abschütteln lassen.

42
    Die Sonne war untergegangen und die Dämmerung der Dunkelheit gewichen. Der Himmel war zu bewölkt, als dass sich Sterne oder der Mond gezeigt hätten. Aber die Verfolgungsjagd ging weiter. Der Liberator drehte nach links und drehte nach rechts, und die Prinz Eugen folgte jeder seiner Bewegungen. Am Ende gab der Liberator diese Manöver auf und fuhr einfach geradeaus weiter.
    Die mattschwarze Kuppel des österreichischen Juggernaut war in der Dunkelheit nicht auszumachen, wohl aber die Feuerstöße, die seinen zwiebelturmartigen Schornsteinen entwichen. Alle paar Minuten bildete sich ein rotgelb glühender Ball am Ende eines jeden Schornsteins und schoss dann plötzlich in den Himmel.
    Obendrein ließ die Prinz Eugen in unregelmäßigen Abständen ihr Horn ertönen. Der schauerlich bebende Ton wirkte in der Dunkelheit noch bedrohlicher – wie das schwermütige Geheul einer riesigen Bestie.
    Col blieb für Stunden auf seinem Beobachtungsposten. Der Abstand zwischen den beiden Juggernauts veränderte sich kaum. Zweifellos hielt die Prinz Eugen die anderen Juggernauts durch drahtlose Telegraphie auf dem Laufenden. Die Imperialisten hatten sich offensichtlich vorgenommen, den einzigen befreiten Juggernaut zur Strecke zu bringen, egal, wie lange es dauerte.
    Col hatte gehofft, dass Riff zu ihm stoßen würde, aber entweder hatte sie zu viel zu tun oder sie hatte es vergessen oder sie hatte nie vor, sich auf der Plattform mit ihm zu treffen. Wahrscheinlich hatte er wieder einmal zu viel erwartet.
    Seine Gedanken wanderten weiter zu seiner Familie und seinen Freunden in der Norfolk-Bibliothek. Verstanden die überhaupt, was hier vor sich ging? Vielleicht hatte Mr. Gibber ja wieder Informationen zusammentragen und an sie weitergeben können … Er hätte sich jetzt gern zur Bibliothek aufgemacht, aber wann immer er von der Treppe des Gefechtsturms vorsichtig nach unten spähte, erblickte er nach wie vor mindestens zwanzig Dreckige auf der Brücke. Die Hektik hatte sich gelegt, und sie gingen nun mit grimmiger Entschlossenheit ihrer Arbeit nach. Weiter hinten beugten sich, in ein Gespräch vertieft, vier Ratsmitglieder über Gansys Kartentisch. Col hatte keine Chance, sich unbemerkt durch die Brücke zu schleichen.
    Also wandte er sich wieder den Verfolgern zu. Unzählige Feuerbälle entwichen den Schornsteinen der Prinz Eugen ; wieder und wieder ließ sie ihr Horn ertönen. Es war gleichzeitig nervenaufreibend und einschläfernd.
    Nach einer Weile suchte Col sich ein geschütztes Plätzchen am Ende der Plattform zwischen dem Gefechtsturm und der

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