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Liberator

Liberator

Titel: Liberator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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angefangen.«
    »Nein, du!«
    »Wie kannst du ihr nur glauben. Du musst genauso bescheuert sein wie sie!«
    »Schluss jetzt!«
    Riff sprang auf die Füße und verschwand im Nebel.
    Col blieb völlig verwirrt zurück. Er versuchte, ihr im Nebel hinterherzusehen, aber sie blieb verschwunden, als habe sie diese Welt verlassen. Er achtete auf das Öffnen und Schließen der Tür zum Gefechtsturm, aber kein Laut drang an sein Ohr. Sie musste also noch auf der Plattform sein. Wollte sie ihn bestrafen? War sie sauer auf ihn wegen Lye? Oder wegen etwas anderem? Lass sie einfach gehen, sagte er sich. Und keine dreißig Sekunden später rief er mit lauter Stimme: »Komm zurück. Wir müssen reden!«
    Keine Antwort. Nur aus weiter Ferne war, sehr gedämpft, das Horn der Prinz Eugen zu vernehmen; es hatte sich nie schwermütiger angehört. Ein Gefühl des Verlassenseins überkam ihn. Er stand auf und streckte seine steifen Muskeln.
    »Wo bist du? Riff?«
    Er ging jetzt mit weit ausgestreckten Armen die Plattform entlang. Warum antwortete sie nicht?
    »Riff!«, rief er. »Riff!«
    Jeden Winkel der Plattform hatte er abgesucht und nichts als Nebel gefunden. Wohin könnte sie verschwunden sein? Er ging zur Tür des Gefechtsturms, und als er die Klinke herunterdrückte, gab sie ihr übliches lautes Quietschen von sich – das konnte er nicht überhört haben. Seine Verwunderung wich langsam einsetzender Panik. Doch dann fanden seine Hände sie. Sie lehnte an der Brüstung am Rand des Juggernaut, nur ein paar Schritte von seinem Schlafplatz entfernt. Er hatte seine Suche zu weit weg begonnen.
    »Da bist du ja.«
    Er fasste sie bei den Ellbogen und drehte sie zu sich. Sie wehrte sich nicht. »Warum hast du nicht geantwortet?«, fragte er.
    »Manchmal kenne ich dich einfach nicht mehr.« Sie klang nicht ärgerlich, sondern vorwurfsvoll. »Du benimmst dich wie ’n Fremder.«
    »Was? Wieso?«
    »Natürlich habe ich Lye kein Wort geglaubt.« Sie schüttelte ihren Kopf, und kleine Wassertröpfchen flogen aus ihrem feuchten Haar und benetzten sein Gesicht. »Was glaubst du denn eigentlich? Ich habe ihr gesagt, dass sie sich das nur einbildet. Ich war immer auf deiner Seite. Ich hab den ganzen Quatsch nicht eine Minute geglaubt.«
    »Ach. Und ich dachte …«
    »Du sollst nicht denken! Du sollst mir vertrauen!«
    »Ja«, gab er ihr recht.
    »Es ist unglaublich. Wir ringen hier um Leben oder Tod, der ganze Juggernaut, und das Einzige, was dir im Kopf rumgeht, ist dein kleiner Privatkrieg mit Lye! Es ist so lächerlich!«
    Er hätte ihr gerne in die Augen gesehen, aber der Nebel verschleierte das blasse Oval ihres Gesichts.
    »Ich habe nicht eine Sekunde aufgehört dich zu lieben!«, sagte er.
    Riff schnaubte nur: »Lass meine Arme los!«
    Erst jetzt merkte er, dass er sie noch immer an den Ellbogen festhielt, und zog seine Hände zurück.
    »Und du …?«, er zögerte. »Was empfindest du für mich?«
    Es folgte ein langes Schweigen, das Col fast zur Verzweiflung trieb. Ihre Antwort konnte viel schmerzhafter sein als jeder Faustschlag.
    »Kommt drauf an«, sagte sie endlich. »Also, du hast nie aufgehört, mich zu lieben?«
    »Ich kann’s nicht.«
    »Und spricht jetzt der echte Col?« Sie berührte sein Gesicht vorsichtig mit ihrer Hand. »Nicht ein Fremder?«
    Er nickte.
    Mit den Fingerspitzen fuhr sie über seine Wange und sein Kinn. Er hätte jetzt kein Wort herausbringen können, selbst wenn sein Leben daran gehangen hätte.
    »Dann geht es mir genauso«, sagte sie. »Ich kann auch nicht aufhören.«
    Wieder und wieder ließ er sie in seinem Kopf diese Worte wiederholen. Und mit jedem Male klangen sie süßer. Es war ein Augenblick der reinsten Freude, hell wie die Sonne und süß wie Honig. Am liebsten hätte er die Zeit angehalten, aber ein tiefes Rumpeln, das von Unten kam, unterbrach sie. Der schöne Augenblick war unwiederbringlich vorbei. Riff lauschte.
    »Ah, das ist der Maschinenraum.« Sie wandte ihre Aufmerksamkeit wieder den praktischen Dingen zu. »Lye bereitet unsere Extrembeschleunigung vor.«
    Selbst die Erwähnung des Namens Lye ließ Col nun kalt. »Musst du gehen?«
    »Ich werd auf der Brücke gebraucht. Ich sollte eigentlich schon längst wieder da sein.« Ohne ein weiteres Wort verschwand sie im Nebel. Dieses Mal war das Quietschen beim Öffnen der Tür zum Gefechtsturm deutlich zu vernehmen, ebenso der Knall, mit dem die Tür zufiel.
    Col lehnte sich über die Brüstung und sah in die Ferne, wie Riff es zuvor getan

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