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Liberator

Liberator

Titel: Liberator Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Harland
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gefunden!«, rief sie mit lauter Stimme. Sie zeigte auf Col. »Es ist seine Frau!«
    Col schnappte nach Luft – so wie jeder andere im Saal auch.
    »Wie habt ihr das rausbekommen?«, rief er aus. Seine Frage ging im Stimmengewirr unter.
    »Ihr Name ist Sephaltina«, fuhr Lye unbarmherzig fort. »Sie war von Anfang an unsere heimliche Gegenspielerin.«
    Riff war genauso verblüfft wie Col, aber jetzt setzte sie sich zur Wehr. »Mal langsam! Er wusste doch gar nicht, was seine Frau gemacht hat. Er wusste nicht mal, dass sie noch an Bord war.«
    »Nein?« fragte Lye höhnisch. »Aber sehr überrascht wirkt er nicht grade, oder?«
    Shiv zeigte anklagend auf Riff. »Und was is mit dir? Wie lange hast du das gewusst?« Erschrocken hielt die Menge die Luft an und stöhnte. Es ging doch nicht an, Riff, die Anführerin der Revolution, zu beschuldigen …
    »Was war das eben?«, fiel Padder über seine Schwester her. »Wieso hast du uns das nicht gemeldet? Warum nicht wenigstens mir?«
    Riff hatte ihre Sprache wiedergefunden. »Ich wollt’s dir ja erzählen.«
    »Aber dann sind die imperialistischen Juggernauts aufgetaucht«, sagte Col. »Wir waren gerade dabei, einen Deal auszuhandeln.« Etwas Schlimmeres hätte er wohl kaum von sich geben können.
    »Einen Deal?«, brüllte Padder los.
    »Hinter unseren Rücken?«, schrie jemand aus der Menge.
    »Wo ist seine Frau jetzt?«, wollte Gansy plötzlich wissen.
    Riff tauschte einen verzweifelten Blick mit Col. »Äh, in der Norfolk-Bibliothek, glaub ich.«
    »Was? Sie läuft noch frei rum? Bei den Protzern? Sofort gefangen nehmen!« Lyes Stimme war wie ein Peitschenschlag. »Und die gesamte Porpentine-Familie. Wir fangen gleich mal mit ihm an!«
    Ein halbes Dutzend Rotarmbinden sprang auf Col zu, um ihn an der Flucht zu hindern. Aber er stand da, ohne sich zu rühren. Er wäre sowieso nicht davongekommen, und er wollte es für Riff nicht noch schlimmer machen, als es ohnehin war.
    »Bringt ihn zu den Schlafdecks«, befahl Lye. Der ganze Saal war in Aufruhr.
    Shiv stellte sich auf Riffs Stuhl. »Dies ist ein Ausnahmezustand«, rief er in die Menge. »Wir werden von außen und von innen angegriffen. Wir brauchen Ausnahmegesetze. Ich beantrage, für den Angriff auf den russischen Juggernaut den Notstandsführern die alleinige Verantwortung für den Sicherheitstrupp und den Sturmtrupp zu übergeben. Da Lye und ich den Angriff geplant haben, müssen wir auch die Führung übernehmen. Die anderen Ratsmitglieder …«
    »Nein. Das ist falsch!« Riff appellierte an Padder und Gansy. »Tut was! Das dürft ihr nicht zulassen!«
    »Die anderen Ratsmitglieder werden an allen Aufgaben teilhaben«, sagte Lye.
    Das Stampfen der Füße nahm zu, und Rufe wurden laut: »Lye und Shiv! Lye und Shiv! Ja! Ja! Ja!«
    Padder und Gansy wirkten hilflos. Sie hatten offensichtlich Angst, ihre Stimme zu erheben, nachdem die Menge im Saal von den Notstandsführern begeistert war.
    »Das ist ein Putsch!«, schrie Riff den anderen zu.
    »Das ist Diktatur! Das ist eine neue Tyrannei!«
    Aber sie hatte keinen Einfluss mehr. Das Geräusch der stampfenden Füße schwoll zu einem Donner an, die Rufe der Zustimmung wurden zu einem brüllenden Schrei.
    Riff bedachte Lye mit einem finsteren Blick. »Damit kommst du nicht durch!«
    Lyes Gesicht wirkte maskenhaft. »Nehmt sie auch fest!«, sagte sie.
    Col traute seinen Ohren nicht. Mehrere Rotarmbinden traten auf Riff zu und hielten sie fest. Sie war zu verblüfft, um zu reagieren.
    »Bringt sie auch zu den Schlafdecks«, wies Lye die Leute an, und für einen kurzen Augenblick war ein Beben hinter ihrer Maske zu erkennen. Doch dann hatte sie die Selbstkontrolle wiedergefunden und stand sehr aufrecht da.
    Col erwartete, dass die Menschen im Saal sich nun gegen Lye stellen würden. Sie konnten doch nicht tatenlos zusehen, wie ihre Revolutionsführerin gefangengenommen wurde! Dieses Mal war Lye ganz gewiss zu weit gegangen.
    Aber – weit gefehlt. Die Menge brüllte und stampfte einfach weiter. Erst als Col sich richtig umsah, nahm er wahr, wie viele Rotarmbinden im Saal waren. Ja, tatsächlich waren die meisten Menschen im Saal Rotarmbinden – davon viele ehemalige Sträflinge von Botany Bay.
    Erst jetzt ging Col der Sinn der Bemerkung der rothaarigen Dreckigen auf der Brücke auf. Sie hatte gesagt, dass Shivs Sicherheitstruppe die Leute zusammenrief. Und jetzt war klar, dass sie nur Rotarmbinden angesprochen hatten, zu der Versammlung zu kommen. Lye und Shiv hatten

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