Liberator
wieder gewonnen.
46
Col und Riff wurden unter der Aufsicht einiger Rotarmbinden abgeführt, während die Versammlung fortgesetzt wurde, da Lye und Shiv noch weitere Anträge zum Ausnahmezustand einbringen wollten, die der Zustimmung bedurften.
Sobald sie den Saal verlassen hatten, holten die Rotarmbinden eiserne Fußfesseln hervor und legten sie den Gefangenen an. Obgleich sie als Freiwillige aus der Menge rekrutiert worden waren, schienen sie sehr gut vorbereitet; wirklich spontane Helfer hätten ja wohl kaum Fußfesseln dabei gehabt, sagte sich Col. Sie konnten sich mit den Fesseln nur noch trippelnd fortbewegen.
Mit dem Dampffahrstuhl ging es auf Deck 20, das war das Schlafdeck, wo früher die Gesindlinge untergebracht waren. Hier hatte auch Riff ihre Nächte verbracht, während sie als Gesindling verkleidet das Oberdeck ausspionierte.
Die Rotarmbinden führten Col und Riff erst einen Hauptkorridor entlang und dann durch Seitengänge. Andere Rotarmbinden standen Wache an den Ecken und Kreuzungen der Korridore. Sie wurden zu SCHLAFSAAL 5 gebracht, wie der Schriftzug an der Tür besagte.
Er stand voller Betten, die übereinander gestapelt waren wie die Böden eines Bücherregals. Sie bestanden aus nackten Eisenrahmen, zwischen denen dünne Drähte gespannt waren. Außer ihnen war niemand im Raum.
Die Rotarmbinden gingen sehr routiniert zu Werke. Vier von ihnen hielten Col auf ein Bett gedrückt, während ein fünfter seine Fußfessel mit einer Kette an den Rahmen des Bettgestells schloss. Mit Riff verfuhren sie ebenso. Jemand legte je eine gefaltete graue Wolldecke auf ihre Betten und stellte einen Eimer in die Nähe. Dann verließen sie den Schlafsaal und verschlossen die Tür hinter sich.
Col und Riff saßen sich gegenüber, auf beiden Seiten des Gangs zwischen zwei Reihen von Betten. Sie lehnten sich nach vorn, die Hände auf den Knien.
»Woher konnten sie das nur gewusst haben?«, fragte Riff sich laut.
Col wusste sofort, dass sie von Lye, Shiv und dem Saboteur sprach. »Hast du es irgendwem erzählt?«
»Nicht eine Silbe.«
Gebetsmühlenartig zählten sie auf, was sich genau im Großen Versammlungssaal abgespielt hatte, aber das brachte sie auch nicht weiter.
»Lye und Shiv haben die ganze Zeit auf diese Situation hingearbeitet.«
Riff nickte kläglich.
»Wir haben uns die ganze Zeit Gedanken wegen der Imperialisten gemacht, während sie nur damit beschäftigt waren, wie sie die Macht an sich reißen können.«
Etwa eine halbe Stunde später brachte eine andere Gruppe Rotarmbinden Sephaltina und den Rest der Porpentine-Familie in den Schlafsaal. Auch sie trugen alle eiserne Fußfesseln – Orris, Quinnea, Gillabeth und selbst Antrobus. Cols kleiner Bruder hielt Murgatrudd in seinen Armen.
Als Sephaltina Col sah, klatschte sie in die Hände und rief: »Mein Ehemann! Jetzt habe ich dich gefunden!«
Ihre Rosenknospenlippen verzogen sich zu einem kindischen Lächeln. Col setzte sich aufrechter hin und rückte damit instinktiv ein wenig weg von Riff, die ihn erstaunt ansah.
Als die Rotarmbinden die Neuankömmlinge an die Bettrahmen gefesselt hatten, befand sich Sephaltina am anderen Ende des Raumes.
»Das ist nicht richtig«, beschwerte sie sich und zeigte auf Riff. »Ich sollte dort sein, wo sie ist!«
Cols Familie hatte davon gehört, dass der Liberator mit dem russischen Juggernaut kollidiert war, aber mehr wussten sie nicht. Kaum hatten die Rotarmbinden den Schlafsaal verlassen, begann Col ihnen zu berichten, was sich alles zugetragen hatte. Orris, Gillabeth und Antrobus sahen besorgt, Quinnea erschüttert aus, und Sephaltina hörte nicht auf, Col mit ihrem kindischen Lächeln anzustrahlen.
Eine Weile später brachte eine weitere Truppe Rotarmbinden Mr. Gibber in Fußfesseln in den Schlafsaal. Er protestierte und wehrte sich heftig. Als die Rotarmbinden ihn in derselben Reihe wie Riff an ein Bett gekettet hatten, trat er um sich, bis er das Gleichgewicht verlor und mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden zu liegen kam.
»Es ist alles ein Irrtum! Ich habe nichts Unrechtes getan!«, schrie er.
Einer der Rotarmbinden blieb in der Tür stehen und sagte: »Wir führen nur unsere Befehle aus.«
Langsam beruhigte sich Mr. Gibber, aber er weigerte sich aufzustehen. »Wieso schikanieren sie mich ?«, grummelte er vor sich hin.
»Weil Sie zu uns gehören«, erklärte Col.
»Zu euch? Ihr seid Porpentines. Ich habe nicht darum gebeten, zu euch zu gehören. Ich bin nur ein bescheidener alter
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