Liberty 9 - Sicherheitszone (German Edition)
ihm fehlte es am Nötigsten, und das war eine Kiste mit hochprozentigem Tequila, die der Großraumchopper, zusammen mit anderer Fracht, eigentlich hätte bringen sollen. Nicht einmal der Trost, kurzzeitiges Vergessen in der Flasche zu finden, war ihm also vergönnt. Er konnte nur hoffen, dass der Großraumchopper in den nächsten Tagen doch noch repariert werden und nächste Woche kommen konnte.
Kaum war ihm dieser hoffnungsvolle Gedanke durch den Kopf gegangen, als er sich schlagartig wieder bewusst wurde, warum schon jetzt im Juli und nicht erst wie gewöhnlich im Herbst die Chopper kamen: Im Lichttempel wurde dringend Nachschub gebraucht!
Der Tod kam schneller als bisher!
Es schnürte ihm die Kehle zu, und schnell wandte er sich vom Fenster ab, als unten eine Gruppe älterer Jungen und Mädchen in ihren Schwimmsachen unter fröhlichem Gelächter die Portalstufen hinunterliefen und sich auf den Weg zum See machten. Überglücklich, dass sie wegen des frühmorgendlichen Eintreffens des Lichtschiffs an diesem Tag schon zwei Stunden nach der mittäglichen Freistunde von allem weiteren Unterricht entbunden worden waren und damit einen langen freien Nachmittag hatten.
Er fiel in seinen harten Armstuhl hinter dem Schreibtisch, stützte die Ellbogen auf die Platte und vergrub sein Gesicht in den Händen. Was für ein abscheuliches Leben hatte er nur gewählt! Ein Leben, in dessen Zentrum die Aufgabe stand, Verrat an jungen unschuldigen Menschen zu begehen und sie in den sicheren Tod zu schicken! Und mochte dieses Opfer noch so notwendig sein.
Ein trockenes Schluchzen stieg ihm in die Kehle. Er hatte seine Seele verkauft, um das Leben seiner Lieben zu retten. Aber selbst das vermochte ihn nicht vor dem selbstzerstörerischen Selbsthass und dem schwarzen Abgrund zu bewahren, dem er jeden Tag ein Stück näher kam. Und der Tag war nicht mehr fern, an dem er endgültig den Boden unter den Füßen verlieren und sich widerstandslos in diesen schwarzen Schlund fallen lassen würde.
38
Kendira hatte auf einige stinklangweilige und völlig ereignislose Tage gehofft, um innerlich zur Ruhe zu kommen und sich Klarheit über ihre Gefühle zu verschaffen. Denn was genau sie nun für Carson empfand und wie sich das von dem unterschied, was Dante in ihr an Empfindungen geweckt hatte– war ihr selbst ein Rätsel.
Doch das Schicksal gab nichts auf das, was Kendira oder sonst einer sich wünschte. Es kannte weder Nachsicht noch Mitgefühl. Nicht nur ruinierte es allen den freien Nachmittag, sondern es brachte tödliches Verderben über den Konvent.
Das Unheil begann mit einem harmlosen Windstoß, der durch das Geäst einer alten Sykomore fuhr.
Als der warme Wind von den Berghängen herabstrich, befand sich Kendira zusammen mit Nekia und Hailey auf dem Weg zur Half Moon Bay. Sie wollten ihre Badetücher dort auf der Liegewiese ausbreiten und erst einmal eine Weile in der Sonne dösen und sich über die unverhofft freien Stunden freuen.
Kendira hoffte insgeheim, dass Carson sie, wenn er Nekia und Hailey an ihrer Seite sah, nicht gleich mit Beschlag belegen würde. Sie mochte Carson sehr, und wer weiß, was aus ihnen beiden werden konnte, wenn sie sich Zeit ließen. Nichts lag ihr ferner, als ihn zurückzustoßen und zu verletzen. Aber sie brauchte ihre Freiheit, Raum zum Atmen und von Carson die Bereitschaft, den Dingen ihren Lauf zu lassen und abzuwarten, wie sich alles zwischen ihnen entwickelte.
» Habt ihr gesehen, was für ein Gesicht Coffin gemacht hat, als die Durchsage kam, dass der Unterricht sofort abzubrechen ist und wir frei haben? « Hailey lachte ausgelassen in Erinnerung an die Reaktion ihres Lehrers.
Nekia stimmte in das Lachen ein. » Ich dachte schon, er platzt gleich vor Entrüstung. Bestimmt wäre er am liebsten sofort zum Primas gestürmt, um sich bei ihm darüber zu beschweren, dass ausgerechnet seine Unterrichtsstunden ausfallen! «
Hailey winkte ab. » Dafür hat dieses Hasenherz nicht genug Rückgrat! Ihr kennt ihn doch. Wann immer sich eine Gelegenheit ergibt, schwänzelt er um Templeton herum und versucht sich bei ihm einzuschleimen. Da ist mir ein Typ wie Sherwood lieber. Bei dem weiß man, woran man ist. «
» Hasenherz, das trifft es! « , riefNekia vergnügt, während sie die Ostflanke des Vista Hill hinter sich ließen. Nun war es nicht mehr weit bis zum Bootshaus, wo sie sich ihre Badetücher holen würden, und zur Liegewiese bei der kleinen Bucht.
Der Weg wurde breiter und näherte sich dem
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