Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Liberty 9 - Sicherheitszone (German Edition)

Liberty 9 - Sicherheitszone (German Edition)

Titel: Liberty 9 - Sicherheitszone (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
Vom Netzwerk:
Whitelock nickte vage in die Runde und folgte dann den Guardians ohne ein weiteres Wort.
    Der Schock über die erschütternde Szene, die sich vor aller Augen abgespielt hatte, wirkte im Refectorium noch lange nach. Nur zögerlich setzten die Gespräche an den Tischen wieder ein, und dann auch nur gedämpft. Den meisten schien der Appetit vergangen zu sein. Nur vereinzelt hörte man das Klappern und Klirren von Besteck und Geschirr.
    Kendira schob ihren Teller von sich. Was soeben geschehen war und noch geschehen würde, zog ihr den Magen zusammen. Man hatte bei Master Seyward Seelengift gefunden! Ausgerechnet bei diesem jungen, schüchternen Lehrer! Es fiel ihr schwer, sich das vorzustellen.
    Ihren Freundinnen erging es nicht anders.
    » Begreift das einer? « Colinda blickte in die Runde und schüttelte fassungslos den Kopf. » Wenn ich einem so etwas nie und nimmer zugetraut hätte, dann ihm! «
    » Stille Wasser sind tief « , murmelte Leota.
    » Ich muss immer daran denken, was wir heute noch vor uns haben « , sagte Nekia leise und bedrückt.
    Jeder wusste es, doch keiner wollte es aussprechen.
    Ausgenommen Hailey. Sie nickte und sagte: » Ja, wir werden dabei zuschauen müssen, wie er zum Cleansing auf den Stuhl geschnallt wird. «

16
    Ein öffentliches Cleansing schlug erfahrungsgemäß vielen Electoren auf den Magen, insbesondere denen, die zum ersten Mal Zeuge einer derartigen Bestrafung wurden. Deshalb fand es am frühen Nachmittag statt, mehrere Stunden nach dem Mittagessen und lange vor dem Abendessen.
    Unter beklommenem Schweigen versammelten sich alle Electoren, Servanten und Guardians sowie Master und Prinzipalen vor der Lichtburg. Doch im Gegensatz zum Morgenappell reihten sich die Master und Prinzipalen nicht oben auf der Treppe aneinander, sondern begaben sich hinunter auf den Platz und stellten sich vor den beiden Alpha-Blöcken auf– bis aufPrinzipal Whitelock. Als Stellvertreter und rechte Hand des Primas blieb er oben an der Seite von Templeton.
    Reglos stand der Primas in seiner weißen, mit der schillernden Schärpe gebundenen Kutte auf der geschwungenen Plattform vor dem hohen Portal. Wie üblich hatte Templeton die Arme auf dem Rücken verschränkt und die Beine leicht gespreizt. Seine asketisch hagere Gestalt wirkte in dieser reglosen Haltung wie aus Stein gemeißelt. Kein einziger Muskel regte sich in seinem knochigen, scharf geschnittenen Gesicht und ähnlich starr und ausdruckslos ging sein Blick über die Köpfe der unter ihm Versammelten hinweg. Hinter ihm hatten zwei bewaffnete Guardians vor dem Eingang Posten bezogen.
    Auf halber Höhe der Treppe stand auf einer Aluminiumplatte, deren Unterbau die beiden darunter befindlichen Stufen durch passgenaue Ausbuchtungen ausglich, eine schwarze Eisenschale. Sie war leicht nach innen gewölbt, hatte einen Durchmesser von etwa einem Meter und ruhte auf einem schwarzen Dreibein. Die Schale war mit einem schwarzen Tuch abgedeckt. Eckige Gegenstände zeichneten sich unter dem Stoff ab.
    » Wenn es doch nur schon vorbei wäre! « , raunte Nekia.
    Kendira nickte. » Am besten schließen wir die Augen! « , flüsterte sie zurück.
    » Das nützt doch nichts! Ich weiß ja, was da oben gleich geschieht, und deshalb habe ich das Bild genau so deutlich vor Augen, wie wenn ich hinschauen würde! Und sich die Ohren zuzuhalten, ist nicht erlaubt. «
    Kendira schluckte. » Ja, wenn dieses entsetzliche Geräusch nicht wäre! «
    » Irgendwie tut mir Seyward leid « , kam es hinter ihnen leise von Colinda. » Wenn die dritte Rakete nicht ausgerechnet in seinem Zimmer explodiert wäre, hätte vermutlich niemand erfahren, dass er… «
    » Haltet doch endlich den Mund! « , zischte Hailey neben Colinda. » Mir macht das hier auch keinen Spaß! Aber das ist doch kein Grund, sich so anzustellen. Ihr führt euch wie verschreckte, zimperliche Delta-Küken auf. Wir sind Alpha-Electoren! Und überhaupt hat Seyward sich sein elendes Schicksal selber zuzuschreiben. Er hat doch ganz genau gewusst, was ihm blüht, wenn er Seelengift in die Sicherheitszone bringt und dabei erwischt wird! «
    » Na, ich weiß nicht « , flüsterte Nekia, doch so leise, dass nur Kendira neben ihr es hören konnte.
    Das Geraune erstarb.
    Es war Prinzipal Whitelock, der vor der Vollstreckung der Strafe die Ansprache an die Versammlung hielt.
    » Libertianer! « , begann er und seine kraftvolle Stimme donnerte aus den Lautsprechern mit weit größerer Lautstärke als bei gewöhnlichen

Weitere Kostenlose Bücher