Liberty 9 - Sicherheitszone (German Edition)
automatisch herunter und wurde zu einem schwachen Glimmen.
In freudiger Erwartung starrte Kendira hinaus in die undurchdringliche Schwärze der riesigen Tube, die einen fast zehn Meter breiten Fahrstreifen für den Rover bot und eine Deckenhöhe von fünfMetern aufwies.
» … zwei… eins… für den Ride Die Savannen Afrikas ! «
Mit einem sanften Ruck und fast lautlos setzte der Rover sich in Bewegung, glitt aus der Parkbucht und hinaus auf den Track. Und wo eben noch totale Finsternis geherrscht hatte, da erschien nun von einer Sekunde auf die andere vor ihren Augen das plastische Bild einer afrikanischen Savanne, die in mildes Morgenlicht getaucht war. Der Blick ging über eine mit majestätischen Schirmakazien bestandene Ebene und schien bis an den fernen Horizont zu reichen, wo sich die vagen Umrisse von Bergeen abzeichneten.
Kendira fand sich auf dem Dachsitz eines alten Land Rover wieder, der über einen holprigen Savannenpfad rumpelte. Sie sah vor sich die verkratzte, beulenreiche Motorhaube mit dem schweren Kuhfängergrill. Bei jeder Bodenwelle und jedem Schlagloch ging ein entsprechender Stoß durch den Wagen– und damit auch durch den Rover, sodass sie sich am Seitenbord und am Sicherheitsbügel festhalten musste.
Die Fahrt ging vorbei an verfilztem, dornenreichem Buschwerk und Feldern aus hohem Elefantengras, das im warmen Morgenwind wie ein endloses Meer aus Gräsern wogte. Und diesen Wind spürte Kendira tatsächlich auf ihrer Haut, kam er in der Tube doch aus versteckten Luftdüsen.
Aber auch die Temperaturen in der Tube passten sich dem afrikanischen Klima an. Noch war die Wärme angenehm, aber wenn gegen Halbzeit der Reise die Sonne hoch über der afrikanischen Ebene stand, würde sie für ein paar Minuten einen ordentlichen Gluthauch hier in der Röhre zu spüren bekommen, bis dann mit Sonnenuntergang wieder erträgliche Temperaturen herrschen würden.
Zebras zogen über die Steppe, hoch in den Bäumen tobten Affen kreischend durch das Geäst und Raubvögel sowie Aasgeier kreisten in hohen, lautlosen Schleifen am tiefblauen Himmel und hielten Ausschau nach Beute.
Kendira versank völlig in dem Zauber, der von der Landschaft und den Tieren in der freien Wildbahn ausging. Zu ihrer Linken bemerkte sie eine Gruppe von Giraffen, die mit wiegenden Schritten und wippenden Hälsen gemächlich zwischen weit ausladenden Schirmakazien mit ihrem dichten grünen Blätterdach stolzierten.
Augenblicke später scheuchte der Land Rover, auf dessen Dach sie zu sitzen meinte, eine Familie von Warzenschweinen auf. Sie reckten kurz ihre gefährlichen halbkreisförmigen Hauer, stoben dann aber unter lautem protestierendem Grunzen davon. In der Ferne tauchte eine Herde Antilopen auf, die mit unglaublich weiten Sprüngen und zugleich doch grazilen Bewegungen dahinjagten.
Ob sie verfolgt wurden, ließ sich nicht feststellen. Aber Kendira wusste, dass sie später Zeuge einer Jagd und eines Kampfs auf Leben und Tod werden würde, nämlich wenn drei Löwen eine junge Antilope durch raffinierte Manöver von ihrer in Panik fliehenden Herde trennten und sie zu erlegen versuchten.
Manchmal ließ das Programm, das verschiedene Variationen im Ablauf eines jeden Rides gespeichert hatte und eine davon nach dem Zufallsprinzip auswählte, die Antilope entkommen. Meist jedoch gelang es den Löwen, ihr Opfer zu Boden zu reißen und es mit einem Biss in die Kehle rasch zu töten.
Kendira freute sich schon auf die Szenen am breiten Fluss, auf die träge dahintreibenden Nilpferde und die im Schilf und auf den Sandbänken lauernden Krokodile und ganz besonders auf die bestimmt tausendköpfige Herde von Gnus, die auf ihrer Wanderung den schlammigen Fluss überqueren mussten und dabei Gefahr liefen, geradewegs in die gierigen Rachen der Krokodile zu rennen.
Manchmal kamen die Gnus ungeschoren davon, wenn die hässlichen Ungetüme im Wasser abgelenkt waren und sich weiter flussaufwärts um einen alten Kadaver balgten. Aber ohne Opfer ging die Flussüberquerung einer derart großen Herde so gut wie nie ab. Fressen und gefressen werden war nun mal das Gesetz der Natur… einer Natur, die so jedoch längst nicht mehr existierte, denn seit dem jahrelangen Weltenbrand hatte die Erde viele ihrer einstigen Naturwunder verloren. Ganze Landschaften waren unwiederbringlich zerstört und mit ihnen zahllose Tierreiche ausgelöscht worden.
Der Land Rover brachte Kendira jetzt über einen Hügel, und da lag auch schon das große Wasserloch
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