Liberty 9 - Sicherheitszone (German Edition)
Nekia in den Schlafsaal, als wollte sie sich vergewissern, dass niemand etwas von ihrem Geflüster mitbekommen konnte. Dabei waren die beiden Bettreihen auf ihrer Seite völlig leer, und die dösenden Mädchen in den Betten auf der anderen Seite des Mittelgangs hätten selbst dann nichts von ihrem Gespräch aufschnappen können, wenn sie sich ganz normal unterhalten hätten, statt zu flüstern.
Dann beugte Nekia sich noch etwas vor und raunte: » Also, nach dem, was wir gestern unten im Keller erlebt haben, kann man ja wohl heute etwas durcheinander sein, oder etwa nicht? «
Kendira atmete tief durch und nickte.
Sie schwiegen eine Weile, und jeder wusste, woran der andere dachte. An Seyward und seine Botschaft.
» Ich kriege das einfach nicht aus dem Kopf, Kendira « , sagte Nekia schließlich. » Es ist alles so verwirrend… und so erschreckend. Allein die Vorstellung, es könnte wirklich alles Lug und Trug sein… also, das kann einen schon aus der Bahn werfen… «
Nekia zögerte sichtlich, ob sie weitersprechen sollte.
Gespannt sah Kendira sie an. » Was denn? Komm, sag schon. Du willst doch etwas loswerden. Und wir haben uns versprochen, keine Geheimnisse mehr voreinander zu haben. «
» Also gut « , sagte Nekia endlich. » Früher gingen mir manchmal so komische Gedanken durch den Sinn und jetzt plötzlich, nach Jahren, sind diese dummen Fragen wieder da und spuken mir im Kopf herum. Und dabei dachte ich, ich wäre längst darüber hinweg. «
Verwundert sah Kendira sie an. » Welche dummen Fragen sind wieder da und spuken dir im Kopf herum? «
Ihre Freundin zuckte verlegen die Achseln. » Zum Beispiel die Frage, woher wir eigentlich kommen « , sagte sie unter leichtem Zögern, um dann hastig fortzufahren: » Ich weiß natürlich, dass wir alle aus dem Embrolab in Eden kommen. Aber das ist es nicht, was ich damit meine. «
» Ich kann mir schon denken, was du meinst « , sagte Kendira. » Du fragst dich, von wem wir abstammen, wer unsere Eltern sind, richtig? « Es gab wohl keinen Elector, der diese und ähnliche Fragen nicht irgendwann einmal gestellt hatte, zumindest insgeheim.
Nekia nickte. » Ja, und warum dürfen wir nichts von ihnen wissen? «
Kendira gab darauf die Antwort, mit der sie von Kindesbeinen an aufgezogen worden waren. Eine Antwort, an deren Richtigkeit sie all die Jahre nicht gezweifelt hatte, die ihr jedoch mit jedem Tag fraglicher erschien. » Weil wir auserwählt, der Erhabenen Macht geweiht und für den hochwürdigen Dienst im Lichttempel berufen sind. «
» Ja, ich weiß. Aber könnten wir nicht auch auserwählt und berufen sein, wenn wir wüssten, wer unsere Eltern sind? Warum muss alles ein Mysterium sein? Und warum haben wir Electoren alle nur einen Vornamen und unsere Master, Prinzipalen und der Primas nur einen Nachnamen? Dabei wissen wir doch aus den Geschichten und Romanen, die wir in der Mediathek herunterladen und lesen können, dass seit vielen Jahrhunderten alle Menschen immer einen Vornamen und einen Nachnamen, einen Familien namen haben, der ihre Herkunft angibt. «
Kendira lachte trocken auf. » Jetzt stellst du schon Fragen wie Dante « , spottete sie, ohne jedoch wirklich zum Spotten aufgelegt zu sein. » Aber du hast schon recht, das habe ich mich früher auch mal gefragt. Allerdings weißt du ja auch, was man uns dazu beigebracht hat… «
Nekia nickte. » Dass wir als Electoren frei von allen schädlichen Einflüssen der Vergangenheit sein müssen. Und dass ein einfacher Name, vom Namensgeberprogramm im Embrolab nach dem Zufallsprinzip gewählt, ein Symbole für die Ausschließlichkeit unserer hohen Berufung ist. «
Kendira grinste, doch es war ein gequältes Grinsen. » Besser hätte ich es auch nicht zitieren können. «
Nekia seufzte. » Weißt du, ich habe schon seit Jahren nicht mehr über diese Dinge nachgedacht. Weil diese Dinge nun mal zum Mysterium unseres hochwürdigen Dienstes gehören. Aber seit der Auslöschung von Master Seyward und seiner erschreckenden Botschaft kommt das alles wieder in mir hoch. «
» Da bist du nicht allein « , sagte Kendira leise.
» Aber das Schlimme ist, dass diese alten Fragen plötzlich ganz neue in mir auslösen. Fragen, die noch viel grundsätzlicher sind… « Nekia machte eine Geste zum Fenster hinaus.
Kendira sagte nichts und wartete. Sie ahnte, was ihrer Freundin auf der Seele drückte.
» Noch nie habe ich darüber nachgedacht « , vertraute Nekia ihr nun an, » warum wir fern der drei sicheren
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