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Liberty 9 - Todeszone

Liberty 9 - Todeszone

Titel: Liberty 9 - Todeszone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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Audimax die unfassbaren Zerstörungen der Dunkelwelt in Videoclips gezeigt zu bekommen und daran erinnert zu werden, wie gut es ihnen, den Auserwählten und selbst den Servanten, in Liberty9 ging.
    Aber es war eine völlig andere Sache, diese Dunkelwelt hautnah zu erleben, sie um sich herum zu sehen, zu fühlen und zu riechen– und die dunkle, würgende Furcht zu spüren, die sie in ihnen hervorrief und die sie stumm werden ließ.
    Jeder hielt seine Waffe krampfhaft umklammert und ließ den Blick unruhig hin und her irren, obwohl Akahito und Liang ihnen versichert hatten, dass sie sich auf dem sicheren Gelände eines befreundeten Territoriums befanden. Und doch ließ sie jedes Geräusch und jede schattenhafte Bewegung zusammenfahren. Dass sich der Schutt rechts und links von ihnen weit über Kopfhöhe als schwarze, rau gezackte Mauern auftürmte, steigerte ihre nervöse Anspannung noch zusätzlich. Wenn es doch wenigstens heller Tag gewesen wäre!
    Endlich kamen sie über den höchsten Punkt der Schuttberge und machten sich an den Abstieg. Am Fuß der welligen Trümmerberge schloss sich wieder ein bewohntes Ruinenviertel an, wo zumindest ein Teil der Gebäude der zerstörerischen Gewalt der Erdbeben und der Vernichtungswut des Feuers widerstanden hatte und bewohnbar gemacht worden war.
    Der Schein von unruhig flackernden Pechfackeln, offenen Kochfeuern am Straßenrand, brennendem Abfall in alten Öltonnen sowie von Kerzen, Öllichtern und Petroleumlampen, die aus Fensterhöhlen, Bretterverschlägen, Wellblechschuppen und zeltartigen Unterkünften fielen, kroch einige Meter die untere Flanke des Schuttfelds zu ihnen herauf.
    Fast hätte Kendira den zerlumpten Jungen nicht bemerkt. Er hockte zu ihrer Linken im Schatten eines aufgerissenen Betonklotzes. Dieser Stumpf eines einstigen Pfeilers ragte mit seinen rostigen und grotesk verbogenen Eisenstäben, die aus dem aufgerissenen Beton hervorstachen, nur einen Steinwurf vom unteren Ende der Halde entfernt aus den Trümmern.
    Es war eine blitzschnelle Bewegung, die sie zusammenzucken und zu ihm hinüberblicken ließ. Er schien etwas in ein Loch geworfen zu haben, das vor ihm klaffte. Denn er sprang nun vom Betonklotz, beugte sich hinunter in das Loch, griff nach unten– und hielt im nächsten Moment etwas Langes, Haariges in der Hand.
    Es sah wie eine graue Katze aus. Doch als der Junge nun hinter dem Betonklotz hervorkam und der Lichtschein von der Straße ihn erreichte, sah sie, dass er eine fette Ratte an ihrem langen Schwanz in der Hand hielt– aufgespießt von einem Messer.
    Der Junge konnte nicht älter als acht oder neun sein und war nur Haut und Knochen. Eine kurze Hose mit faustgroßen Löchern umschlotterte, von einem Strick gehalten, seine spitzen Hüftknochen, und der ausgefranste Rest eines T-Shirts bedeckte noch nicht einmal seine deutlich hervortretenden Rippen.
    Mit einem heiseren Laut, der nach Triumph oder zumindest doch Genugtuung klang, zog der magere Junge das Messer aus dem Leib der Ratte, das er nach ihr geworfen hatte, und wischte die blutige Klinge an seiner Hose ab. Und dann lief er, die Faust fest um den Schwanz seiner Beute geschlossen, mit nackten Füßen und einer geradezu traumwandlerischen Sicherheit über das letzte Stück Trümmergelände und verschwand Augenblicke später in einem Durchgang zwischen den ersten beiden Ruinen.
    Kendira schauderte und drehte sich nach Dante um, ob auch er diese ebenso ekelhafte wie erschütternde Szene mit dem abgemagerten Jungen mitbekommen hatte. Doch zu ihrer Verblüffung ging Dante nicht mehr hinter ihr, sondern Carson. Dante hatte sich zurückfallen lassen und redete mit Hailey, die jedoch nicht zu antworten schien. Mit merkwürdig starrem Blick und irgendwie hölzernen Bewegungen stieg sie den Hohlweg abwärts.
    Carson erwiderte Kendiras Blick mit einem stolzen Grinsen, als hätte er irgendetwas vollbracht, das besondere Anerkennung verdiente. » Ich halte dir den Rücken frei! « , sagte er leise, klopfte mit der rechten Hand auf das Rohr der Bazooka, das er sich über die linke Schulter gelegt hatte, und zwinkerte ihr zu.
    » Na, dann kann ja nichts schiefgehen « , murmelte sie und drehte sich rasch wieder um, irgendwie verärgert, obwohl es dafür doch gar keinen Anlass gab.
    Ihre erste Überquerung derartiger Trümmerberge lag hinter ihnen. Nun riss sogar die Wolkendecke auf, die den ganzen Tag wie ein schmutziger Lappen über der Trümmerlandschaft gelegen hatte. Der abnehmende Mond erklomm

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