Liberty 9 - Todeszone
verhurt zu werden. «
Akahito nickte. » Je schneller Dusty Tumbleweed mit ihnen von hier verschwindet, desto besser « , sagte er, während eine fünfköpfige Gruppe hartgesichtiger Männer, die an einem langen Tisch saßen und Karten spielten, zu ihnen herüberstarrte. Gewehrläufe ragten hinter ihren Stuhllehnen auf.
Auch Beefy, der gerade einen Tischeimer aus Plastik mit Bier aus einem aufgebockten Holzfass füllte, schaute zu ihnen herüber. Auf Akahitos fragenden Blick hin deutete er mit dem Kopf nach oben und in ihre Richtung. Dann sagte er etwas zu einem halbwüchsigen Jungen, der neben ihm stand, worauf dieser augenblicklich weglegte, was er gerade in der Hand gehalten hatte, und hinter dem Tresen hervorkam.
» Dusty ist oben auf der Empore « , sagte Liang.
Akahito wandte sich wortlos um und steuerte auf die leicht gewundene Treppe zu, die rechts neben dem Eingang an der Steinwand klebte und auf eine große, weit in den Raum ragende Empore führte. Eine hüfthohe Gittertür versperrte den Aufgang. Sie war jedoch nicht verriegelt. Akahito zog sie auf und stieg die Stufen empor– und alle anderen stiefelten hinter ihm her.
Auf der Empore war es ein wenig heller als unten. Die Fläche auf der Galerie war in drei geräumige Abteile unterteilt. Jede der Nischen war mit einem Sammelsurium von schweren und stark abgenutzten Sesseln bestückt, die um einen runden Tisch gruppiert waren.
Was in einem der Abteile gesprochen wurde, konnte man auf der anderen Seite der dicken und gepolsterten Trennwände nicht hören, höchstens wenn absolute Stille im Roadhouse geherrscht hätte. Im Augenblick hielt sich aber ohnehin niemand in den beiden äußeren Sitzecken auf. Nur ein einziger Mann hatte das mittlere Abteil in Beschlag genommen– und das war Dusty Tumbleweed.
Erhabene Macht, was für eine sonderbare Erscheinung!, fuhr es Kendira durch den Kopf. Und das soll der Mann sein, der uns durch die tödlichen Bezirke der Dunkelwelt zu Major Marquez bringen soll? Erhabene Macht, steh uns bei!
48
Das Erste, was Kendira an Dusty Tumbleweed auffiel, waren zwei giftgrüne Cowboystiefel, in deren rissiges Leder schwarze Skorpione mit rot glühenden Augen und zum Angriff erhobenem Giftstachel eingearbeitet waren. An den Fersen der Stiefel hingen silberne Sporen, die mit schmalen Lederbändern befestigt waren. Schwarze, hautenge Röhrenhosen ragten aus den Stiefelschäften auf und ließen schon auf den ersten Blick vermuten, dass es sich bei dem Runner um eine langbeinige, hochaufgeschossene und hagere Gestalt handelte. Die Röhrenhosen wurden in der Hüfte von einem breiten Gürtel gehalten, der beidseitig der Schnalle mit Patronen gespickt war. Aber eine Waffe war nicht an ihm zu entdecken.
Trotz der sommerlichen Wärme, die selbst mit Einbruch der Nacht wenig von ihrer drückenden Schwüle verloren hatte, trug Dusty Tumbleweed eine schwarze, scheinbar dick wattierte Lederweste über einem angeschmuddelten weißen Rüschenhemd– und darüber noch einen fersenlangen, weiten Staubmantel aus einem schwarzen Stoff, der einen matten Glanz abgab, als wäre er gewachst. Dazu kamen eine schwarze Melone, die ihm schräg in den Nacken gekippt auf dem Kopf saß, und eine Drahtbrille mit runden, grün getönten Gläsern auf einem schmalen Nasenrücken.
Aber all das war noch längst nicht das Sonderbarste an ihm, sondern das war die Flut glatter weißblonder Haare, die unter der schwarzen Melone hervorquoll und ihm wie ein Schleier bis auf die Schultern fiel, zusammen mit den ebenfalls weißblonden, dünnen Brauen und dem höchst verstörenden Rosablau seiner Augen, die über den Rand der grünen Brillengläser zu ihnen aufblickten.
Dusty Tumbleweed war ein Albino!
» Vermutlich muss man schon reichlich verrückt sein, um Runner zu seinem Beruf zu machen « , murmelte Zeno hinter ihr.
Kendira nickte wortlos.
Dusty Tumbleweed, der um die dreißig sein mochte, hatte vor sich auf dem Tisch eine kleine offene Metallschachtel liegen, die mit losem Tabak gefüllt war, und drehte sich gerade eine Zigarette.
» Das verdammte Giftzeug wird dich eines Tages noch umbringen, Dusty « , sagte Akahito zur Begrüßung. Man kannte sich offenbar so gut, um von vornherein auf Förmlichkeiten zu verzichten.
» Schätze mal, das ist das mit Abstand Gesündeste an meinem Lebensstil « , antwortete der Runner gleichmütig, fuhr mit einem Streichholz über seine Stiefelsohle und zündete die Selbstgedrehte an. Das abgebrannte Streichholz
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