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Liberty 9 - Todeszone

Liberty 9 - Todeszone

Titel: Liberty 9 - Todeszone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schröder
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Finsternis, die an den Wänden und auch unter der gewölbten Decke entlangliefen.
    Doch viel öfter tanzten die beiden Lichtfinger über menschliche Knochen hinweg, die an manchen Stellen sogar zusammen mit Dreck und Exkrementen regelrechte kleine Haufen bildeten und in denen nur die Totenschädel fehlten. Und fast immer fuhr der Lichtstrahl in unmittelbarer Nähe der menschlichen Überreste über zirpende und zischende Ratten hinweg, die gar nicht daran dachten, die Flucht zu ergreifen, sondern mit kalt glitzernden Augen und geblecktem Gebiss aus Löchern und Ritzen in den Tunnelwänden zu ihnen aufblickten, als überlegten sie ernsthaft, ob sie sich nicht auf sie stürzen sollten.
    Kendira hatte das Gefühl, als führte der Tunnel sie mit seinen gelegentlichen Biegungen immer weiter in die Tiefe, hinunter in eine Unterwelt von undurchdringlicher Finsternis, in der die grauenhaftesten menschlichen Albträume Gestalt angenommen hatten und nur darauf warteten, über sie herzufallen und sie zu verschleppen. Dass der Verstand gegen diese Vorstellung aufbegehrte und ihr sagte, dass der Tunnelverlauf nicht die geringste Neigung aufwies, reichte gerade, um die Panik in ihr in Schach zu halten.
    Als Kendira das erste Mal daran dachte, einen Blick auf die Leuchtanzeige ihrer Armbanduhr zu werfen, konnte sie kaum glauben, dass sie schon über eine halbe Stunde durch das Tunnelsystem gelaufen waren. Der Schweiß rann ihr nur so über das Gesicht, und der Rucksack erschien ihr wie mit Blei gefüllt und scheuerte über den völlig durchgeschwitzten, klatschnass am Körper klebenden Overall. Doch weder sie noch sonst jemand von ihren Freunden wagte es, das verbissene Schweigen zu brechen und Dusty um eine Atempause zu bitten.
    Angst vermochte mehr Kraftreserven zu mobilisieren als die Aussicht auf irgendeine Belohnung. Obwohl: Konnte es eine motivierendere Belohnung geben als die Aussicht, am Leben zu bleiben?
    Wenige Minuten später setzte das unheimliche Geräusch ein. Es begann mit einem dunklen metallischen Laut, der schnell in eine rhythmische Sequenz überging und aus dem Tunnelbereich in ihrem Rücken kam.
    Anfangs waren die dunklen, fernen Töne so leise, dass sie in ihrem lauten Atem und dem Geräusch ihrer hastenden Schritte untergingen und nur ihr Unterbewusstsein erreichten. Aber das Geräusch wurde schnell lauter, holte sie ein– und bohrte sich von einer Sekunde auf die andere scharf wie ein Messer in ihr Bewusstsein.
    Dusty stieß einen Fluch aus und riss die Hand hoch. » Halt! « , rief er alarmiert. Er machte noch zwei, drei Schritte, damit ihn keiner umrannte und auch weiter hinten keiner zu Fall kam, und blieb dann stehen. Angestrengt und mit verkniffener Miene lauschte er in die Dunkelheit zurück.
    Jetzt war das fremdartige Geräusch nicht mehr zu überhören. Und jeder wusste sofort, woher es kam und welchen Ursprung es hatte: Jemand schlug mit einem harten Gegenstand, einem Stein oder Stück Eisen auf ein Rohr, das sich in Hüfthöhe an der linken Tunnelwand entlangzog. Die Schläge folgten einem bestimmten, immer wiederkehrenden Rhythmus. Wie akustische Morsezeichen hallten sie in schnellen, sich wiederholenden Folgen durch den Tunnel.
    » Was ist das? « , keuchte Zeno angsterfüllt.
    Seine Frage war, wie er selbst nur zu gut wusste, völlig unnötig. Denn jedem von ihnen war klar, was diese Schläge auf das Rohr zu bedeuten hatten.
    » Tunnelratten! Eine von diesen Kreaturen muss uns gerochen haben und hat Alarm geschlagen! « , stieß Dusty hervor und leckte sich nervös über die Lippen.
    » Sie können uns riechen? « Carson starrte ihn mit ungläubigem Erschrecken an.
    Der Runner nickte. » Ich weiß nicht, wie gut die Unterweltler in der Dunkelheit sehen können, aber dass sie in der Lage sind, Beute Hunderte Meter weit zu riechen, ist bekannt! Es heißt sogar, dass sie… «
    Ein zweites hämmerndes Geräusch ließ ihn jäh abbrechen. Die Schläge hallten jedoch nicht durch dasselbe Rohr, das über die linke Tunnelwand lief, sondern wurden von einem der unter derDecke verlegten, dickeren Rohre übertragen. Augenblicke später gingen auch noch ähnlich hämmernde Schläge durch ein drittes Rohr. Doch diesmal kamen die Schläge nicht aus dem hinter ihnen liegenden Tunnel, sondern aus der Richtung vor ihnen!
    Nun flackerte selbst in den Augen des Runners unverhohlene Angst auf. » Verdammt, sie machen Jagd auf uns aus beiden Richtungen! Gebe Gott, dass die Klopfzeichen nicht aus dem Haupttunnel,

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