Liberty 9 - Todeszone
gebracht.
» Wir haben Jahre gebraucht, um diese Halle und das stark beschädigte Schleusentor unbemerkt von Hyperions Söldnern und Spionen wieder funktionstüchtig zu machen und zu tarnen « , teilte er ihnen mit einem Anflug von Stolz mit, während sie sprachlos hinunter auf das Dock und auf die Potemkin blickten. » Und es hat weitere Jahre gekostet, das Schiff da unten zu heben, das dort im Becken gesunken war, die Ersatzteile für die defekte Maschine aufzutreiben und noch all die vielen notwendigen Umbauten über und unter dem Deck vorzunehmen. Allein den Generator zu bauen, der hier das Licht für die Neonleuchten und einige Werkmaschinen liefert, hat Monate in Anspruch genommen. Und immer wieder ein paar Kanister Benzin für seinen Betrieb aufzutreiben, ist ein ewiger Kampf. Aber wir haben es geschafft– die Potemkin ist einsatzbereit. «
Keiner sagte etwas. Dass sie sich in einer Halle mit dem gefluteten Becken eines Trockendocks befanden, war nur ein Grund ihrer Verblüffung. Der andere Grund war die Potemkin selbst.
Sie hatten irgendein eindrucksvolles, militärisch wirkendes Schiff zu sehen erwartet, etwa ein Schnellboot oder ein Torpedoboot, zumindest aber doch so etwas wie ein schnittiges marinegraues Minenräumboot mit den entsprechenden Aufbauten und wenigstens einigen leichten Geschützen.
Doch nichts dergleichen lag dort unten im Wasserbecken. Was sie sahen, war ein alter, gut fünfzig Meter langer Frachtkahn mit einer leicht ansteigenden Bugnase und einem zweistöckigen Ruderhaus am Heck. Das Einzige, was die Potemkin mit Marinebooten gemeinsam hatte, war der stumpfe staubgraue Anstrich. Zwar hatte man die Reling durch Metallplatten verstärkt und erhöht, aber wenn man nicht wusste, dass dieser Frachtkahn bei einem militärischen Unternehmen eingesetzt werden sollte, wäre man nie auf den Gedanken gekommen, dass diese Veränderungen militärischen Zwecken dienen sollten.
Was insbesondere auch an den drei Bretterhütten lag, die man leicht versetzt zueinander und mit zehn, fünfzehn Metern Abstand auf den Luken der Frachträume errichtet hatte. Zu beiden Seiten der Potemkin waren je sechs Ruderboote vertäut, extrem schmale Langboote mit zwölf Ruderbänken für jeweils zwei Personen.
» Das da ist das Schiff, mit dem Sie einen Angriff aufTomamato Island wagen wollen? « , fragte Carson ungläubig. » Mit diesem… plumpen alten Kahn und diesen Ruder booten? «
» Das Ding sieht mit den Bretterhütten ja aus wie das primitive Hausboot von Seenomaden, die unter Deck nicht mehr genügend Wohnraum haben! « , meinte Zeno bissig.
Major Marquez zeigte sich nicht in seiner Ehre gekränkt oder gar beleidigt, sondern lachte zu ihrer aller Überraschung. » Ich weiß, sie macht nicht viel her und wirkt harmlos. Aber was Besseres haben wir nicht auftreiben können. Was das Erdbeben an Schiffen und Motorbooten nicht zerstört und was die Flutwelle nicht hinaus aufs offene Meer gerissen hat, das hat Hyperion nach seiner Machtergreifung entweder in seinen Besitz gebracht oder in den nächsten Jahren von den Islandern versenken lassen. « Er machte eine kurze Pause. » Aber wie gesagt, dieser Kahn ist unsere Potemkin. Ihr solltet sie nicht unterschätzen. «
Kendira schüttelte den Kopf. » Aber was soll denn daran die geniale Täuschung sein? Das sieht aus wie ein träger Frachtkahn und ist doch auch einer, oder? «
» In ein Schnellboot wird er sich jedenfalls nicht verwandeln, ganz egal was für einen Motor Sie eingebaut haben « , sagte Dante nüchtern.
» Das ist richtig « , bestätigte der Major mit einem amüsierten Schmunzeln, das jedoch gleich wieder verschwand und einem ernsten Ausdruck wich. Er wandte sich vom Geländer ab und bedeutete ihnen, nun wieder mit ihm in seinen Besprechungsraum zurückzukehren. » Aber lassen wir das erst einmal. Ich bin sicher, dass ihr die Qualitäten der Potemkin zu schätzen wissen werdet, falls es zu einem Angriff auf die Atominsel kommt. Und genau darüber sollten wir jetzt reden. Auch bin ich gespannt, zu sehen, was ihr nun wirklich an Munition, Granaten, Sprengstoff und anderen Waffen in euren Tornistern habt. Nicht zuletzt davon wird abhängen, ob es eine reelle Erfolgschance für solch ein Unternehmen gibt. «
TOMAMATO ISLAND
»Das ist doch verrückt!«, stieß Ellis entgeistert hervor und sah Duke und Colinda an, als hätten die beiden den Verstand verloren. Alles begehrte in ihm dagegen auf, das Ungeheuerliche als wahr zu akzeptieren. Einfach
Weitere Kostenlose Bücher