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Licht

Titel: Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M. John Harrison
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of Pathet Lao beanspruchte knapp einen Hektar Betonfläche am Rand des freien Raumhafens.
    Das Observatorium, untergebracht in einer Reihe bizarrer Druck- und Magnetbehälter, beanspruchte knapp ein Viertel der Fläche; während der Zirkus selbst in einem einzigen Gebäude Platz fand, dessen Gemischtbauweise mit ihren Schwüngen und Schnörkeln einem historischen Zirkuszelt nachempfunden war. Der Rest waren Unterkünfte. Alles war erwartungsgemäß – Unkraut, salzgemaserte Metallverkleidungen, Blasen werfende Farbe, alte Zirkushologramme, die vergessen hatten, dass sie menschliche Abbilder waren, die welk, aber energiegeladen zum Leben erwachten, wenn man vorbeikam, und einen verfolgten, tyrannisierten und beschwatzten. So im Übrigen waren sie alle, die hier arbeiteten: springlebendig, aber entwurzelt. Ed kam sich nicht anders vor. Er musste durch das ganze Areal pilgern, um zum Hauptbüro zu finden, das sich in einem abgenutzten hellgrauen Holzbau unter einer defekten Leuchtreklame befand.
    Die Empfangsdame trug eine blonde Perücke.
    Dickes platinblondes Haar, hoch aufgetürmt zum kleinen Preis. Sie saß vor einem holografischen Terminal, mit dem Ed sich nicht auskannte. Es ähnelte einem altmodischen Aquarium, in dem er, wenn ihn nicht alles täuschte, ab und zu eine dünne Kette aus Blasen aufsteigen sah, aus einer künstlichen Muschel, die sich vor einer Mini-Meerjungfrau öffnete. Die Empfangsdame hatte selbst etwas von einer Meerjungfrau. Älter als sie aussah, saß sie sittsam unter ihrer Frisur, eine kleine Frau mit eigenwilligem Humor und einem Akzent, den Ed nicht zuordnen konnte.
    Als Ed seine Absicht kundtat, wurde sie merkwürdig formell. Sie fragte ihn nach seinen Personalien, die er bis auf seinen Namen frei erfand. Ja, was er denn so könne, wollte sie wissen. Das fiel ihm leichter.
    »Ich kann jedes Schiff fliegen«, sagte er großspurig.
    Die Empfangsdame tat so, als blicke sie aus dem Fenster.
    »Einen Piloten brauchen wir momentan nicht«, sagte sie. »Wie Sie sehen, sind wir zurzeit sesshaft.«
    »Sonnenjammer, Fernfrachter, Sternenschiffe, Tauchschiffe. Ich kenne sie wie meine Westentasche«, fuhr Ed fort, »und ich habe sie geflogen.« Er war überrascht, wie nahe er der Wahrheit kam. »Fusiontriebwerke bis Dynaflowtreiber. Ich habe nicht immer gewusst, was ich flog, Alien-Equipment mit aufgepfropften Terra-Instrumenten.«
    »Es tut mir Leid«, sagte die Empfangsdame. »Aber können Sie sonst noch etwas?«
    Ed dachte nach.
    »Ich bin als Navigator auf Alcubiere-Schiffen gefahren«, sagte er. »Das sind die großen, die die Realität vor sich her schaufeln. Das ist wie eine Falte im Stoff.« Er schüttelte den Kopf, als er versuchte, sich ein Bild von der Alcubiere-Verwerfung zu machen. »Oder vielleicht doch nicht. Jedenfalls wird der Raum verzerrt, die Materie wird verzerrt, die Zeit und alles, was damit zusammenhängt, verliert an Bedeutung. Ganz dicht am Schiff kann man das gerade noch überleben. Auf dem Teil der Welle surfen die Navigatoren.
    In EVA-Kapseln (* EVA = Extravehicular activity = Arbeiten außenbords.) gehen sie nach draußen, parken in der Verwerfung und versuchen zu sehen, was als Nächstes passiert. Eins können sie von da aus sehen, ihr Leben nämlich, das sich vor ihrer Nase abspult.«
    Davon zu reden, fand er zunehmend öde. »Es ist die so genannte Bugwelle«, erklärte er.
    »Wir hätten da folgende Arbeiten…«, hob die Empfangsdame an.
    »Als Navigator sieht man total verrückte Sachen. Es sieht aus wie die silbernen Aale, wenn sie zu Tausenden wandern. Eine Art Strahlung wär das, hat man mir erklärt, aber so kommt es einem nicht vor. Dein Leben schwärmt davon wie die Aale im Meer, und das Schönste ist, du siehst zu, wie es das tut. Nachher fragst du dich, warum du so einen Job überhaupt machst.« Ed besah sich seine Hände. »Ich bin auf dieser Welle gesurft und noch auf ein paar anderen. Egal, ich kann jedes Raumschiff fliegen. Bis auf K-Schiffe, versteht sich.«
    Die Empfangsdame schüttelte den Kopf.
    »Ich meine«, sagte sie, »können Sie so was wie Kisten stapeln oder hinter Tieren sauber machen. Solche Arbeit?« Sie befragte ihr Terminal und setzte hinzu: »Oder hellsehen?«
    Ed lachte. »Wie bitte?«
    Sie betrachtete ihn gleichmütig.
    »Die Zukunft voraussagen«, erklärte sie, als habe sie jemanden vor sich, der zwar den Begriff nicht kannte, aber gescheit genug war, ihn zu verstehen.
    Ed beugte sich vor und blickte ins Terminal.
    »Was tut sich

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