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Licht über den Klippen

Licht über den Klippen

Titel: Licht über den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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inzwischen versuchen sie nicht mehr, mich zu bekehren. Ich habe
ihnen gesagt, dass man sich gegen Cornwall nicht wehren kann.«
    Ich wusste, was sie meinte. Dieser westliche Zipfel Großbritanniens
packte die Seele und ließ sie nicht wieder los. In den Mooren und den schwarzen
Klippen und in der Stimme der See steckte etwas Altes, Wildes, das von
unsichtbaren, magischen Dingen kündete.
    »In Cornwall«, sagte Felicity, »hat man das Gefühl, dass etwas
Magisches geschehen könnte.«
     
    An diese Worte musste ich denken, als ich nach dem
Mittagessen auf dem Weg zur Bank in Polgelly den Hügel hinunterging. Ich war
ganz allein auf der Straße unterwegs, auf der ein Auto nur mühsam an mir
vorbeigekommen wäre. Als ich den dunklen grünen Baldachin der Bäume erreichte,
die graue, taillenhohe Steinmauer auf der einen und die grobe Hecke auf der
anderen Seite, brachte der Wind die Blätter über mir zum Rascheln, und mir fiel
ein, wie zauberhaft ich diese Gegend als Kind gefunden hatte.
    Damals war ich sicher gewesen, dass sich zwischen den sanft
wippenden Glockenblumen am Straßenrand Feen verbargen, und ich hatte vorsichtig
einen Fuß vor den anderen gesetzt, um sie nicht zu stören. Jeder Windstoß hatte
für meine kindlichen Ohren eine beschwingte Melodie erzeugt, die Erwachsene
nicht hören konnten. Ich hatte mir den Baumtunnel als Eingang zum Land der Feen
vorgestellt und war mir sicher gewesen, dass ich auf der anderen Seite an einem
wunderschönen Ort herauskommen würde.
    Beim ersten Anblick der verwinkelten Straßen und weiß getünchten
Läden und Häuser, die sich wie Bauklötze die Anhöhe über dem Hafen hinaufzogen,
fühlte ich mich erneut in meine Kindheit zurückversetzt.
    Es war Ebbe. Die kleineren Boote lagen wie beschwipst schräg im
Matsch und warteten auf die Rückkehr des Meeres.
    Der Hafen mit den gezackten Felsen rundherum hatte Schmugglern
früher ein ideales Versteck geboten. Ohne die Häuser hätte man nicht geahnt,
dass sich hinter diesen Felsen ein Hafen verbarg. Segelboot-Touristen sahen
sich bei der Einfahrt oft vor Probleme gestellt.
    Die Straße entlang der Kaimauer war im Grunde genau so, wie ich sie
in Erinnerung hatte. Die Bank trug einen anderen Namen, befand sich jedoch an
der gewohnten Stelle, und im Innern begrüßte mich wie eh und je der Geruch von
Bohnerwachs und Papier. Mein neuer Kundenberater Mr Rowe war ein gründlicher
Mensch, der mir alle auszufüllenden Formulare geduldig erläuterte. Da ich
meinen britischen Pass behalten hatte und somit noch immer britische
Staatsbürgerin war, gestalteten sich die Dinge nicht allzu schwierig.
    »Sie wohnen momentan in Trelowarth?«
    »Ja.«
    »Dann trage ich Ihre hiesige Adresse ein. Und wie viel Geld möchten
Sie von Ihrer kalifornischen Bank hierher überweisen?«
    »Alles«, antwortete ich und reichte ihm Auszüge meiner beiden
amerikanischen Konten. Er hob eine Augenbraue angesichts des Betrags, sagte
aber nichts.
    »Gut«, meinte er. »Ich lasse alles abzeichnen und gebe Ihnen
Bescheid, wenn Ihr Geld da ist.«
    »Danke.« Ich verabschiedete mich mit einem Händedruck und überquerte
die Straße zum Fudge-Laden.
    Als ich eintrat, klingelte das Glöckchen wie früher, und,
überwältigt vom Geruch der Süßigkeiten, fühlte ich mich wie zehn. Ich erwarb
ein halbes Pfund meiner Lieblingssorte Schoko-Minze und ging hinaus, um mich
zwischen den Touristen auf der sonnenerwärmten Kaimauer darüber herzumachen. Da
fiel mein Blick auf das grüne Apotheken-Schild ein paar Meter weiter. Felicity
hatte gesagt, ihr Geschäft befinde sich neben der Apotheke. Ich verstaute die
knisternde Papiertüte mit dem Fudge in meiner Tasche.
    Eigentlich erwartete ich, dass der Laden geschlossen war, weil
Felicity mittwochs frei hatte und sie Susan nach wie vor im Gewächshaus half,
doch an der Tür hing ein Schild mit der Aufschrift »geöffnet«. Ich trat ein.
    Das Geschäft war hübsch, wenn auch ein wenig chaotisch wie seine
Inhaberin. Ich entdeckte darin Postkarten mit zarten
Tintenzeichnungen von Hafenszenen und Glockenspiele aus Glas, in denen sich die
Sonne spiegelte. Ein Regenbogen aus Seidentüchern und keltischem Silber- und
Goldschmuck hatte Mühe, sich gegen allerlei gerahmte Bilder zu behaupten.
Einige waren von Claire. Ich kannte ihren sicheren Pinselstrich, die kräftigen
Farben sowie ihre Art, die Gemälde durch Licht zum Leben zu erwecken.
    Auch Felicitys Bronzeskulpturen befanden sich hier; sie verrieten
die gleiche Meisterschaft wie

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