Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Licht über den Klippen

Licht über den Klippen

Titel: Licht über den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
Vom Netzwerk:
der Schmetterling auf der Sonnenuhr. Besonders gefielen
mir die kleinen piskies ,
kornische Feen und Elfen – unterschiedliche Versionen der immer gleichen Figur,
die aussahen, als wären sie mitten im Tanz erstarrt.
    Hinter mir hörte ich einen Hocker scharren, dann Schritte, die sich
mir näherten, und schließlich die freundliche Stimme eines jungen Mannes. »Kann
ich Ihnen helfen?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Ich schau mich nur um.«
    »Haben Sie schon was Interessantes gefunden?«, fragte er lächelnd.
Er war ungefähr so alt wie ich, attraktiv, hatte goldblondes Haar und blaue
Augen, die mir irgendwie bekannt vorkamen.
    Ich musterte ihn genauer.
    »Du erinnerst dich nicht?«
    Ich war mir nicht sicher. »Oliver?«
    Konnte das Oliver sein, der Sohn der Frau, die nach dem Tod ihrer
Mutter auf Susan und Mark aufgepasst hatte? Da er jeden Tag mit seiner Mum in
Trelowarth gewesen war, kannte er Gebäude und Anwesen genauso gut wie wir. Auch
nach Claires Heirat mit Onkel George hatte seine Mutter noch hin und wieder bei
ihnen ausgeholfen, und Oliver war unser Spielkamerad gewesen.
    Er verschränkte die Arme vor der Brust. »Du erinnerst dich also
doch.«
    »Tja, Jungs, die mit Steinen nach einem werfen, vergisst man nicht
so leicht.«
    »Ein einziges Mal«, wehrte er sich. »Mit einem Kieselstein. Soweit
ich mich erinnere, hast du ihn aufgehoben und zurückgeworfen. Und anders als
ich getroffen.«
    Das stimmte. Ich hatte ihn an der Stirn erwischt, und er war
umgefallen. »Du bist ganz schön erwachsen geworden.«
    »Du auch. Mark hat gar nicht erwähnt, dass du zu Besuch da bist.
Bleibst du länger hier?«
    »Möglich. Du arbeitest für Felicity?«
    »Nur am Mittwoch, weil da bei mir geschlossen ist.« Als er meinen
fragenden Blick sah, fügte er hinzu: »Ich führe ein Schmugglermuseum.«
    »Ach. Wo?«
    »Unten am Hafen, zwischen Pub und Teestube.« Oliver legte den Kopf
ein wenig schräg. »Was riecht denn hier nach Schokolade?«
    »Mein Fudge.« Ich holte die Tüte aus der Tasche. »Energienahrung für
den Hügel«, erklärte ich.
    »Dann lass uns was davon essen.«
    Ich hielt ihm die Tüte hin, und er nahm sich ein Stück heraus.
    »Und wofür brauchst du die Energie?«, erkundigte ich mich. »Du
wohnst doch hier unten.«
    »Stimmt.« Er grinste. »Aber ich könnte mir vorstellen, dass ich in
nächster Zeit ziemlich oft den Hügel hinaufgehen werde.«

ACHT

    A m Ende mogelte ich und ging nicht über die steile Straße
zurück nach Trelowarth, sondern um den Hafen herum und den Küstenpfad hinauf,
der sich durch die Felder unter Trelowarth sanft zum Wilden Wald und zur Klippe
hinaufwand.
    Neben dem Weg blühten gelbe, stachelige Stechginsterbüsche und
Grasnelken am Klippenrand, wo ich hörte, wie sich die Gischt dröhnend an den
Felsen weit unter mir brach.
    Auf diesen Teil des Küstenpfads wagten sich nur wenige Touristen,
geübte Wanderer und Leute, die dem Leuchtfeuer einen Besuch abstatten wollten.
Oder Menschen, die die wilde, unberührte Natur liebten und keine Höhenangst
hatten.
    Als der Weg einen Einschnitt in der Klippe erreichte, von dem aus
ich unter mir das brodelnde Wasser sah, wurde mir ein wenig schwindelig. Und
als dann noch heftiger Wind aufkam, der mich fast von den Füßen fegte, verließ
ich den Pfad lieber und durchquerte die Felder unterhalb des Hauses.
    Ich stellte den Kragen meiner Jacke hoch und zog den Kopf ein. Fast
war ich schon am Gebäude, als ich merkte, dass etwas nicht stimmte.
    Hier hätte sich eigentlich der Rasen befinden sollen, auf dem wir
früher Federball gespielt hatten. Ich hob den Blick und blieb verwirrt stehen.
    Der Rasen war verschwunden.
    Dafür stand keine fünf Meter von mir entfernt ein Mann mit dem
Rücken zu mir, ohne mich zu bemerken, und beobachtete die Straße.
    Er trug eine ärmellose Weste aus grobem braunem Stoff, die bis unter
die Taille reichte; die Ärmel seines weißen Hemdes waren bis zu den Ellbogen
hochgekrempelt, und die eng anliegende braune Hose steckte in ebenfalls
braunen, kniehohen Stiefeln. Auch sein langes, nach hinten gebundenes Haar, das
mich an Seeleute in Kostümfilmen erinnerte, war braun.
    Eine weitere Halluzination, dachte ich, allerdings eine sehr reelle.
Da drehte er sich um und sah mich.
    Seine hellen Augen leuchteten in seinem sonnengebräunten Gesicht.
    Unsicher wich ich einen Schritt zurück. Er hob eine Hand, um mich zu
beruhigen.
    »Keine Angst. Ich tue Ihnen nichts.« Seine tiefe, raue Stimme kam
mir irgendwie bekannt

Weitere Kostenlose Bücher