Licht über den Klippen
bisschen.«
»Dann«, sagte er, »begleiten Sie mich, wenn Sie den Mut dazu haben.
Ich werde Sie auf die Probe stellen.«
ELF
I n der Küche lernte
ich einen völlig neuen Fergal kennen. Hinter seiner Griesgrämigkeit kam
trockener, unterhaltsamer Humor zum Vorschein. Hin und wieder lächelte er
sogar. In diesem Teil des Hauses schien er sich wohlzufühlen, und als Koch
bewies er großes Geschick.
»Sobald ich laufen konnte, wurde ich aufs Meer geschickt«, erzählte
er, »aber auf dem Schiff war ich nur dem Koch eine Hilfe, der mir alles beigebracht
hat, was ich weiß. Deswegen kann ich besser Fisch dünsten als Geflügel braten,
wie Sie gleich feststellen werden.«
Die kleinen, mageren Vögel, die er gerade zubereitete, hatte ich
noch nie gegessen. »Und jetzt ist Ihre Zeit als Schiffskoch vorbei?«, fragte
ich.
»Nicht endgültig. Wenn Danny in See sticht, begleite ich ihn.«
»Er hat ein Schiff?«
»Das allerbeste.« Fergal nickte. »Die Sally . Dannys Bruder ist derzeit mit ihr unterwegs.
Wenn er zurückkommt, werden Sie sie sehen.«
»Und wer ist der Kapitän des Schiffs? Mr Butler oder sein Bruder?«
Fergal schmunzelte. »Die Frage kann wohl niemand beantworten.
Jedenfalls nicht Jack oder Danny. Sie streiten sich seit Jahren darüber.
Vermutlich kennt die Sally die Antwort, aber als echte Lady gehorcht sie dem einen so gut wie dem
anderen.« Er steckte die Vögel auf einen langen Spieß und hängte sie zum Braten
über die offene Feuerstelle, bevor er sich die Hände abwischte und sich dem
Gemüse zuwandte.
Nun konnte ich ihm helfen. Ich schälte und hackte alles und gab es
in den dreifüßigen Metallkessel, in dem Fergal so etwas wie eine mit Gerste angedickte
Suppe kochte.
Er beobachtete mich bei der Arbeit. »Zimperlich sind Sie nicht, das
muss ich Ihnen lassen.«
»Habe ich eine Wahl?«
»Auch wieder wahr.«
»Außerdem muss ich das Schweigen üben, jetzt, da Sie dem Constable
weisgemacht haben, dass ich stumm bin.«
»Tut mir leid«, sagte er, ohne auch nur im Geringsten zerknirscht zu
wirken. »Etwas anderes ist mir nicht eingefallen, damit er nicht merkt, wie seltsam
Sie sprechen. Er hätte bestimmt Fragen gestellt.«
»Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen. Das war sehr galant von
Ihnen.«
»Finden Sie?«
»Ja. Danke.«
Den Kopf ein wenig schräg gelegt, wischte er die Klinge seines
Messers ab und legte es weg. »Die Arbeit macht durstig. Trinken Sie einen
Schluck Apfelwein mit mir, Eva Ward?«
Obwohl ich mich mit Grauen an Marks Scrumpy erinnerte, konnte ich
diese Einladung nicht ausschlagen, die einem Friedensangebot gleichkam. »Gern,
danke.«
Als Daniel Butler später hereinkam und meine leuchtenden Augen sah,
runzelte er die Stirn.
»Nicht hier«, ermahnte Fergal seinen Freund, der sich zu uns setzen
wollte. »Hast du keine Manieren? Wir sind in Gesellschaft einer Dame und werden
mit Stil essen.«
Und zwar in dem langen Raum hinter der Speisekammer, der in meiner
eigenen Zeit als Billardzimmer genutzt wurde und jetzt holzvertäfelte Wände
ohne Tapete sowie Läden an den Fenstern hatte. In der Mitte des Raums stand ein
Tisch aus schwerem Eichenholz mit zehn massigen Stühlen.
Fergal deckte am einen Ende drei Plätze für uns. »Entschuldigen Sie
den Schmutz«, sagte er und wischte über den Tisch, sodass der Staub aufwirbelte.
»Normalerweise macht eine junge Frau aus dem Dorf für uns sauber, aber ihr
Vater ist krank, und sie wird zu Hause gebraucht. Deshalb müssen wir im Moment
allein zurecht kommen.«
Das Gebäude war ziemlich groß für nur zwei Männer. In meiner
Kindheit hatte in Trelowarth ebenfalls eine Frau aus dem Ort, Mrs Jenner, den
größten Teil der Hausarbeit erledigt, und selbst heute noch kam einmal pro
Woche ein Putzdienst zu Mark und Susan.
Daniel Butler, der an der Stirnseite des Tischs Platz nahm, sagte
mit einem Lächeln: »Haben Sie nur kein Mitleid mit ihm. Mit seinem Charme lockt
er regelmäßig eine junge Frau zu uns herauf, und nur selten geht sie wieder,
ohne den Besen in die Hand genommen zu haben.«
»Keine Geheimnisse verraten«, ermahnte Fergal ihn mit einem
Augenzwinkern und ging in die Küche, um das Essen zu holen.
Ungläubig fragte ich Daniel Butler: »Fergal lockt junge Frauen mit
seinem Charme hier herauf?«
»Ja. Er ist nicht immer mürrisch, wie Sie vielleicht schon gemerkt
haben. Was haben Sie getrunken?«
»Apfelwein.«
»Dann haben Sie ihn beeindruckt, denn den Apfelwein in unserem
Keller hat er eigenhändig gekeltert,
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