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Licht über den Klippen

Licht über den Klippen

Titel: Licht über den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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erschaffen.
Ich weiß nur, dass sie es nie konnte.« Fergal war ein guter Lügner. Ich hörte
nicht die geringste Unsicherheit in seiner Stimme und bewunderte seine
Geistesgegenwart. Meine Ausdrucksweise passte nicht hierher. Selbst wenn es mir
gelungen wäre, mit passablem irischem Akzent zu sprechen, hätte ich nicht
zeitgemäß geklungen. Fergal bewahrte mich vor einer peinlichen Situation.
    Der Mann in Braun sagte: »Eva, das ist Constable Creed aus dem Ort.
Als Gentleman wird er sich sicher gleich bei Ihnen entschuldigen und Sie hier
willkommen heißen.«
    Der Constable ließ ein letztes Mal den Blick über mein geborgtes
Gewand wandern, bevor er widerwillig sagte: »Mistress O’Cleary, ich wollte Sie
nicht beleidigen. Natürlich sind Sie in Trelowarth willkommen.« Er trat einen
Schritt zurück und nickte. »Meine Herren.« Dann drehte er sich um und verließ
den Hof.
    Die Anspannung blieb. Ich spürte sie in Fergal und sah sie in dem
Mann in Braun. Er trug die Kleidung, die ich bereits kannte, die eng geschnittene
braune Hose, die kurz unter dem Knie in Stiefeln endete, ein weites weißes
Hemd, ein Halstuch und eine lange, nicht zugeknöpfte braune Jacke. Inzwischen
war er rasiert und wirkte kultivierter als ein paar Stunden zuvor.
    Ich spürte den Blick, den er mit Fergal wechselte, als er fragte:
»Was wolltest du von mir?«
    Für den Fall, dass der Constable uns noch hören konnte, schob Fergal
mich ein wenig näher zu ihm. »Sie möchte dir das Gewand zeigen. Und ich soll
dir mitteilen, wie sehr sie deine Großzügigkeit zu schätzen weiß.«
    Der Mann in Braun sah zuerst meinen Arm an, den Fergal nach wie vor
festhielt, dann meine Kleidung, und einen Moment lang glaubte ich, in seinen
Augen so etwas wie Schmerz zu entdecken. »Sag ihr, es freut mich, dass es ihr
gefällt. Es steht ihr gut zu Gesicht.«
    Widerstrebend nahm Fergal die Hand von meinem Arm und brummte: »Das
kannst du ihr selbst sagen. Sie hat Ohren.« Er wandte sich ab. »Lasst uns
frühstücken. Vielleicht verrät mir dann einer von euch, was zum Teufel los
ist.«
     
    Der Blick aus dem Küchenfenster unterschied sich von dem,
den ich gewohnt war. Draußen befanden sich keine ummauerten Gärten, nur zwei
alte Apfelbäume nahe beim Haus, beide von den unerbittlichen Meereswinden
gebeugt.
    Auch die Küche war deutlich anders als die, die ich kannte. Es gab
keine Einbauschränke, keine Arbeitsflächen, keinen Herd, lediglich den Kamin
und eine Feuerstelle aus Stein sowie Metallhaken, an denen Pfannen und andere
mir fremde Küchenutensilien hingen.
    Nur der Tisch, kleiner und einfacher als in meiner Zeit, stand an
derselben Stelle unter dem Fenster. Dort sitzen und ein Frühstück aus dunklem
Ale und Brot zu mir zu nehmen, fühlte sich so vertraut an, dass ich ruhiger
wurde.
    Auch Fergal hatte sich beruhigt, obwohl seinem Gesicht das Erstaunen
über das, was er gerade gehört hatte, deutlich anzusehen war. Er füllte seinen
Humpen ein zweites Mal und sagte: »Sie behaupten also, aus der Zukunft zu
kommen.«
    »Ja.« Es kümmerte mich nicht, ob er mir glaubte. Mein einziges
Argument war die Wahrheit.
    Er musterte mich mit einem seltsamen Blick, bevor er sich dem Mann
in Braun zuwandte, der neben mir saß. »Und du glaubst ihr?«
    »Ich habe sie mit eigenen Augen zwischen den Welten wechseln sehen.
Es ist kein Trick«, antwortete er mit unter dem Tisch ausgestreckten Beinen und
vor der Brust verschränkten Armen.
    »Es könnte Hexerei sein«, meinte Fergal ohne rechte Überzeugung.
    »An Hexen glauben du und ich nicht«, widersprach der Mann in Braun,
und Fergal nickte.
    »Aye. Aber was ist es, wenn nicht Hexerei?«
    »Warum nicht die Wahrheit?«
    »Weil wir beide wissen, dass es unmöglich ist.«
    »Der Mensch hat auch schon einmal geglaubt, das Meer habe Grenzen,
über die sich nicht segeln lasse, weil dahinter Drachen lauerten«, erklärte
sein Freund und wandte sich mir zu. »Sie selbst reicht mir als Beweis, dass es
möglich ist.«
    Fergal stellte seinen Krug auf den Tisch. »Dieses Gespräch
verursacht mir Kopfschmerzen. Wenn ihr mich also entschuldigen würdet: Auf mich
wartet Arbeit.« Er rückte mit seinem Stuhl zurück und stand auf.
    Eine sanfte morgendliche Brise vom Meer strich über den Fenstersims
und meine Hände, und in einem der Apfelbäume zwitscherte ein Vogel.
    Der Mann in Braun erklärte: »Fergal ist ein guter Mensch. Aber es
fällt nicht leicht, sein Vertrauen zu erringen.«
    »Das habe ich gemerkt.« Ich rieb meinen Arm,

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