Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Licht über den Klippen

Licht über den Klippen

Titel: Licht über den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
Vom Netzwerk:
»Ich wollte mehr über Sie erfahren.«
    »Ach. Den Dingen, die man in Büchern liest, sollte man nicht
vertrauen. Wenn Sie etwas wissen wollen, müssen Sie nur fragen.«
    Wenn er mich so anlächelte, fiel es mir schwer, eine vernünftige
Frage zu formulieren oder überhaupt etwas zu sagen. Außerdem erschienen mir
plötzlich alle Fragen unwichtig.
    Zu meiner Erleichterung wandte er den Blick ab, um zum Himmel
hinaufzuschauen. »Ich glaube, wir haben Zeit, ein wenig spazieren zu gehen.«
    »Das Feuerholz … und Fergals Essen …«
    »Wird in einer Stunde genauso ungenießbar sein wie jetzt.
Salzfleisch ist unzerstörbar. Es überdauert jede Zivilisation.«
    Und so ließ ich mich von ihm am Holzschuppen und am Feld hinter den
Ställen vorbei zu dem gepflegten Garten hinaufführen, wo Fergal sein Gemüse
anbaute.
    Hier wehte ein starker Wind, der mir den Rock um die Beine blies und
es mir schwer machte, den vor mir gehenden Daniel zu verstehen, wenn er etwas
sagte. Er musste den Kopf zu mir wenden, um eine Frage zu wiederholen. »Können
Sie reiten?«
    Ich bejahte. Nicht sonderlich gut, aber ich konnte es.
    »Dann bringe ich Sie zu meiner Lieblingsstute. Vielleicht werden Sie
sie irgendwann einmal reiten. Kommen Sie, die Koppel ist nicht weit weg.«
    Ich wusste nicht, welche Weide er meinte. Der Hügel hatte sich im
Lauf der Jahrhunderte verändert. Was ich als Gartenanlagen mit Mauern und
Hecken kannte, war nun offenes Land mit hohem, windgepeitschtem Gras, und der
Wald lag zu meiner Linken. Wir erreichten die Hügelkuppe und die Straße, die
jetzt ein furchiger, grasüberwachsener Feldweg war. Sie verlief so wie in
meiner Zeit, und ihre Windungen ergaben auf einmal einen Sinn, als ich den Baum
sah, um den sie sich herumwand.
    Die alte Eiche trotzte mit ihren dicken Ästen dem Wind. Der Weg
führte geradewegs auf sie zu, machte eine Kurve um den Baum und den Hügel herum
und verlief weiter in Richtung St. Non’s. Die Eiche sah aus, als würde sie noch
viele Jahre an dieser Stelle stehen, doch ich wusste, dass es sie in meiner
Zeit auf dem Anwesen von Trelowarth nicht mehr gab. Und ich hatte auch nie
etwas über sie gehört.
    »Wirklich?«, meinte Daniel, als ich es ihm erzählte. »Wurde sie
gefällt?«
    »Ich weiß es nicht.« Ich würde Oliver fragen.
    »Hier würde niemand es wagen, die Eiche von Trelowarth
abzuschlagen«, erklärte Daniel. »Der Volksglaube ist stark in dieser Gegend,
und ein einzelner Baum, besonders eine Eiche, wird als heilig erachtet. Bitten
Sie doch Fergal, Ihnen etwas über Eichen zu erzählen«, schlug Daniel mit einem
Lächeln vor. »Er glaubt zwar nicht an Hexen, ist aber dem Volksglauben durchaus
zugetan.«
    Die Bewohner von Irland, Cornwall und Wales stammten von den Kelten
ab, und Mythen und Aberglaube verbanden sie. Fergals »Volksglaube« würde sich
also nicht allzu sehr von dem unterscheiden, woran Claires Großmutter geglaubt
hatte. Meine Neugierde war geweckt.
    Die Blätter eines niedrigen Astes strichen sanft über mein
windzerzaustes Haar, als ich mit Daniel vom Feld auf den Weg trat. Die Kirche
sah bis auf den Friedhof, der kleiner und verlassener wirkte, aus wie in meiner
Zeit und stand frei, ohne Wald und schützende Steinmauer, da. Ich schaute verstohlen
über die Schulter, doch von dieser Stelle aus konnte ich Ann Butlers Grab nicht
entdecken.
    »Keine Angst«, beruhigte Daniel mich, der meinen Blick falsch deutete.
»Zu dieser Zeit sind auf der Straße nicht viele Menschen unterwegs, und
außerdem sind Sie in meiner Begleitung sicher.« Er verlangsamte seine Schritte,
sodass ich zu ihm aufschließen konnte.
    Nach einer Wegbiegung gelangten wir an ein langes, flaches Stück
Land mit Zaun und Tor. Im Gras erkannte ich die dunkle Linie eines schmalen
Bachs, der die Koppel durchquerte, unter dem Zaun sowie unter einer Holzbrücke
hindurchführte und schließlich den Wasserfall speiste, der sich über das
Cripplehorn ergoss.
    »Hier lassen wir die Pferde weiden, wenn wir nicht zu Hause sind«,
teilte Daniel mir mit.
    Die schattenspendenden Bäume, das fließende Wasser und das üppig
grüne Gras machten dieses Feld zu einem Paradies für Pferde.
    »Von hier wollen die Tiere bestimmt nur ungern in den Stall zurück«,
bemerkte ich.
    »Aye, wahrscheinlich verfluchen sie mich jedes Mal, wenn ich sie
hole.«
    Im Moment stand nur eine braune Stute auf der Koppel. Sie schaute
uns vom anderen Ende der Weide aus an und schien tatsächlich nicht sonderlich begeistert,
als Daniel

Weitere Kostenlose Bücher