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Licht über den Klippen

Licht über den Klippen

Titel: Licht über den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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aufzuhalten.
Hat er Sie geschlagen? Er sieht aus, als könnte er gewalttätig werden.«
    Jack schaute seinen Bruder an, als hätte er den Verstand verloren.
    Der Gesichtsausdruck des Händlers veränderte sich. »Nein, das war
nicht der Fall … Das heißt, ich schlief noch …«
    »Aha.« Wieder nickte Daniel. »Wie konnten Sie dann beobachten, dass
er das Hammelfleisch und die Börse nahm?«
    Der Constable, der ahnte, worauf Daniel hinauswollte, sagte gereizt:
»Man muss den Dieb nicht auf frischer Tat ertappen, um zu wissen, dass er gestohlen
hat.«
    »Nein?«, fragte Daniel mit ruhiger Stimme. »Dann verzeihen Sie meine
Mutmaßungen. Es scheint mir nur so, dass dieser gute Mann im Schlaf durchaus
von irgendeinem Gauner überfallen worden sein kann, denn in dieser Gegend gibt
es davon nicht wenige. Da stimmen Sie mir doch zu, oder?«
    »Den ein oder anderen schon«, pflichtete ihm der Constable bei.
    »Da ich diesen Händler für einen aufrichtigen Mann halte, versuche
ich, seinem Gedächtnis auf die Sprünge zu helfen, damit er am Ende nicht den
Falschen beschuldigt.«
    »Den Falschen?«, wiederholte der Constable entrüstet.
    Daniel sah Jack an. »Du gibst zu, dass du während der Nacht neben
dem Wagen des Händlers her geritten bist und ihm deinen Schutz angeboten hast?«
    »Aye, das tue ich«, antwortete Jack argwöhnisch.
    »Und er schlief, als eure Wege sich trennten?«
    »Ja.« Allmählich schien Jack Daniels Argumentation zu durchschauen.
»Ich war sicher, dass wir alle Stellen passiert hatten, an denen Gefahr drohte,
und da ich so bald wie möglich nach Hause wollte, hielt ich es für richtig,
mich zu entfernen.«
    Daniel wandte sich wieder an den Händler. »Sir, Sie sollten die
Sache auf jeden Fall dem Friedensrichter vortragen, wenn Sie davon überzeugt
sind, dass dieser Mann Sie beraubt hat, obwohl Sie es nicht mit eigenen Augen
gesehen haben und keinen Eid darauf schwören könnten.«
    Fast tat mir der Händler leid, wie er mit seinem Gewissen rang.
    Daniel schob seinen Dolch mit einer kaum merklichen Bewegung in den
Gürtel und nahm einen kleinen Beutel aus seiner Jacke. »Egal, wie Ihre Entscheidung
ausfällt, Sir: Ich bedaure Ihren Verlust und möchte nicht, dass Sie uns in der
Überzeugung verlassen, alle Menschen in Polgelly seien Diebe.« Er hielt ihm den
Beutel hin, in dem sich offensichtlich Münzen befanden. »Vermutlich wiegt das
nicht auf, was man Ihnen gestohlen hat, aber vielleicht gibt es Ihnen den
Glauben an uns zurück.«
    Der Händler nahm den Beutel und schaute hinein. Offenbar war mehr
Geld darin, als man ihm gestohlen hatte, denn er schloss ihn hastig wieder und
steckte ihn in seinen Mantel.
    »Vorsicht, Butler«, warnte der Constable Daniel. »Mischen Sie sich
nicht ein.«
    »Ich bemühe mich nur, christliche Nächstenliebe zu beweisen.«
    »Indem Sie ihn mit den Erlösen Ihrer ungesetzlichen Machenschaften
abspeisen.«
    »Meine Herren«, meldete sich der Händler zu Wort. »Ich möchte nicht
Grund eines Streits zwischen Ihnen sein.« Er klopfte auf die Vorderseite seines
Mantels und musterte Jack. »Offen gestanden, bin ich mir nicht mehr so sicher,
ob dieser Mann der Schuldige ist.«
    Den Begleitern des Constable, die dieser zu seiner Unterstützung
zusammengetrommelt hatte, war die Erleichterung anzusehen. Daraus schloss ich,
dass keiner von ihnen erpicht darauf war, Jack zum Friedensrichter zu bringen.
    Über die Gesetze dieser Zeit wusste ich nur wenig. Ich erinnerte
mich jedoch vage, dass Kinder in der viktorianischen Ära schon zum Tod durch
den Strang verurteilt wurden, wenn sie einen Laib Brot stahlen, und das war
über hundert Jahre später gewesen.
    Jack wirkte genauso erleichtert wie die Begleiter des Constable,
obwohl er sich eine spöttische angedeutete Verbeugung dem Händler gegenüber
nicht verkneifen konnte. »Ich stehe in Ihrer Schuld, Sir.«
    »Aber nein«, widersprach der. »Die Schuld liegt bei mir.«
    »Es handelt sich bestimmt um ein Missverständnis«, meinte Daniel.
»Würden Sie uns die Freude machen, bei uns zu essen?«
    »Bei Ihnen zu essen?«, wiederholte der Händler ungläubig.
    »Aye, als Zeichen unserer Dankbarkeit. Mein Haus ist nicht weit
entfernt.«
    Nach kurzem Überlegen nickte der Händler. »Ja, Sir. Danke.«
    Der Constable schnaubte verächtlich. »Sie Narr. Diese Männer führen
Sie an der Nase herum. Die Börse, die Sie bekommen haben, wird noch vor
Einbruch der Nacht wieder in ihren Händen landen, da können Sie sicher sein.«
    Was

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