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Licht über den Klippen

Licht über den Klippen

Titel: Licht über den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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Ich konzentrierte
mich darauf, gleichmäßig zu atmen.
    Nach einer gefühlten Ewigkeit flüsterte Jack zerknirscht: »Tut mir
leid, ich …«
    »Wenn du mich noch einmal einen Lügner nennst, wirst du es bereuen«,
drohte Fergal. » Und jetzt raus mit euch beiden. Sie braucht Ruhe.«
    Ich spürte, wie Fingerspitzen leicht über meine Wange glitten,
vielleicht eine Haarsträhne wegstrichen. Ich wusste, wem diese Finger gehörten,
bevor Fergal sagte: »Danny, Jack: Raus!«
    »Ich finde, heute sieht sie schon gesünder aus«, meinte Daniel
ziemlich nahe bei mir.
    »Aye«, pflichtete Fergal ihm bei. »Es würde mich nicht wundern, wenn
sie bis zum Nachmittag wieder auf den Beinen ist. Aber jetzt braucht sie Ruhe.«
    Ich spürte, wie Daniel die Hand von meiner Wange nahm, und hörte die
Brüder leise diskutierend durch das Nachbarzimmer auf den Flur hinaus und die
Treppe hinuntergehen. Fergal schloss die Verbindungstür laut und vernehmlich.
    Ich öffnete die Augen. Lachend wandte er sich mir zu. »Allmählich
glaube ich doch, dass Sie eine Hexe sind, denn Sie beweisen teuflisches
Geschick bei der Wahl des Zeitpunkts, an dem Sie auftauchen.«
    Plötzlich war ich glücklich wie seit Jahren nicht mehr, wie damals,
wenn ich in den Sommerferien in Trelowarth neben Katrina aufwachte. Ich hatte
das Gefühl, zu Hause zu sein.
    »Sie können von Glück sagen, dass ich Ihr Frühstück noch nicht
verspeist habe«, bemerkte Fergal. »Es ist dort auf dem Tablett.«
    Er hatte mir eine dicke Scheibe Brot mit Käse und einen Becher
kühles Ale gebracht. Fergal holte das Tablett von dem Tisch in der Ecke,
stellte es aufs Bett und beobachtete mit verschränkten Armen, wie ich mich
aufrichtete und zu essen begann.
    »Das haben Sie geschickt eingefädelt«, lobte er mich. »Wie haben Sie
das gemacht?«
    Daniel und Jack waren mittlerweile im unteren Stockwerk. Da ich hin
und wieder ihre Schritte oder das Knarren einer Tür hörte, wusste ich, dass ich
gefahrlos sprechen konnte, solange ich die Stimme senkte. »Wie bitte?«
    »Dass Sie so im Bett aufgetaucht sind.«
    »Keine Ahnung. Ich bin einfach nur aufgewacht, das ist alles.«
    »Dann ist das auch in Ihrer Zeit Ihr Zimmer?«
    Als ich nickte, begriff er, warum Daniel mir diesen Raum überlassen
hatte.
    »Wie lange war ich diesmal weg?«, fragte ich.
    »Acht verdammte Tage.«
    »Und Daniel muss fort?«
    »Ja. Das kann er Ihnen selbst erzählen, sobald Sie aufgestanden und
angezogen sind.«
    »Tut mir leid«, sagte ich mit einem Blick auf mein Pyjama-Oberteil.
    »Wenn das so weitergeht, verfügen Sie bald über die Garderobe einer
Königin«, stellte er trocken fest, bevor er aus Daniels Zimmer das prächtigste
Gewand holte, das ich bis dahin in dem Haus gesehen hatte.
    Meine Finger wanderten über den grünen, im Licht changierenden
Stoff. »Fergal, das kann ich nicht annehmen.«
    »Warum nicht?«
    »Ich habe schon zwei Kleider von Ann verloren. Noch eines, und ich
…«
    »Das hat nicht Ann gehört«, fiel Fergal mir ins Wort.
    Ich sah ihn fragend an.
    »Danny hat es aus Plymouth mitgebracht, wo er letzte Woche
geschäftlich war. Dazu gibt es passende Schuhe.«
    »Für mich?«
    »Für mich ja wohl nicht. Zwar ist das meine Lieblingsfarbe, aber der
Schnitt würde mir bestimmt nicht stehen.« Aus einer Tasche nahm er eine Handvoll
Haarnadeln. »Die werden Sie ebenfalls benötigen.«
    »Danke.«
    Als von unten das Geräusch lauter Stimmen heraufdrang, hob er
warnend den Finger an die Lippen und entspannte sich erst, als die Haustür mit
einem Knall ins Schloss fiel und sich Schritte knirschend über den Kiespfad
entfernten. Fergal trat ans Fenster, um nachzusehen, was los war.
    »Jack trollt sich, seine Wunden lecken«, erklärte er mit zufriedener
Miene. »Wenn Sie wollen, können Sie nach unten gehen, denn Danny hat Ihnen bestimmt
einiges zu sagen.«
    Er nahm das leere Tablett und verließ das Zimmer, damit ich mich
anziehen konnte.
    Dieses Kleid unterschied sich von Anns Kleidern. Auch in früheren
Zeiten hatte sich die Mode verändert. Die Ärmel lagen nach wie vor bis zum
Ellbogen eng am Arm an und waren an den Handgelenken zurückgeschlagen, sodass
die Rüschen darunter hervorlugten, doch das Oberteil hatte eine andere Form und
einen anderen Schnitt und wurde an der Seite, nicht vorn, geschlossen, was es
mir erschwerte, allein zurechtzukommen.
    Ich wollte schon aufgeben, als Daniel hinter mir fragte: »Brauchen
Sie Hilfe?«
    Ich hatte ihn weder die Treppe heraufkommen noch die Tür

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