Licht über den Klippen
Sinn, Fergal zu widersprechen, und so folgte ich ihm nach
unten.
Dort entdeckte ich eine vergitterte Falltür, die vermutlich in den
Laderaum des Schiffes führte. Welche Fracht dort lagerte, konnte ich nur vermuten.
Auf diesem Deck zählte ich acht Messingkanonen, deren Lafetten mit Seilen am
Innern des Rumpfs befestigt waren, um den Rückstoß zu dämpfen. Dahinter
schwangen Hängematten parallel zu Bug und Heck. Wieder dahinter befanden sich
ein abgetrennter Raum mit Fergals Kombüse und einem Esstisch für die Männer und
am Ende eine schwere Tür.
»Die Kabine des Kapitäns«, erklärte Fergal. »Sie schlafen hier.«
»Allein« brauchte er nicht hinzuzufügen, weil klar war, dass er vor meiner Tür
Wache halten würde, um sicher zu sein, dass keiner aus der Mannschaft – oder
der Kapitän – mich belästigte.
Fast hatte ich Mitleid mit Daniel, weil ich nun, da ich seine Kabine
kannte, wusste, auf welchen Komfort er verzichten musste.
Die Kabine hatte Fenster, von denen zwei offen standen, um die
frische, salzige Luft hereinzulassen. Was für eine Wohltat nach dem Mief des
Raums, in dem die anderen nächtigten! In der Kapitänskajüte waren an den Wänden
Kerzenhalter angebracht, und ein kleiner, mit Schnitzereien verzierter
Schreibtisch aus schwerem Holz stand auf einer Seite unter einem Regal mit
Seekarten und anderen Papieren. An der hinteren Wand schwang eine breite
Hängematte, die bequem mit einem Kissen ausgestattet war.
Ich hatte noch nie eine Nacht in einer Hängematte verbracht. Sicher
würde ich herausfallen und mir beim Sturz auf den Boden die Knochen brechen.
Ich wollte sie gerade genauer begutachten, als ich das Platschen von Rudern vor
dem offenen Fenster hörte.
»Da kommt jemand«, sagte Fergal. »Warten Sie hier.«
Er ging nach oben. Ich vernahm, wie das Boot gegen den hölzernen
Rumpf der Sally stieß, dann
das Geräusch von Stiefeln auf dem Deck über mir und schließlich fröhliche
Stimmen, darunter die von Daniel.
Er kam zu mir nach unten.
Fergal begleitete ihn mit mürrischem Gesicht. »Von wegen Williams
Cousin. William ist krank, ja, aber der Bursche ist nie und nimmer sein
Cousin.«
Daniel begrüßte mich mit einem Lächeln und einem Nicken und
pflichtete Fergal bei: »Das glaube ich auch nicht.«
»Warum zum Teufel hast du ihn dann mitgebracht?«
»Weil er seine Geschichte gut erzählt hat und das Kennwort kannte.
Es wäre schade gewesen, seine Mühe nicht zu belohnen. Außerdem«, fügte er, ein
wenig ernster, hinzu, »müssen wir ohnehin noch ungefähr eine Stunde bis zur
Flut warten. Wenn ich den Jungen am Ufer gelassen hätte, wäre er sofort zu dem
gerannt, der ihn geschickt hat.«
»Creed.«
»Vermutlich, ja.«
»Creed kann dich nicht an der Abreise hindern«, stellte Fergal fest.
»Aber er kann uns ein anderes Schiff nachschicken. Momentan denkt er
noch, dass sein Spion sicher bei uns an Bord gelangt ist. Lassen wir ihn fürs
Erste in dem Glauben.« Daniel wandte sich mir zu. »Wie gefällt dir meine Sally ?«
Ich antwortete ihm, dass ich sie wunderschön fand. »Aber was die
Hängematte angeht, habe ich so meine Zweifel.«
»Tatsächlich? Mein Gewicht hält sie aus, und ich habe sogar schon
erlebt, dass mehr als nur ein Mann in einer solchen Matte geschlafen hat. Du
brauchst dir also keine Gedanken zu machen.«
»Stimmt«, pflichtete Fergal ihm bei, »denn weder dein Gewicht noch
das eines anderen Mannes wird sie heute Nacht zusätzlich beschweren.«
Daniel wich dem spöttischen Blick seines Freundes nicht aus. »Vielleicht
sollte ich dich zurück ans Ufer bringen lassen, zusammen mit Creeds Spion.«
»Versuch es nur.« Fergal straffte kurz die Schultern, bevor er
nonchalant fragte: »Wie sehen deine Pläne aus?«
Über mir hörte ich Schritte und Männerstimmen. Obwohl ich
wusste, dass mich von oben aus niemand sehen konnte, wich ich zurück. Die
Schritte verharrten.
»Da ist er«, drang Daniels Stimme herunter.
Weitere Schritte bewegten sich zu ihm an die Reling, und ein
jüngerer Mann beklagte sich: »Ich kann niemanden erkennen.«
»Unser Mitreisender ist in dieser Gegend ein gesuchter Mann«, sagte
Daniel. »Er tut gut daran, vorsichtig zu sein und sich verborgen zu halten, bis
Sie ihn holen.«
»Ich?«
»Aye. Das wäre Williams Aufgabe gewesen, und Sie sagten, Sie seien
gekommen, um seine Arbeit zu verrichten.«
»Aber ich sehe niemanden dort.«
»Er wird sich erst zeigen, wenn Sie mit dem Boot landen und das
Kennwort rufen. Machen Sie
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