Licht über den Klippen
zwischen
unseren Zimmern öffnen hören. Vermutlich zeichnete die Fähigkeit, sich leise zu
bewegen, einen Schmuggler aus.
Er trug andere Kleidung als bei unserer letzten Begegnung. Die eng
geschnittene, in die Stiefel gesteckte Hose war nicht braun, sondern marineblau,
und das weite weiße Hemd mit dem offenen Kragen neu und aus feinem Leinen. Nur
sein Lächeln hatte sich nicht verändert.
Ich wandte nervös den Blick ab. »Es ist schwierig.«
Daniel, der das als »Ja« interpretierte, trat zu mir, schob sanft
meine Hand weg und schloss das Kleid fachmännisch.
»Es steht Ihnen gut«, stellte er fest. »Ich war mir nicht sicher, ob
es passen würde.«
Ich bedankte mich. »Das war sehr aufmerksam.«
»Es hat mich eine ganze Kiste Brandy gekostet und einen Tanz mit der
Tochter der Näherin.«
Sein Scherz löste meine Anspannung. »Hoffentlich war sie hübsch.«
»Sie hat getanzt wie ein Ochse, aber ein Kleid, das man für den
Preis eines Tanzes erwirbt, muss Glück bringen. So, das wär’s«, sagte er und
drehte mich herum, um mich zu begutachten.
Ich betrachtete verlegen die Bänder, die sein Hemd zusammenhielten.
»Sie hätten sich nicht so viel Mühe machen sollen. Wenn ich in meine eigene
Zeit zurückkehre, ist es so gut wie verloren. Wie die Kleider Ihrer Frau. Ich
weiß keine Möglichkeit, sie zurückzubringen.«
Er zuckte mit den Schultern. »Deshalb habe ich Ihnen ja dieses
gekauft.«
»Damit ich keine weiteren von ihr verliere?«
»Damit Sie keine geborgten Sachen mehr tragen müssen.« Seine Hand
ruhte auf meiner Taille. »Ich hielt es für angebracht, dass Sie etwas besitzen,
das nur Ihnen gehört.«
Als ich ihm in die Augen schaute, wusste ich, dass er nicht mehr nur
von dem Kleid sprach. Der Constable hatte einmal behauptet, Daniel gebe mir die
Gewänder von Ann, um ihren Geist zu neuem Leben zu erwecken. Obwohl mir klar
war, dass Creeds Worte dazu dienen sollten, unser Verhältnis zu vergiften,
fragte ich mich seitdem, wen Daniel in mir sah.
Jetzt erblickte ich in seinen Augen nur mein eigenes Spiegelbild,
und meine Zweifel schwanden.
Er hob die Hand, schob sie unter mein Haar in meinen Nacken und
senkte den Kopf.
Seine warmen Lippen streiften meine Wange. Dann bewegte sich einer
von uns – vielleicht ich – ein wenig, und unsere Münder trafen sich. Er blieb
ganz Gentleman und übereilte nichts, weil er nicht wusste, wie erfahren ich
war.
Bis ich seinen Kuss erwiderte.
Da änderten sich die Spielregeln.
Er umfasste mich mit beiden Armen und zog mich an sich. Gott allein
wusste, wie viel Zeit verging, bis wir auf Fergals Hüsteln und schließlich
Fluchen reagierten.
Daniel drehte den Kopf nur so weit zur Seite, dass er, immer noch
meine Stirn berührend, zur Tür sehen konnte.
»Ja?«
Fergal verschränkte die Arme. »Wollt ihr nun runterkommen oder
lieber warten, bis Jack wieder da ist und wir uns zusammensetzen und alles besprechen
können?«
Erstaunt fragte ich: »Was besprechen?«
»Daniel muss noch heute Nacht mit der Sally lossegeln, auf Geheiß des Duke of Ormonde.«
»Auf seine Bitte, nicht auf sein Geheiß. Man hat mich gebeten, einem
Verwandten einen Gefallen zu tun.«
»Ohne richtige Mannschaft …«
»Ich habe genug Männer.«
»Nicht einer davon ist fähig, dir mit dem Schwert Rückendeckung zu
geben, falls etwas schiefgeht.«
»Du wirst hier dringender gebraucht«, sagte Daniel.
Darüber hatten sich die beiden gestritten, als ich in ihre Zeit
zurückgekehrt war.
Ich atmete tief durch. »Fergal soll also in Trelowarth bleiben und
auf mich aufpassen«, stellte ich fest.
Daniel lächelte, ohne die Hände von meiner Taille zu lösen. »Ich
werde nur kurz weg sein. Und es ist keine gefährliche Reise.«
»Dann nimm mich mit.«
»Wie bitte?«
»Nimm mich mit«, wiederholte ich. »Dann kann Fergal auch mitkommen. Sag deinen Leuten, ich bin dabei, um zu kochen
und andere Arbeiten zu verrichten. Ich halte mich im Hintergrund. In Gesellschaft
von Fergal und dir passiert mir schon nichts …«
»Nein, unmöglich«, fiel er mir ins Wort. »Bei jeder anderen Fahrt
würde ich deinen Vorschlag in Erwägung ziehen, aber nicht bei dieser.«
»Warum nicht? Du hast selbst gerade gesagt, es sei nicht
gefährlich.«
Daniel sah Fergal an.
Daniel hatte sich in eine Sackgasse manövriert. Falls er zugab, dass
die Reise Risiken barg, würde Fergal erst Ruhe geben, wenn er ihn begleiten
durfte. Und falls Daniel bei seiner Version blieb, dass keine Gefahr bestehe,
hatte er
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