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Licht über den Klippen

Licht über den Klippen

Titel: Licht über den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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sich auf den Weg und holen Sie ihn, damit wir
lossegeln können. Die Flut ist bald da.«
    Wieder hörte ich das Boot an den Rumpf der Sally stoßen und dann, als das Platschen der Ruder
sich entfernte, ein anderes Geräusch, ein Ächzen und Klirren, das ich noch
nicht kannte. Erst als die Sally sich leicht zur Seite neigte, merkte ich, dass es das Lichten des Ankers war.
Von oben drang der Klang flatternder und sich im Wind blähender Segel herunter.
    Die Sally legte
sich ins Zeug. Als sie sich drehte, sah ich Creeds Spion, der fast das Ufer
erreicht hatte. Selbst wenn der Junge Kraft genug besessen hätte, das Boot zu
wenden und zu uns zurückzurudern, wäre es sinnlos gewesen, denn man hätte ihn
jetzt nicht mehr an Bord gelassen. Nachdem das Boot den Kiesstrand erreicht
hatte, sprang er heraus und watete, so schnell es ging, an Land.
    Als wir uns aus den Schatten des Landvorsprungs lösten, kletterte er
gerade den Felsenpfad zur Klippe hinauf – kein leichter Aufstieg für jemanden,
der vom Rudern durchnässt und ermüdet war. Aber er konnte sich glücklich
schätzen, dass man ihn in dem Boot weggeschickt und nicht einfach über Bord gestoßen
hatte.
    Fergal war ganz ähnlicher Meinung, als er wenige Minuten später mit
Daniel zu mir unter Deck kam. Die beiden stellten sich neben mich ans Fenster.
    »Nun ist er wütend«, rügte Fergal Daniel. »Du hättest sein Mütchen
mit einem Schwimmausflug im kalten Wasser kühlen sollen.«
    »Und wenn er nicht schwimmen kann?«
    Fergal zuckte mit den Schultern. »Dann hätten wir jetzt einen Narren
weniger, mit dem wir uns herumschlagen müssen.«
    Daniel schmunzelte. »Du bist ein harter Mann, Fergal. Ich kann nur
hoffen, es mir nie mit dir zu verscherzen.«
    »Das hängt nur von dir ab«, sagte Fergal mit einem Augenzwinkern und
beugte sich aus dem Fenster, um noch einmal zum Ufer zu blicken. »Er wird
geradewegs zu Creed laufen.«
    Diesmal zuckte Daniel mit den Schultern. »Lass ihn. Creed sind die
Hände gebunden. Im Hafen von Polgelly gibt es kein Schiff, das die Sally einholen könnte.«
    Daniel richtete sich auf. Dabei berührte sein Kopf fast die
Deckenbalken der Kabine. »Bereiten Seereisen dir Schwierigkeiten?«
    »Wie bitte?«, fragte ich.
    »Wird dir übel?«
    »Ach so. Nein.«
    »Gut. Hier unten in der Kajüte ist es komfortabler, aber
interessanter gestaltet sich die Fahrt auf dem Achterdeck.«
    Ich nahm seine Einladung gern an.
    Oben roch die Luft sauberer, und das Licht der sinkenden Sonne hatte
einen warmen goldenen Schimmer angenommen. Bald schon würde ich den Abendstern
sehen.
    Ich beobachtete die Männer bei der Arbeit an Segeln und Seilen und
gab mich dem Auf und Ab des Schiffsdecks unter meinen Füßen hin.
    Daniel an Bord der Sally zu
erleben, war eine Offenbarung. Ich hatte ihn noch nie so zufrieden gesehen wie
am Steuer des Schiffs, entspannt den Blick auf den Horizont gerichtet.
    Was mich nervös machte, der Aufbruch in unbekannte Gefilde, schien
ihn nicht im Mindesten zu belasten; er wirkte eher motiviert, wie jemand, der
sich nicht von Gefahren abschrecken ließ, sondern sicher seinen eigenen Kurs
wählte.
    Ich beobachtete ihn, bis der kühle Nachtwind mich unter Deck trieb.
Dort bat Fergal mich, ihm beim Austeilen von hartem Brot, Ale und von ihm in
der Kombüse zubereitetem Fischeintopf zu helfen.
    Das einfache Essen wurde ohne großes Aufhebens verzehrt. Ich aß
dankbar meine Portion, bevor ich mich in Daniels Kabine begab, vor der Fergal
Posten bezog. In der schwingenden Hängematte fühlte ich mich wie in den Armen
eines Geliebten, und schon bald schlief ich tief und fest und träumte von
Schiffen und Segeln und fernen Ufern.

DREISSIG

    G erade wurden die
letzten Boote beladen. Das Deck der Sally hob und senkte sich sanft, sodass ich
mich an der Reling festhalten musste. Trotz des tiefen Nebels konnte ich das
Ufer erkennen, die kleine, durch das Meer geschützte Bucht, die grünen Hügel
und die Häuschen, die sich in Gruppen die Anhöhe hinaufdrängten. Nur die
geringfügig andere Bauweise verriet, dass wir den schmalen Kanal, der Cornwall
vom Kontinent trennte, überquert und die bretonische Küste erreicht hatten.
    Daniel hatte mir erklärt, dass sie Rohmaterialien, die aufgrund der
britischen Gesetze auf dem Kontinent so schwierig zu bekommen waren, gegen verarbeitete
Waren, die die Menschen in England als Luxus erachteten, tauschten.
    Er war mit dem ersten Boot an Land gefahren, und ich hatte gedacht,
dass ich ihm auf dem letzten mit

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