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Licht über den Klippen

Licht über den Klippen

Titel: Licht über den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
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entschuldigen. Ich hätte nicht annehmen dürfen, dass du
glaubst, du könntest uns begleiten.« Er überlegte kurz. »Du begreifst, warum?«
    »Ja.«
    »Es wäre zu gefährlich gewesen.«
    »Ich weiß, aber …« Ich versuchte, die richtigen Worte zu finden. »Du
sprichst vom Reisen. Auch in meiner Zeit gibt es Länder, in denen Frauen Beschränkungen
auferlegt sind. Sie dürfen sich keine höhere Bildung aneignen und ohne
Erlaubnis ihrer Männer das Haus nicht verlassen, aber ich lebe nicht so. Und
wenn man bestimmte Freiheiten gewohnt ist, fällt es sehr schwer, auf sie zu
verzichten.«
    In dem Moment dachte ich nicht daran, dass Daniel aus seiner Zeit im
Gefängnis von Newgate wusste, was es bedeutete, die Freiheit zu verlieren.
    »Ich versichere dir, Eva, dass ich die Freiheit als sehr hohes Gut
erachte.«
    »Das weiß ich.«
    »Egal, wie die Sitten und Gebräuche in der Öffentlichkeit sein
mögen: In meiner Familie durfte noch jede Frau ihre Gedanken frei äußern.«
    »Hinter verschlossenen Türen.«
    »Meiner Erfahrung nach«, entgegnete er schmunzelnd, »gibt es viele
Dinge, die man besser hinter verschlossenen Türen tut als in der Öffentlichkeit.
Das gilt für Männer und Frauen gleichermaßen.« Ernster fügte er hinzu: »Meinst
du denn, ich kann immer sagen, was ich denke? Würde ich meine Meinung über die
gegenwärtige politische Situation verkünden, würde man mich schon bald wegen
Hochverrats in Ketten legen.«
    »Selbst wenn du deine Ansichten nicht öffentlich kundtun kannst,
handelst du nach ihnen.«
    »Nicht offen. Nein, du und ich, wir müssen uns beide darauf
beschränken, in der Öffentlichkeit lediglich einen Teil von uns preiszugeben
und den anderen ausschließlich unseren Freunden zu offenbaren. Unsere ganze
Persönlichkeit kennen nur die wenigen, die wir lieben und denen wir vertrauen.«
    Ich schwieg.
    »Tröstet es dich, wenn ich dir sage, dass dir bei unserem Ausflug
heute Morgen nichts Wichtiges entgangen ist? Dass sogar Fergal sich gelangweilt
hat? Tröstet dich das?«
    »Nicht sehr.« Doch ich lächelte. »Hat Fergal dir erzählt, dass ich
ihn gebeten habe, mich mitkommen zu lassen?«
    Daniel runzelte die Stirn. »Und wie hat er darauf reagiert?«
    Als ich es ihm verriet, musste er lachen. »Eines steht fest: Du hast
seine Zuneigung errungen, denn hätte irgendeine andere Frau ihn darum gebeten,
wüsste jetzt die ganze Mannschaft Bescheid.«
    »Ich dachte, er hätte es dir gesagt.«
    »Ich brauche Fergal nicht, um zu wissen, wann du unglücklich bist.
Nicht einmal er kennt deine Stimmung so wie ich.«
    »Ich bin nicht unglücklich«, widersprach ich.
    »Nein?«
    »Nein. Ich … Daniel?«
    »Ja?«
    Ich drehte Daniel so, dass er sehen konnte, was ich sah.
    Ein großes schwarzes Schiff folgte der Sally . Sein Bugspriet pflügte durch die Wellen wie ein
Raubfisch.
    Daniel umarmte mich kurz und ließ die Lippen über mein Haar gleiten,
bevor er mich losließ. »Halte dich von den Fenstern fern«, ermahnte er mich.
»Und egal, was passiert …«
    »Ich bleibe hier.«
    Er nickte. »Wenn es gefährlich werden sollte, hole ich dich, das
verspreche ich dir. Ach, und Eva? Verriegle …«
    »… die Tür, ich weiß.«
    Mit einem kurzen Lächeln verließ er die Kabine.
     
    Offenbar handelte es sich bei dem französischen Schiff
tatsächlich um das, das Daniel treffen sollte. Er wendete die Sally , sodass wir fast zum
Stillstand kamen, und kurz darauf hörte ich, wie mehrere Männer über die Reling
und ins Boot kletterten.
    Ich wusste, dass Daniel darunter war, weil ich seine Stimme über das
inzwischen vertraute Klatschen und Platschen der Ruder vernahm.
    Ich richtete mich aufs Warten ein und setzte mich mit angezogenen
Beinen auf den Boden, den Kopf bequem auf die Knie gestützt. So saß ich eine ganze
Weile da, müßig meinen Gedanken nachhängend, und ließ mich vom sanften Auf und
Ab der Sally einlullen, bis
ich schließlich einschlief.
    Ich träumte von Daniels lachenden Augen, seiner Berührung, seiner
Stimme …
    »Du kannst nicht hierbleiben«, sagte er leise.
    »Ich will aber.«
    Da spürte ich, wie er mich hochhob, und ich schlang die Arme um
seinen Nacken und drückte mich gegen seine Brust. Plötzlich merkte ich, dass
ich nicht mehr träumte.
    Ich schaute mich blinzelnd um oder versuchte es zumindest. Es war
Nacht; das einzige Licht in der dunklen Kajüte kam von einer Kerze auf dem
Schreibtisch; die Vorhänge waren zu. Daniel zog mich hoch. »Du kannst nicht auf
dem Boden

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