Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Licht über den Klippen

Licht über den Klippen

Titel: Licht über den Klippen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susanna Kearsley
Vom Netzwerk:
werden, doch ich verkniff es mir, denn Daniel
konnte ja nichts für die Sitten der Zeit, nach denen Männer und Frauen
unterschiedliche Regeln befolgen mussten. Außerdem hatte ich ja selbst auf die Sally gewollt.
    »Ich dachte nur, ich sollte auf alles vorbereitet sein«, antwortete
ich und wechselte das Thema. »Habt ihr erledigt, was an Land zu tun war?«
    »Ja. Und wir haben ein Boot gekauft als Ersatz für das, mit dem
Creeds Bursche weggerudert ist.«
    Die Schritte der Männer verrieten mir, dass das, was sie gegen die
Wolle getauscht hatten, ausgeladen und im Frachtraum der Sally verstaut wurde. Schon bald würde über die große
Winde der Anker hochgezogen werden. Das also war mein großes Abenteuer gewesen.
Wir würden in null Komma nichts wieder in Trelowarth sein.
    Enttäuscht trat ich ans Fenster und betrachtete das schwarze Schiff,
das mir einen solchen Schrecken eingejagt hatte. »Ist das auch ein Schmugglerschiff?«
    Daniel stützte sich auf die Kante seines Schreibtischs. »Es handelt
sich um eine Fregatte der französischen Marine.«
    »Es ist bedeutend größer als die Sally .«
    Sein fachmännischer Blick wanderte über den schwarzen Schiffsrumpf.
»Aye. Ich würde sagen, sie hat vierhundert Tonnen und im Vergleich zu unseren
acht Kanonen zweiunddreißig, dazu mindestens zehnmal mehr Männer als wir.«
    »Sonderlich beruhigend finde ich das nicht«, stellte ich fest.
    »Keine Sorge. Dieses Schiff entspricht genau der Beschreibung
dessen, was ich hier treffen soll.«
    »Du sollst ein anderes Schiff treffen?«
    »Ja, so lauten meine Anweisungen.« Daniel legte den Kopf ein wenig
schräg, als könnte er so die Takelage des schwarzen Schiffs besser begutachten.
»Allerdings muss ich zugeben, dass ich seinen Namen nicht kenne.«
    Da veränderte die Sally leicht die Position, sodass wir wieder in den Schatten des französischen
Schiffs glitten.
    Daniel spürte meine Nervosität. »Dies ist nicht der geeignete Ort
für eine Begegnung; hier könnten wir beobachtet werden. Wir suchen uns lieber
einen ruhigeren Küstenabschnitt, um beizudrehen und herauszufinden, was sie
vorhaben.«
    Ich versuchte, meine Furcht zu verbergen. »Ja, natürlich.«
    Daniel ließ sich nicht täuschen. »Wärst du jetzt doch lieber in
Trelowarth geblieben?«
    »Nein«, antwortete ich ein wenig zu hastig. »Nein, ich bin froh,
dass ich mitgekommen bin.«
    Mit verschränkten Armen gegen den Schreibtisch gelehnt, musterte
Daniel mich nachdenklich.
    »Was ist?«, fragte ich.
    »Du verletzt mich nicht mit der Wahrheit, Eva. Wir sollten ehrlich
zueinander sein.«
    »Ich bin ehrlich.«
    Er stieß sich von der Schreibtischkante ab und stellte sich neben
mich ans Fenster. Wir entfernten uns von der schwarzen französischen Fregatte,
bis wieder die grauen Wellen in Sicht kamen, die sich an der Felsenküste unter
den grünen Klippen brachen.
    »Die bretonische Küste ist von einer ganz eigenen wilden Schönheit«,
bemerkte er. »Aber vermutlich lässt sie sich nicht mit der Indiens
vergleichen.«
    Ich schwieg. Ich hatte gedacht, ihm sei entgangen, dass ich mich an
meine Zeit mit Katrina erinnerte, als Fergal das Etikett mit der Aufschrift Made in India in meinem T-S hirt entdeckt
hatte …
    »Du bist dort gewesen«, sagte Daniel.
    »Ja.«
    »Und wohin haben deine Reisen dich sonst noch geführt?«
    »An viele Orte.«
    »Glaubst du, mein Geist sei so beschränkt, dass ich die Wahrheit
nicht ertrage? Verbirgst du sie deshalb vor mir?«
    »Nein, ich …«
    Daniel wandte sich mir zu. »Für eine Situation wie diese gibt es
keine Verhaltensmaßregeln, also müssen wir sie uns selbst erschließen. Meiner
Ansicht nach sollte das erste Gebot Aufrichtigkeit sein.«
    Ich war mir nicht sicher, ob er darauf eine Antwort erwartete. Er
wandte sich seufzend ab.
    »Du bist froh, mitgekommen zu sein«, sagte er. »Du, die du Dinge
gesehen und getan hast, die ich mir kaum vorstellen kann; du, die du in deiner
Zeit Freiheiten genießt, die Frauen der meinen nicht einmal ahnen. Bestimmt
dachtest du, diese Fahrt würde ein Abenteuer werden, aber dann musstest du den
Tag allein in einer Kabine verbringen, in Angst um dein Leben. Trotzdem
behauptest du, du seist froh, uns begleitet zu haben. Du musst verzeihen, wenn
ich dir das nicht glaube.«
    Jetzt verstand ich, was er meinte. »Na schön.« Ich holte tief Luft.
»Es hat mir nicht gefallen, allein zurückgelassen zu werden, als ihr alle an
Land gegangen seid. Das hatte ich nicht erwartet.«
    »Ich muss mich

Weitere Kostenlose Bücher