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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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sie besann sich eines Besseren. Sollte der Hof lieber über ihre vermeintliche Verliebtheit tratschen als über ihre Angst. Allein seinen Namen auszusprechen, hatte ihr Innerstes zum Zittern gebracht.
    Der Nachtisch half ihr. Süßigkeiten gab es in ihrem Volk immer nach geistigen Herausforderungen und energiezehrender Arbeit. Auch wenn sie einen Menschen geheilt hatte, aß Levarda getrocknete, süße Früchte oder Samen, die mit Honig ummantelt waren.
    Lady Eila schob ihr ihren Nachtisch hin, und Levarda genoss zum zweiten Mal die Süße in ihrem Mund. Die Frauen hier aßen geradezu wie junge Vögel. Das flaue Gefühl in ihrem Körper ließ nach und sie fühlte ihre Kraft zurückkehren.
    Der Zeremonienmeister klopfte auf den Boden und der Lärm nahm zu, während die Gesellschaft sich zu einem anderen Saal bewegte.
    Hier standen nur an einem Ende des Raumes gemütlich aussehende Stühle auf einer über zwei Stufen erhöhten Plattform, wo sich die ranghöchsten Geladenen mit Lord Blourred und Lady Tibana niederließen. Die verheirateten Paare verteilten sich mit ihren Gesprächspartnern bunt gemischt im Saal, die unverheirateten Gäste in lockeren Grüppchen an den Seiten, Männer rechts, Frauen links.
    Schon hörte Levarda wieder die Damen plappern, für die nun der interessanteste Teil des Abends gekommen war. Sie selbst hingegen hätte sich lieber einem wilden Emunck gestellt als dem Tanz. In diesem Land war Tanzen die einzige Möglichkeit, sich dem anderen Geschlecht auf unverfängliche Art zu nähern. Selbstverständlich musste ein Mädchen aber warten und sich von einem Mann zum Tanz auffordern lassen. Was für ein Ereignis und so willkommener Anlass für Spekulationen! Die Augen sittsam gesenkt, lauschten die Mädchen alsdann den Worten ihrer Tanzpartner und gaben ihnen so das Gefühl, der wichtigste Mensch für sie zu sein.
    Levarda hatte in den letzten Monaten das seltsame Gebaren zwischen den Geschlechtern belustigt verfolgt. Man hatte schnell gemerkt, dass sie weder eine anmutige Tänzerin war noch ihren jeweiligen Tanzpartner angemessen anbetete. So beschränkte sie sich meistens darauf, zu beobachten.
    Heute hoffte Levarda, dass ihr schlichtes Äußeres ihr Schutz bieten würde. Allerdings wollte Lord Blourred sie Lord Otis vorstellen, darum war sie ins Protokoll aufgenommen. Als ihr das wieder einfiel, gaben ihre Beine zum zweiten Mal nach. Sie hielt sich an einer Säule fest und suchte verzweifelt nach einer Möglichkeit, sich fortzustehlen. Morgen würde es noch Gelegenheit geben, sich bekanntzumachen. Bis dahin hätte sie ihre Angst hoffentlich unter Kontrolle.
    Zu spät – der Zeremonienmeister winkte in ihre Richtung. Sie konnte nicht fliehen, schloss nur kurz die Augen und fasste ihr Amulett mit der linken Hand, spürte die Kraft des Steins im selben Moment. Es war, als tauche sie in den See Luna ein. Kühl floss die Energie über ihren Körper und gab ihr Stärke.
    Mit zügigem Schritt ging sie auf Lord Blourred zu, bevor ihr Mut sie verlassen konnte. An Lord Otis‘ Hand befand sich bereits Lady Tibana auf dem Weg zur Tanzfläche. Levarda beneidete Lady Smira, der es vergönnt war, an ihrem erhöhten Platz von der Stirnseite der Halle aus dem Treiben zuzusehen. Allerdings zeugte deren Blick eher von Unmut, denn Tanzen gehörte zu ihren Leidenschaften, und sie war die anmutigste Tänzerin überhaupt.
    Lord Blourred, der einzige Mann, in dessen Begleitung Levarda sich auf der Tanzfläche nicht zum Gespött machte, reichte ihr die Hand und zwinkerte aufmunternd. Er besaß genug Selbstsicherheit, um ihre Fehler zu kaschieren, und war darüber hinaus den Umgang mit einer Frau aus dem Volk von Mintra gewohnt.
    Levarda hatte es getröstet, mit welchem Wohlwollen er ihr immer begegnete. Er besaß Vertrauen in ihre Fähigkeit, seine Tochter zu beschützen. Lady Tibana hatte mit außerordentlichem Geschick erreicht, dass er überzeugt war, es sei von Anfang an seine Idee gewesen, seine Tochter von seiner Nichte begleiten zu lassen.
    »Ihr habt unvernünftig gehandelt, indem ihr sitzen geblieben seid, als Lord Otis seinen Toast auf den hohen Lord aussprach«, tadelte er leise.
    »Verzeiht, es geschah nicht mit Absicht. Ich war mit meinen Gedanken woanders, doch ich weiß, dass es unverzeihlich ist.«
    »Ich habe Lord Otis erklärt, dass Ihr erst seit Kurzem in die Gepflogenheiten des Hofes eingewiesen werdet. – Ist sie nicht wunderschön?«
    Seine Augen ruhten auf seiner Tochter. Lady Tibana hatte mit

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