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Licht und Dunkelheit

Licht und Dunkelheit

Titel: Licht und Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Rachfahl
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der Geburt seiner sechs Söhne mehr für die Macht und das Ansehen ihres Mannes getan, als es je der Frau eines Lords in diesem Land gelungen war. Levardas Onkel liebte seine Tochter jedoch über die Maßen, das konnte man sehen.
    Jetzt seufzte er auf. Levardas Bemühungen bei der Abfolge der Tanzfiguren waren hoffnungslos. Seine Augenbrauen zogen sich zusammen, doch in seinen Augen blitzte es belustigt.
    »In der Tat, Ihr seid heute wirklich sehr abgelenkt. Übrigens habt Ihr mit Eurem Verhalten Lord Otis irritiert. Das ist noch niemandem gelungen. Er hat nachgefragt, wer Ihr seid. Sein Interesse an Euch hat mir gefallen, doch passt Euch in Zukunft mehr den Gebräuchen unseres Landes an, Lady Levarda.«
    Bevor sie etwas erwidern konnte, verstummte die Musik. Ihr Herz begann heftig zu klopfen, ihre Hände wurden kalt.
    Lord Blourred drückte ihre Hand fester. »Keine Angst, er weiß, dass Ihr meine Nichte seid und meine Tochter begleiten sollt. Er hat sich bereit erklärt, darüber nachzudenken.«
    Levarda hatte völlig vergessen, dass dieser Mann darüber entscheiden würde, ob sie Lady Smira überhaupt begleiten durfte oder nicht. Sie hatte nur Angst, ihren eigenen Tod zu berühren.
    Lord Otis verneigte sich vor Lady Tibana und führte sie zu ihrem Mann.
    Levarda hielt den Blick gesenkt und wartete auf ihren Tanzpartner. Sie wollte ihm eben die Hand reichen, da drehte er sich weg, schritt auf Lady Eila zu und führte sie auf die Tanzfläche.
    Selbst Levarda wusste, dass ein solches Verhalten das Protokoll verletzte und einen peinlichen Affront gegenüber dem Gastgeber darstellte. Ganz zu schweigen davon, dass damit Levarda vor dem ganzen Hof bloßgestellt wurde. Missbilligend verharrte Lord Blourred auf der Stelle, unentschlossen, wie er reagieren sollte. Aber bevor Lord Otis‘ Verhalten zu einer Missstimmung führen konnte, verneigte Levarda sich vor dem Hausherrn.
    »Verzeiht Mylord, mir ist nicht wohl. Ich bitte darum, mich in meine Gemächer zurückziehen zu dürfen.«
    Sichtlich erleichtert nickte Lord Blourred. So blieb ihm eine Reaktion erspart.

Freiheit
    D en restlichen Abend verbrachte Levarda in ihren Gemächern, froh über Lord Otis‘ Betragen, das ihr den Rückzug ermöglicht hatte. Mochte sich der Hof den Mund darüber zerreißen, wie er sie beleidigt hatte. Ihre Haltung und ihre Höflichkeit ihm gegenüber wären zu ihrem Vorteil.
    Sie nutzte die gewonnene Zeit, meditierte Stunde um Stunde, suchte nach einer Antwort. Was bedeutete die Menschwerdung des Schreckens aus ihrem furchtbarsten Albtraum? Dass sie mit ihrem Auftrag scheitern würde?
    Im Geist ging sie die Worte ihres Meisters aus Gesprächen über ihre nächtlichen Visionen durch. Er hatte ihr erklärt, dass am Tage der Verstand die Kontrolle über die Handlungen und Eindrücke eines Menschen hatte. Im Traum, wenn der Verstand eingeschlafen war, übernahm sie der Geist. Je weiter sich ein Mensch während des Tages von seinem Geist entfernte, desto stärker und intensiver waren die Träume. Meditation diente dazu, dieses Zwiegespräch zwischen Verstand und Geist zu fördern, sodass ein Ungleichgewicht erst gar nicht entstand. Für Menschen wie Levarda, die über eine ausgeprägte Verbindung zu den Elementen verfügten, war ein Gleichgewicht zwischen Verstand und Geist unerlässlich.
    Aus diesem Grund war ihr wiederkehrender Albtraum ein Anlass zu tiefer Besorgnis für ihren Meister gewesen. Er konnte sich nicht erklären, weshalb ihr Geist ihr unabänderlich immer dieselben Bilder zeigte. Sie hatten sich lange Zeit in der Meditation mit diesem Traum beschäftigt. Der Meister deutete ihn so, dass der Mann für Levardas Verstand stehe und das Schwert für dessen Schärfe. Die dunkle Energie sei ein Symbol für die Elemente. Die Impulsivität, mit der diese sie verzehrten, veranlasse ihren Verstand dazu, sie aus Selbstschutz zu kontrollieren. In ihrer Arbeit konzentrierten sie sich darauf, ihren Verstand davon zu überzeugen, dass nicht die Elemente ihren Geist beherrschten, sondern ihr Geist die Elemente. Das hatte funktioniert und der Traum verschwand.
    Was würde ihr Meister nun dazu sagen, dass das Symbol für ihren Verstand ein Mensch aus Fleisch und Blut war? Einer, der mit dem Schwert umgehen konnte und es benutzen würde, wenn Lady Smira dem hohen Lord keinen Thronfolger gebar?
    Steifgefroren und mit Kopfschmerzen vom Grübeln sah Levarda endlich ein, dass sie Schlaf brauchte. Vielleicht würde ihr Geist ihr bei der Lösung des Problems

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