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Licht vom anderen Ufer

Licht vom anderen Ufer

Titel: Licht vom anderen Ufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Ernst
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nächsten Tagen bekam Anna es bereits zu spüren, wofür die Cilli sie jetzt hielt. Hatten sie zu Lebzeiten des Rauschers die Arbeit im Haus noch zusammen abgesprochen, jetzt hielt sich die Cilli nicht mehr daran.
    »Der Stall muss auch wieder einmal anständig geputzt werden«, sagte sie in schnippischem Ton. »Und morgen tust waschen.«
    Früher hatte sie selbst immer dabei mitgeholfen. Jetzt überließ sie Anna alles allein.
    In einer regendurchpeitschten Novembernacht fuhr ein großer Lastwagen mit Verdeck in den Hof. Zwei Kühe wurden aufgeladen. Anna lag noch wach in ihrem Bett und hörte die Geräusche, hörte den Wagen wieder wegfahren, dann wurde es still.
    Am anderen Morgen ließ sich Matthias den Haflinger vor einen leichten Wagen spannen und fuhr mit Cilli in die Kreisstadt. Als sie am Abend zurückkamen, hatten sie beide fröhliche Gesichter und Anna hörte das Lachen der Cilli bis in den Stall hinein, in dem sie arbeitete.
    Am Sonntagmorgen, als Anna sich in der Stube vor dem Spiegel den Bänderhut aufsetzte, saß Matthias am Tisch und kramte in irgendwelchen Papieren. Dann hob er langsam den Kopf.
    »Was ich sagen will – dein Erbteil hab ich bei der Kreissparkasse eingezahlt.«
    Als er das gesagt hatte, nahm er ein Schriftstück zur Hand und las es durch.
    Anna stand eine Sekunde wie erstarrt, presste nachdenklich die Lippen aufeinander und sagte dann: »Hat das so pressiert?«
    Matthias war auf einmal auffallend freundlich. »Schau, Anna, zahlen muss ich es doch, dann lieber gleich. Du hast jetzt dein Geld und – «
    »Wo hast denn du plötzlich so viel Geld her?«, fragte Anna, die sofort misstrauisch geworden war. Es fiel ihr ein, dass sie eigentlich gar nicht wusste, ob und wie viel Bargeld der Vater zurückgelassen hatte. Was war sonst wohl noch alles weggeräumt worden von den beiden, von dem sie nichts wusste?
    »Das braucht dich eigentlich nicht zu interessieren, Anna.«
    »Du hast Recht. Aber dass ich mir über manches Gedanken mache, kannst du mir nicht verwehren. Kaum ist der Vater unter der Erde, fängst du schon an, Vieh zu verkaufen. Zwei Kühe auf einmal gleich. Und das bei der Nacht, im Schwarzhandel. Ob dir das Glück bringt, Matthias?«
    »Das lass nur meine Sorge sein. Jetzt schau her, Anna. Da hast du dein Sparkassenbuch, kannst dich überzeugen, dass ich die Dreißigtausend wirklich einbezahlt hab, und da müsstest mir halt den Wisch unterschreiben.«
    Mit gerunzelten Brauen sah Anna auf das Schriftstück nieder und las, dass sie die Einbezahlung ihres Erbteils in die Sparkasse gutheißt und damit einverstanden sei. Irgendein dumpfes Gefühl warnte sie zu unterschreiben. Dann wieder sagte sie sich, dass er eigentlich recht gehandelt habe. So trug das Geld wenigstens Zinsen und sie konnte auch jederzeit darüber verfügen.
    Matthias schob ihr den Federhalter zwischen die Finger.
    »Jetzt wenn du da unterschreiben möchtest, Annerl.«
    Annas Hand zuckte zurück. Warum auf einmal so viel Freundlichkeit? Sie schaute den Bruder scharf an, doch sein Gesicht war ganz unbewegt. Nein, es konnten doch keine schlechten Gedanken sein hinter seiner jetzt glatten Stirn. Ein wenig herrisch war er ja immer gewesen, der Matthias, aber betrügen würde er sie sicher nicht. Schließlich waren sie Geschwister und wie es auch sein mochte, dreißigtausend Mark waren auch für ihn viel Geld. War es nicht schön und uneigennützig von ihm, dass er ihr jetzt schon ihr Erbteil gab, dass er mit ihrem Geld nicht wirtschaftete, sondern ihr die Zinsen zuteil werden ließ?
    Da setzte sie zu ihrem Namenszug an und schrieb ihn deutlich und klar zu Ende. Jeder Buchstabe war wie gestochen und sie sah nicht das zufriedene Lächeln um des Bruders Mund. Er schwenkte das Schriftstück hin und her, damit die Tinte trockne, und sagte dann:
    »So, das wär in Ordnung. Du kannst jederzeit heiraten jetzt.«
    Anna nahm ihr Gesangbuch aus dem Kasten. Vom Dorf her hörte man das Dreiviertelläuten.
    »Das hört sich ja an, als wolltest du mich so schnell wie möglich loswerden.«
    Matthias sperrte die Papiere in eine Holzschatulle. Dann stand er auf. »Ja, weißt du, das ist so eine Sache. Mir ist das gleich, ob dich noch einer nimmt oder nicht. Aber es wird halt so sein, dass du dich auf die Dauer mit der Cilli nicht vertragen wirst.«
    »Das kommt nicht auf mich an. Gesetzt den Fall, ich würde auf Knall und Fall heiraten, wer soll dann hier die Arbeit tun?«
    Matthias band sich vor dem Spiegel die Krawatte zurecht. »Ja,

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