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Lichtbringer - Lichtbringer

Titel: Lichtbringer - Lichtbringer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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vorbei, legte sich ein paar Kleinigkeiten auf den Teller und entfernte sich. Sie sah den frechen Mann in seinem braunen Anzug allein an einem Tisch sitzen, und kurz entschlossen gesellte sie sich zu ihm.
    »Ein starkes Stück, mein Herr«, sprach sie ihn an. »Marigar ist eine einflussreiche Persönlichkeit in Daugazburg. Er liefert Schuhe an das Militär, aber das ist nur eins der ehrbareren Geschäfte, an denen er beteiligt ist. Er mag Ihnen schaden.«
    Der Fremde blickte kurz von seinem Teller auf, sah Frafa an und lächelte. »Militärstiefel?«, fragte er. »Da werde ich wohl aufpassen müssen, dass er mir nicht auf die Füße tritt.«
    Der Hummer war aufgebrochen, und der Mensch löste das Fleisch mit dem Messer aus der Schale. Er handhabte die Klinge präzise, doch es war die Präzision eines Barbaren, der sein Essen mit der Waffe zerlegt, eines Barbaren, der mit der Waffe besser vertraut war als mit der Speise.
    »Außerdem bleibe ich nicht lange in Daugazburg«, fügte er hinzu. »Mit ein wenig Fortune bin ich wieder fort, ehe dieser Schuster mir ans Leder kann.«
    »Und wenn nicht?« Frafa stützte das Kinn auf den Handrücken und ließ die spitzen Zähne aufblitzen. »Ihr Menschen seid so kurzlebig und so anfällig. Man sollte meinen, ihr wäret achtsamer.«
    Der Bitaner zuckte die Achseln. »Umso wichtiger ist es doch, keine Zeit mit Sorgen zu verlieren. Stellen Sie sich vor, Mademoiselle Nachtalbe, ich hätte gezögert. Dann wäre dieser Hummer mir entgangen, und wer weiß, ob ich in meinem kurzen Menschenleben noch dazu gekommen wäre, diese Delikatesse zu kosten.«
    »Sie sind tatsächlich Arzt?«, fragte Frafa.
    »Doktor Descidar aus Kamparika, zu Diensten, Mademoiselle.« Er ließ das Besteck kurz sinken und lächelte Frafa an. »Spezialist für Thaumagel-Exposition. Allerdings bin ich mehr in der Forschung tätig als in der Heilkunde. Ein weiterer Grund, weswegen mir als kurzlebigem Menschen keine Zeit bleibt für Bedenken. In der Forschung darf ich nicht zaudern, wenn ich Ergebnisse sehen will! Immerhin steht mir nicht die Lebensspanne einer Nachtalbe zur Verfügung.«
    Er hielt Frafa die Hand hin. Sie berührte nur seine Fingerspitzen und stellte sich ebenfalls vor: »Ich bin Frafa, Privatsekretärin von Meister Aldungan.«
    Descidar nahm Frafas Hand nach Menschenart. Sie spürte seine Aura: kraftvoll, bewegt, aber durchwoben von etwas Fremdem. Man sah es ihm nicht an, aber Frafa konnte spüren, dass er dem Blut der Erde lange ausgesetzt gewesen war. Thaumagel-Forschung .. . fürwahr.
    Descidar drückte ihre Hand kurz. »Privatsekretärin - und einiges mehr«, erwiderte er.
    Sie sah ihn an, und er nickte.
    »Ich kenne Sie selbstverständlich, Mademoiselle Frafa. Wie könnte ich nicht? Dekanin der Akademie von Daugazburg, Begründerin des Zweiges des Lebens ... und einige Titel mehr, die Sie im Laufe der Zeit gesammelt haben. Ich müsste als medizinischer Wissenschaftler ein arger Ignorant sein, wäre ich nicht vertraut mit Ihren Arbeiten.«
    Frafa zog ihre Hand zurück. »Ach«, sagte sie. »Das liegt Jahrhunderte zurück. Schon an der Akademie habe ich mehr Zeit mit administrativen Aufgaben verbracht als mit Forschung.«
    »Dennoch.« Descidar musterte sie unverwandt. Ein Funkeln lag in seinen Augen. »Jahrhunderte. Ich bin mir sicher, ich könnte einiges lernen von Ihnen, wenn wir uns ein wenig über meine Arbeit unterhielten.«
    Frafa schwieg. Sie wandte sich ihrem Essen zu. Der Mensch war unterhaltsam gewesen, als er sich leichtfertig und wider alle Sitten am Buffet sein Essen verschafft hatte. Aber wenn es um kleinliche Alltagsfragen bei der Verwendung von Thaumagel ging ... Frafa hatte derlei Themen lange hinter sich gelassen. Und das Thaumagel dieses Thaumateknischen Zeitalters war für sie immer das Blut der Erde geblieben.
    Nach einer Weile schaute Descidar sich nervös um und tupfte sich mit der Serviette über die Lippen.
    »Hm, ja«, sagte er. »Ich gebe zu, ich hätte Sie gern wegen meiner Arbeit um Rat gefragt. Aber das wäre ohnehin nicht möglich. Betriebsgeheimnis. Sie müssten eine Sicherheitseinstufung haben, und ich fürchte, bei meinem Arbeitgeber möchten Sie sich gewiss nicht bewerben. Also muss ich wohl allein durchfinden.«
    Frafa folgte seinem Blick - und entdeckte Gulbert. Der Zauberer entfernte sich soeben vom Buffet, umringt von aufdringlichen Schmeichlern und mit einem Servierer, der ihm den Teller nachtrug. Er beachtete seine Begleiter nicht, sondern schaute

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