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Lichtbringer - Lichtbringer

Titel: Lichtbringer - Lichtbringer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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heute so wichtig ist, dass du dein Leben dafür gibst und mir zur Plage wirst? Vor ein paar Hundert Jahren hättest du dasselbe für deinen Herrn Aldungan getan. Vor tausend Jahren für die Vorherrschaft der Gnome. Vor zweitausend für Leuchmadan. Ich verstehe diese ganzen kurzlebigen Wesen einfach nicht, die alle paar Jahrhunderte neue Ideale aus der Westentasche ziehen, sie als Götter an den Himmel hängen ... und immer dieselben kleinen Dummheiten daran knüpfen.«
    Er ging ein paar Schritte durch den Raum.
    »Merkst du nicht, wie klein dein Blick ist? Über die Jahrhunderte gesehen, was bedeutet deine Freiheit da? Was Treue, was Gesetz? Sei froh, dass jemand die Völker über allen Wandel hinweg leitet und für Ordnung sorgt. Auch für euch Gnome. Wichtig ist, dass es weitergeht, dass der Zweck bleibt...«
    »Welcher Zweck?«, fragte Bloma.
    Gulbert fuhr zu ihm herum, und Bloma verfluchte sich selbst.
    »Das Leben«, sagte Gulbert. »Die Einheit. Das Sein, welches alle Ideale und jede kleinliche Moral überdauert. In tausend Jahren werden deine Ziele so lächerlich wirken wie die deiner Vorfahren für dich. Sie bedeuten nichts. Du willst frei sein von mir? Du bist doch selbst nur eine Marionette, die an den Schnüren ihrer Erziehung, ihrer Geschichte und an der Indoktrination durch ihre eigene vergängliche Zeitspanne hängt. Aber die Menschen und die Gnome und alle anderen werden in tausend Jahren immer noch da sein. Und sie werden Führung und Lenkung brauchen. Und ich werde sie ihnen geben.«
    Gulbert hatte wieder angefangen, auf und ab zu gehen. Als er sich von Bloma abwandte, rollte der seitwärts zum Bett hin, rammte ein neues Magazin in die Pistole und riss die Waffe hoch.
    Gulbert sah ihn an.
    Blomas Hand zitterte.
    »Glaubst du wirklich«, sagte Gulbert, »dass es einem höheren Sinn folgt, was du hier tust? Nun denn, dann folge deiner kulturellen Programmierung, du Ameise. Tu, was der Zufall der Geburt deiner armseligen Existenz auferlegt. Töte für die Freiheit statt für einen König oder für einen Gott oder für was auch immer, und glaube daran, dass dieses Ziel mehr ist als eine Erfindung, die nur kurz den Kopf aus dem Strom der Geschichte gehoben hat und die morgen schon wieder darin versinken wird.«
    »Du«, fragte Bloma, »lässt dich von mir erschießen?«
    »Natürlich nicht, du Wanze.« Mit diesen Worten riss Gulbert den Arm hoch. »Ich weiß nicht, wie alle immer nur darauf kommen!«
    Bloma fand die Zeit für einen einzigen Schuss. Dann wurde er zurückgeworfen und krachte gegen die Wand. Die Knochen in seinem Leib knirschten und brachen, und alles versank in Schwärze.
 
    Als Descidar eingeschlafen war, setzte Frafa sich auf. In die bunten Lichter von der Straße mischte sich ein milchiger Schimmer, die Ahnung eines frühen Sonnenaufgangs, der sich durch den Dunst und an Brücken vorbei seinen Weg in die Häuserschluchten bahnte.
    Frafa sah auf den Menschen hinab, streckte die Hand aus und hielt dicht über seinem Leib inne, ohne ihn zu berühren. Es war nicht das erste Mal, dass sie einige Stunden mit einem Menschen verbrachte, auch wenn sie noch nie versucht hatte, die Empfindungen zu verschmelzen wie jetzt mit Descidar. Mit Menschen waren keine Berührungen möglich, wie Alben sie austauschen konnten, Berührungen des Körpers und der Seele. Dafür waren Menschen weniger zierlich gebaut, was auch seine Vorzüge hatte, und was sie heute mit Descidar getan hatte, ersetzte fast das aktive Spiel mit Aura und Essenz, das gegenseitige Einflechten von Magie in den Liebesakt.
    Nachtalben kannten keine Romantik, keine langen Beziehungen, nur flüchtige Begegnungen und geteilte Lust.
    Diese Vorstellung von ihrem Volk hatte Descidar hergeführt. Frafa war über derlei Stereotypen hinaus, und doch beschrieb es recht gut ihr eigenes Leben, ihre eigenen Erfahrungen während der letzten tausend Jahre. Musste das so sein?
    Bei ihren menschlichen Gespielen, ob Sklaven oder freie Bekanntschaften, hatte sich die Frage ohnehin nie gestellt. Und in den ersten Jahrhunderten, als Kanzlerin in Daugazburg, musste sie die jeweiligen Verehrer - Liebhaber, Gefährten - auf Abstand halten, bevor sie ihr Vertrauen missbrauchen konnten. Bei jedem Alb und bei jeder Albe, mit denen sie das Bett teilte, hatte sie befürchtet, dass diese nur die eigene Karriere fördern wollten. Oder, schlimmer: dass man ihre Nähe suchte, um sie in einem schwachen Moment zu stürzen.
    Und vermutlich waren diese Sorgen berechtigt

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