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Lichtbringer - Lichtbringer

Titel: Lichtbringer - Lichtbringer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Lohmann
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gewesen.
    Aber die Zeit war verstrichen, und Frafa hatte viele Ämter gehabt, bedeutende und unauffällige. Sie hatte viele Jahrzehnte nur dem Studium gewidmet, doch an ihrem Umgang mit Liebhabern änderte sich nichts. Die Vorsicht und die Distanz der ersten Jahrhunderte war zu einer eingespielten Gewohnheit geworden.
    Dennoch, vor alledem gab es eine Vergangenheit, da hatte Frafa sich zumindest anderes erträumen können. Darum glaubte sie nicht, wie Descidar, dass Nachtalben so sein mussten. Nachtalben mussten überhaupt nichts! Das war ja gerade die Freiheit der Alben: dass sie stärker waren als andere Völker, als die Menschen beispielsweise; dass sie sich nicht in schmerzhafte Beziehungen verstricken ließen, getrieben von Gefühlen, die sie nicht beherrschen konnten.
    Flüchtige Begegnungen zum wechselseitigen Vergnügen.
    So war es schlichtweg einfacher.
    Frafa schob die Beine über die Bettkante. Mit den Zehen tastete sie nach dem Teppich, der mit warmen und weichen Fasern ihre Zehen umschmeichelte. Sie stand auf und sah ihre Spinnen um die Überreste von Descidars Anzug versammelt. Tausende vorwurfsvoller schwarzer Punktaugen schauten zu ihr auf, während die Tiere mit wirbelnden Beinchen die Fäden wieder verknüpften, die Frafa mit ihrem Zauber gelöst hatte.
    Der Anzug würde ein wenig schief und verknittert aussehen, wenn sein Besitzer erwachte. Aber zumindest musste Descidar das Haus nicht nackt verlassen.
    Frafa bückte sich nach ihrem eigenen Kleid und trat zur Tür. Da spürte sie eine Bewegung neben sich, im langen Schatten des Bettes, wo die Spinnen ihre Arbeit verrichteten. Die winzigen Kreaturen stolperten übereinander und krabbelten am Saum der Decke empor.
    Und der Schatten, der von der Kante des Fensters bis zur Tür verlief, hatte Dornen.
    Frafa stutzte.
    Der Schatten kroch über den Boden und weiter in den Raum hinein wie schwarzes Steinöl. Frafa wich zurück, auf das Bett zu, aber die Unruhe der Spinnen dort sprang auf sie über.
    Sie fuhr herum. War das der Schatten eines Menschen, verzerrt und gebrochen wie auf unebenen Grund geworfen? Aber der Boden war glatt, und da war kein Mensch und auch kein Licht, welches diesen Schatten hätte werfen können!
    Weitere körperlose Umrisse lösten sich aus den größeren Schattenflächen an der Wand, glitten über den Teppich auf Frafa zu, kreisten sie ein. Ihr Herz pochte rascher. Sie tastete mit der Essenz nach dieser fremden Magie, aber einer der Schemen streckte den Arm aus, der länger und länger wurde und doch nur ein Schatten auf dem Boden blieb. Er bekam die Ränder von Frafas tastender Aura zu fassen und schlug seine Krallen hinein.
    Frafa schrie auf. Sie taumelte.
    Die Schatten stürzten sich gierig auf ihre ausgestreckte Aura, schnappten danach wie Raubtiere nach ihrer Beute. Frafa wollte ihre Essenz zurückziehen, aber der Schatten, der danach gegriffen hatte, hielt sie fest.
    »Frafa? Was ist...?«
    Doktor Descidar richtete sich auf dem Bett auf und schaute verschlafen in den Raum.
    Frafa schlug mit dem Kleid nach den Schattenwesen, aber sie waren zweidimensional, Scherenschnitte, so wenig greifbar wie ein aufgemaltes Bild. Wenn Frafas Kleid darüberfuhr, verschwanden sie unter dem Stoff und krochen darunter weiter.
    Mit einem schmerzhaften Ruck zog Frafa ihre Aura wieder an sich. Doch ein Teil davon blieb bei dem Schatten zurück, der nun zwei Arme mit langen dünnen Fingern nach ihr ausstreckte.
    Frafa tat einen Schritt auf Descidar zu. Da fasste ein weiterer Schattenarm unter dem Bett hervor nach ihrem Fuß. Es brannte wie Feuer, als der Schemen über ihre Haut fuhr.
    Sie streckte die Arme mit dem Kleid aus und rannte auf das Fenster zu, auf den schimmernden Umriss aus milchigem Glas, dem hellsten Fleck des Raumes, wo die Schattenwesen kein Versteck fanden. Es schmerzte, wenn sie den verletzten Fuß aufsetzte, und sie biss die Zähne zusammen.
    Sie warf ihre Essenz nach vorn, ließ den Holzrahmen um das Fenster in Sekundenschnelle verrotten. Dann sprang sie, stieß mit den Fäusten, um die sie das Kleid geschlungen hatte, die Scheibe aus dem Rahmen und stürzte schreiend in die Tiefe.
    Im selben Augenblick splitterte das Küchenfenster neben ihr an der Fassade. Zwei Skalkare flogen heraus, in einem Regen funkelnder Splitter. Sie schlugen mit den Schwingen und folgten ihrer Herrin. Frafa fiel, ließ das Kleid los, fasste nach ihren Dienern.
    Die streckten ihr die Hände entgegen. Sich umklammernd, stürzten die drei gemeinsam,

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