Lichterspiele
Flughafen abgeholt. Zum Mittagessen eingeladen. Alles mögliche.“
„Wenn es dich beruhigt, ich habe sie zum Mittagessen eingela den.“
„Das war lieb von dir.“ Sie schnitt den nächsten Pilz in Scheiben, während sie überlegte. „Wie sieht sie aus?“
„Attraktiv, sehr ungewöhnlich.“
„Ungewöhnlich“, wiederholte Helen trocken. „Wenn du mir erzählst, sie ist ungewöhnlich, sagst du mir nichts Neues.“
Robert nahm eine rohe Pilzscheibe und probierte sie. „Weißt du was über ihre Mutter?“
„Natürlich.“ Helen rettete ihre Champignons, indem sie sie schleunigst aus seiner Reichweite zum Herd entführte, wo zerlas sene Butter in einer Pfanne brutzelte. Mit einer ebenso flinken Be wegung schüttete sie die Pilze in die Butter, was ein leises Zischen und einen köstlichen Duft erzeugte. Sie blieb am Herd stehen und rührte die Pilze mit einem Holzspatel; ihre strengen Züge waren im Profil zu sehen.
„Wer war sie?“
„Ach, eine kleine Kunststudentin, halb so alt wie Ben.“
„Waren sie verheiratet?“
„Ja, er hat sie geheiratet. Ich glaube, er hatte sie auf seine Art sehr gern. Aber sie war einfach noch ein Kind.“
„Hat sie ihn verlassen?“
„Nein, sie ist bei Emmas Geburt gestorben.“
„Und später hat er dann eine Frau namens Hester geheiratet.“
Helen drehte sich um und sah ihn stirnrunzelnd an. „Woher weißt du das?“
„Das hat Emma mir heute beim Mittagessen erzählt.“
„Sieh mal einer an! Ja, Hester Ferris. Das ist Jahre her.“
„Aber hatte sie nicht einen Jungen? Einen Sohn namens Christo pher?“
„Sag bloß nicht, der ist wieder aufgetaucht.“
„Warum klingst du so entsetzt?“
„Du würdest auch entsetzt klingen, wenn du die achtzehn Monate miterlebt hättest, die Ben Litton mit Hester verheiratet war...“
„Erzähl.“
„Also, das war eine mörderische Zeit. Für Marcus, für Ben... ich nehme an, auch für Hester, und ganz bestimmt für mich. Wenn Marcus nicht bei einem widerwärtigen Familienkrach vermitteln mußte, dann wurde er mit lächerlichen kleinen Rechnungen überschüttet, die Ben partout nicht bezahlen wollte, wie Hester behauptete. Und dann, du kennst ja Bens Telefon-Phobie; Hester hat eins im Haus installieren lassen, und Ben hat es rausgerissen. Und dann bekam Ben eine Art Denkhemmung und konnte nicht arbeiten, er verbrachte seine gesamte Zeit in der Kneipe, und Hester hat sich Marcus ge schnappt und gesagt, Marcus müsse kommen, weil er der einzige Mensch sei, der mit Ben umgehen könne, und so weiter und so fort. Marcus hat in der Zeit die ersten grauen Haare bekommen, man konnte mitansehen, wie er von Tag zu Tag älter wurde. Kannst du dir so was vorstellen?“
„Ja. Aber ich sehe nicht, was das mit dem Jungen zu tun hat.“
„Der Junge war ein Grund der Streitereien. Ben konnte ihn nicht ausstehen.“
„Emma sagte, er war eifersüchtig.“
„Das hat Emma gesagt? Sie war immer ein scharfsichtiges Kind. Ich nehme an, in gewisser Weise war Ben eifersüchtig auf Christopher, aber Christopher war ein Teufel. Er sah aus wie ein Heiliger, aber seine Mutter hat ihn heillos verwöhnt.“ Sie zog ihre Champi gnonpfanne von der Kochplatte, kam zurück und stützte sich mit den Ellbogen auf die Theke. „Was hat Emma über Christopher gesagt?“
„Nur daß sie sich in Paris getroffen haben.“
„Was hat er dort gemacht?“
„Ich weiß nicht. Urlaub, nehme ich an. Er ist Schauspieler. Hast du das gewußt?“
„Nein, aber ich kann es mir gut vorstellen. Hat sie sehr gestrahlt, als sie von ihm sprach?“
„Ich würde sagen, ja. Es sei denn, es war der Gedanke an die Rückkehr zu ihrem Vater, der sie in Hochstimmung versetzte.“
„Das wäre das letzte auf der Welt, weswegen sie strahlen würde.“
„Das hab ich gemerkt. Aber als ich das Thema anschnitt, war ich verdammt nahe daran, eins über den Schädel zu kriegen.“
„Das kann ich mir denken. Die halten zusammen wie Pech und Schwefel.“ Sie berührte seine Hand. „Laß dich da nicht hineinverwickeln, Robert, ich könnte die Strapazen nicht ertragen.“
„Ich bin nicht verwickelt, bloß neugierig.“
„Um deines Seelenfriedens willen, folg meinem Rat und laß es dabei. Und da wir schon beim Thema Verwicklungen sind, Jane Marshall hat heute mittag angerufen, du möchtest zurückrufen.“
„Weißt du, weshalb?“
„Hat sie nicht gesagt. Bloß, daß sie ab sechs zu Hause ist. Du vergißt es nicht, nein?“
„Nein, ich werd's nicht vergessen.
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