Lichterspiele
Haustür fiel hinter ihm zu. Aus der Küche rief seine Schwe ster Helen seinen Namen.
„Robert?“
„Hallo!“
Er warf seinen Hut auf den Dielentisch und trat durch die Tür rechts von der Diele. Früher war dieser zur Straße gelegene Raum das Speisezimmer der Familie gewesen, doch nachdem Roberts Vater gestorben war und Marcus, Helen und David eingezogen waren, hatte Helen ihn in eine Eßküche verwandelt mit einem gescheuerten Landhaustisch, einer Anrichte aus Kiefernholz, vollgestellt mit gemustertem Porzellan, und einer barähnlichen Theke, hinter der sie arbeiten konnte. Eine Menge Topfpflanzen standen herum, wu chernde Geranien und Kräuter sowie Schalen mit Knollen. Zwiebel bunde und Einkaufskörbe hingen an Haken, daneben gab es Koch bücher, Behälter mit Holzlöffeln sowie fröhliche bunte Teppiche und Kissen.
Helen stand in einer blauweißen Metzgerschürze hinter ihrer Theke und putzte Champignons. Die Luft war von Wohlgerüchen erfüllt, es duftete nach Gebratenem und Zitronen, nach zerlassener Butter und einer winzigen Spur Knoblauch. Helen war eine vorzügliche Köchin.
„Marcus hat aus Edinburgh angerufen“, sagte sie. „Er kommt heute abend nach Hause. Wußtest du das?“
„Um wieviel Uhr?“
„Um Viertel nach fünf geht ein Flugzeug. Er wollte versuchen, einen Platz zu bekommen. Es landet um halb acht.“
Robert zog sich einen hohen Hocker an die Theke und setzte sich darauf wie in einer Bar.
„Soll ich ihn am Flughafen abholen?“
„Nein, er nimmt den Bus in die Stadt. Ich dachte, einer von uns holt ihn dort ab. Bist du heute abend zum Essen da, oder gehst du aus?“
„Es riecht so gut, ich glaube, ich bleibe hier.“
Sie lächelte. Wenn man sie so nebeneinander sah, konnte einem die Familienähnlichkeit unmöglich entgehen. Helen war eine kräftige Frau, groß und grobknochig, aber wenn sie lächelte, leuchteten ihr Gesicht und ihre Augen wie bei einem jungen Mädchen. Ihre Haare waren rötlich wie Roberts, doch das Rot war von grauen Strähnen gemildert, und sie trug sie straff zu einem Knoten zurück gekämmt, so daß die kleinen, unvermutet zierlichen Ohren frei lagen. Sie war stolz auf ihre hübschen Ohren und trug stets Ohr ringe. In der Schublade ihres Schminktisches hatte sie eine ganze Schachtel voll, und wenn man nicht wußte, was man ihr schenken sollte, kaufte man einfach ein Paar Ohrringe. Heute abend waren es grüne, in einem schmalen Band aus gekordeltem Gold gefaßte Halbedelsteine, deren Farbe den grünen Schimmer in Helens unde finierbaren, gefleckten Augen unterstrich.
Sie war zweiundvierzig, sechs Jahre älter als Robert, und seit zehn Jahren mit Marcus verheiratet. Davor hatte sie bei ihm gearbeitet als Sekretärin, Empfangsdame, Buchhalterin und gelegentlich, wenn die Finanzen auf der Kippe standen, auch als Büroputzfrau, und es war nicht zuletzt ihrem Eifer sowie ihrem Glauben an Marcus zu verdanken, daß die Galerie nicht nur die anfänglichen Durststrecken überlebt, sondern sich ihren gegenwärtigen internationalen Ruf erworben hatte.
Robert fragte: „Hat Marcus dir was erzählt... wie es gelaufen ist?“
„Nicht viel, dazu blieb keine Zeit. Aber der alte Lord of the Glens, wer immer das ist, hat drei Raeburns, einen Constable und einen Turner. Das sollte euch zu denken geben.“
„Will er sie verkaufen?“
„Sieht so aus. Er sagt, bei den augenblicklichen Whiskypreisen kann er es sich nicht mehr leisten, sie an der Wand hängen zu haben. Nun, wir werden alles Weitere erfahren, wenn Marcus zurück ist. Und du? Was hast du heute gemacht?“
„Nicht viel. Ein Amerikaner namens Lowell Cheeke ist gekom men und hat einen Scheck für einen Ben Litton ausgestellt.“
„Wie schön!“
„Und...“ er sah seiner Schwester ins Gesicht „... Emma Litton ist wieder zu Hause.“
Helen hatte begonnen, die Champignons in Scheiben zu schnei den. Jetzt hielt sie inne und sah rasch auf.
„Emma. Du meinst Bens Emma?“
„Sie ist heute von Paris hergeflogen. Sie war in der Galerie, um sich Geld zu holen, damit sie nach Porthkerris weiterfahren konnte.“
„Hat Marcus gewußt, daß sie zurückkommt?“
„Nein, ich glaube nicht. Ich glaube nicht, daß sie es jemandem geschrieben hat, außer ihrem Vater.“
„Und Ben hat natürlich kein Wort gesagt.“ Helens Miene drückte Empörung aus. „Manchmal könnte ich den Kerl glatt erwürgen.“
Robert war amüsiert. „Was hättest du getan, wenn du gewußt hättest, daß sie kommt?“
„Sie am
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