Lichterspiele
bestand auf einer praktischen Küche, einem Boiler, der Wasser erhitzte, und einem großen Kamin, in dem stets ein Treibholzfeuer loderte, das Herz ihres Heims, der Mittelpunkt, um den sich die Kinder versammeln konnten.
Hester hatte die besten Absichten, nur waren ihre Methoden bei der Verwirklichung wenig erfolgreich. Sie bemühte sich, Rücksicht auf Ben zu nehmen. Schließlich hatte sie ein Genie geheiratet; sie kannte seinen Ruf und war bereit, bei seinen Liebesaffären, seinen verrufenen Freunden und seinem Verhältnis zum Geld ein Auge zuzudrücken. Doch wie es so oft geschieht in ganz normalen Ehen, waren es am Ende die Kleinigkeiten, die sie zermürbten: die vergessenen, unverzehrten Mahlzeiten. Die läppischen, monatelang unbe zahlten Rechnungen. Die Tatsache, daß Ben es vorzog, in der Kneipe zu trinken statt auf zivilisierte Art und Weise zu Hause, bei ihr. Seine Weigerung, ein Telefon anzuschaffen, sich ein Auto zuzu legen; der Strom offensichtlich gestrandeter Menschen, die er ein lud, auf ihrem Sofa zu nächtigen, und zu guter Letzt seine völlige Unfähigkeit, zu irgendeiner Zeit irgendeine Form von Zuneigung zu zeigen.
Am Ende verließ sie ihn, nahm Christopher mit und reichte bald darauf die Scheidung ein. Ben war froh darüber. Er war auch froh, den kleinen Jungen los zu sein. Die beiden waren nicht gut mitein ander ausgekommen. Ben wachte eifersüchtig über seine männliche Überlegenheit, er wollte der einzige Mann von Bedeutung in seinem Haus sein, und Christopher war schon mit zehn Jahren eine Persön lichkeit, die sich nicht übergehen ließ. Trotz Hesters Bemühungen hielt diese Feindschaft an. Sogar das gute Aussehen des Jungen, von dem Hester aufrichtig glaubte, daß es Bens Malerauge entzücken würde, hatte genau die umgekehrte Wirkung, und als Hester Ben zu überreden versuchte, ihn zu portraitieren, weigerte er sich.
Nach ihrer Abreise glitt das Leben in Porthkerris wie selbstver ständlich in sein altes düsteres Einerlei zurück. Emma und Ben wur den von einer Reihe schlampiger junger Frauen versorgt, entweder Modelle oder Malerei-Studentinnen, die mit der monotonen Gleichmäßigkeit einer geordneten Kinoschlange in, durch und aus Ben Littons Leben traten. Das einzige, was sie verband, waren die aufdringlich schmeichelnde Bewunderung für Ben und eine hoch mütige Verachtung für Hausarbeiten. Von Emma nahmen sie so wenig Notiz wie möglich, dennoch vermißte sie Hester nicht so sehr, wie die Leute dachten. Es war ihr, ebenso wie Ben, lästig, ein gere geltes Leben zu führen und unaufhörlich in saubere Kleider gesteckt zu werden, doch die Trennung von Christopher hinterließ eine große Leere in ihrem Leben, die sich nicht füllen lassen wollte. Sie hatte eine kleine Weile um ihn getrauert, sie versuchte ihm Briefe zu schreiben, traute sich aber nicht, Ben nach seiner Adresse zu fragen. Einmal war sie in verzweifelter Einsamkeit fortgelaufen, um ihn zu suchen. Das endete damit, daß sie zum Bahnhof ging und eine Fahr karte nach London lösen wollte. Wenn sie Christopher suchen wollte, konnte sie dort so gut wie in jeder anderen Stadt beginnen. Aber ein Penny und ein Neunpencestück waren alles, was sie besaß, und der Stationsvorsteher, der sie kannte, hatte sie mit in sein Büro genommen, das nach Petroleumlampen und der schwarzen Loko motivkohle roch, mit der er seinen Kamin heizte, hatte ihr aus einer Emaillekanne eine Tasse Tee eingeschenkt und sie nach Hause ge bracht. Ben arbeitete und hatte ihre Abwesenheit gar nicht bemerkt. Sie versuchte nie wieder, Christopher zu finden.
Als Emma dreizehn war, wurde Ben für zwei Jahre ein Lehrstuhl an der Universität von Texas angeboten, den er ohne einen einzigen Gedanken an Emma sofort annahm. In der kurzen Zwischenzeit wurde Emmas Zukunft erörtert. Vor die Frage nach seiner Tochter gestellt, verkündete er, er würde sie einfach mit nach Texas nehmen, aber irgend jemand - vermutlich Marcus Bernstein - überzeugte Ben, daß sie ohne ihn besser dran wäre, und sie wurde auf eine Schule in der Schweiz geschickt. Sie blieb drei Jahre in Lausanne, ohne auch nur einmal nach England zurückzukehren, und ging an schließend noch für ein Jahr nach Florenz, um die italienische Kunst der Renaissance zu studieren. Nach Ablauf dieser Zeit war Ben in Japan. Als sie den Vorschlag machte, zu ihm zu kommen, antwor tete er mit einem Telegramm: Einziges Gästebett belegt von bezau bernder Geisha - versuch doch in Paris zu leben.
Gleichmütig,
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