Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Lichterspiele

Lichterspiele

Titel: Lichterspiele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosamunde Pilcher
Vom Netzwerk:
Aber vergiß du auch nicht, daß Jane keine Verwicklung ist.“
    „Ich weiß nicht, weshalb du dich so sträubst“, sagte Helen, die noch nie, bei ihrem Bruder schon gar nicht, ein Blatt vor den Mund genommen hatte. „Sie ist charmant, attraktiv und tüchtig.“
    Robert erwiderte nichts darauf, und aufgebracht über sein Schweigen fuhr sie trotzig fort: „Ihr habt alles mögliche gemeinsam, Interessen, Freunde, Lebensstil. Außerdem sollte ein Mann in dei nem Alter verheiratet sein. Nichts ist so jämmerlich wie ein ältlicher Junggeselle.“
    Sie verstummte. Es entstand eine Pause. Robert fragte höflich: „Bist du fertig?“
    Helen seufzte tief. Es war hoffnungslos. Sie wußte, hatte immer gewußt, daß keine Worte Robert zu etwas bewegen konnten, das er nicht aus freien Stücken tat. Er hatte sich in seinem ganzen Leben nie zu etwas überreden lassen. Ihr Ausbruch war reine Atemver schwendung gewesen, und sie bereute ihn bereits.
    „Ja, sicher, ich bin fertig. Und ich entschuldige mich. Es geht mich nichts an, und ich habe kein Recht, mich einzumischen. Es ist bloß - ich habe Jane gern, und ich möchte, daß du glücklich bist. Ich weiß nicht, Robert. Ich komm einfach nicht dahinter, wonach du suchst.“
    „Ich weiß es auch nicht“, sagte Robert. Er lächelte seine Schwe ster an und fuhr sich mit der Hand durchs Haar, eine vertraute Geste, die er immer machte, wenn er durcheinander oder müde war.
    „Aber ich glaube, es hat etwas mit dem zu tun, was zwischen dir und Marcus besteht.“
    „Ich hoffe, du findest es, bevor du vor Altersschwäche tot um fällst.“
    Er überließ sie ihrer Kochkunst, nahm seinen Hut, die Abendzei tung und eine Handvoll Briefe und ging nach oben in seine Wohnung. Sein Wohnzimmer, das auf den großen Garten und die Kastanie hinausging, war früher das Kinderzimmer gewesen. Es hatte eine niedrige Decke, einen Teppichboden, war ringsum mit Büchern voll gestellt und mit so vielen Sachen seines Vaters möbliert, wie er die Treppe hatte hinaufschaffen können. Er warf Hut, Zeitung und Briefe auf einen Sessel, ging an den antiken bauchigen Schrank, wo er seine Getränke aufbewahrte, und schenkte sich einen Whisky-Soda ein. Dann nahm er eine Zigarette aus der Dose auf dem Couchtisch, zündete sie an, setzte sich mit dem Glas in der Hand an den Schreib tisch, hob den Telefonhörer ab und wählte Jane Marshalls Nummer.
    Sie nahm sich Zeit, bis sie sich meldete. Während er wartete, kritzelte er mit einem Bleistift auf dem Löschpapier herum, sah auf die Uhr und beschloß, ein Bad zu nehmen und sich umzuziehen, bevor er Marcus am Busbahnhof an der Cromwell Road abholte. Und als Versöhnungsangebot an Helen wollte er eine Flasche Wein mit nach unten nehmen, die sie zum Abendessen trinken würden, wenn sie an dem gescheuerten Tisch in Helens Küche saßen und unvermeidlich vom Geschäft sprachen. Er merkte, daß er sehr müde war; die Aussicht auf einen solchen Abend war angenehm.
    Der Klingelton verstummte. Eine kalte Stimme sagte: „Hier Jane Marshall.“
    Sie meldete sich immer so am Telefon, und es machte Robert nach wie vor frösteln, obwohl er den Grund kannte. Mit sechsundzwanzig sah sich Jane, nachdem sie eine gescheiterte Ehe hinter sich hatte, gezwungen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen, und sie gründete eine kleine Inneneinrichtungsfirma, die sie von zu Hause aus betrieb. Daher mußte eine einzige Telefonnummer einem doppelten Zweck dienen, und sie hatte längst erkannt, daß es klug war, jeden Anruf zunächst wie ein potentielles Geschäft zu behandeln. Das hatte sie Robert erklärt, als er sich über ihre kühle Art beklagte.
    „Das verstehst du nicht. Es könnte ein Kunde sein, der anruft. Was soll er denken, wenn ich mich ganz sexy anhöre und mit schmalziger Stimme ins Telefon flöte?“
    „Du mußt dich nicht sexy anhören. Nur ein bißchen freundlich und gut gelaunt. Warum versuchst du es nicht mal? Du würdest Wände rausreißen und Vorhänge aufhängen und Überwürfe drapie ren, ehe du dich's versiehst.“
    „Denkste. Eher würde ich ihn mit einer Polsternadel abwehren.“ Jetzt sagte er: „Jane?“
    „Oh, Robert.“ Ihre Stimme wurde augenblicklich normal, sie klang warm und erfreut, ihn zu hören. „Entschuldige. Hat Helen es dir ausgerichtet?“
    „Sie bat mich, dich anzurufen.“
    „Ich hatte mich nur gefragt... hör mal, ich hab zwei Karten fürs Ballett am Freitag geschenkt bekommen, für La Fille Mal Gardee, und ich dachte, du würdest vielleicht

Weitere Kostenlose Bücher