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Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren

Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren

Titel: Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alison Sinclair
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im Notfall zu wecken. Falls dafür keine Zeit sein sollte, gehen Sie sofort zu Sejanus. So lauten meine Befehle.«
    Floria
    Vor der Tür zum Vorzimmer des Prinzen hielt Floria inne, um sich auf das vorzubereiten, was sie dahinter erwarten würde. Den Geräuschen nach zu urteilen, ging es darin zu wie in einem Bienenstock. Ein Eindruck, der sich in dem Moment bestätigte, als sie die Tür öffnete. Der Raum war zum Bersten gefüllt. Sämtliche Prächtigkeiten, die im Palast zusammengekommen waren, um die Mündigkeit ihres Thronerben zu feiern, drängten sich nun in das Vorzimmer und ersuchten um eine Privataudienz bei ihrem neuen Prinzen.
    Sitzgelegenheiten gab es keine, da diese ohnehin niemand benutzen würde. Schwäche zu zeigen, indem man sich setzte, forderte eine rechtmäßige Entmachtung heraus. Einen anderen aufzufordern, Schwäche zu zeigen, indem man ihm einen Stuhl hinstellte, war ein Zeichen von Verachtung. Floria lehnte sich mit dem Rücken an eine Wand und nickte den anwesenden Gardisten zu, die sich genau wie sie an die Seite gestellt hatten, um das Gedränge der Prächtigkeiten zu überwachen.
    Und diese waren, genau wie sie, mit der Frage beschäftigt, wer ihren Prinzen ermordet hatte.
    Das unterschwellige Unbehagen der Minderheit derer, die nicht in voller Trauerkleidung erschienen waren, bereitete ihr eine gewisse Genugtuung. Jede Prächtigkeit beanspruchte für sich das Recht, das Oberhaupt des eigenen Geblüts jederzeit absetzen zu können, wenn es zu senil, korrupt oder inkompetent war und dadurch die Interessen der Allgemeinheit gefährdete. Und in gleicher Weise verteidigten sie dieses Recht gegen jeden, der es missbrauchte. Bedauerlicherweise verrieten sich Thronräuber und Auftragsmörder nur in melodramatischen Geschichten durch Reue oder Hinterlist, und sie verkündeten ihre Schuld auch höchst selten in jambischen Pentametern.
    Prinz Isidores Vater, dem ihr Vater so lange Zeit gedient hatte, war ein Mann von großem Charisma und einer gewissen Impertinenz gewesen. Jeder andere Prinz wäre rechtmäßig abgesetzt worden, wenn er entschieden hätte, seinen zehnjährigen Sohn mit der sechzehnjährigen Tochter eines südländischen Barbaren zu vermählen. Doch Prinz Benedict hatte die Prächtigkeiten mit Versprechungen über die Gewinn- und Stabilitätsvorteile einer Machtausweitung um den Finger gewickelt. Und auch wenn sein Programm sich als äußerst erfolgreich erwiesen hatte, so hatte er dafür zunächst den häuslichen Frieden seines Sohnes geopfert und zu guter Letzt eine gewisse Toleranz seiner Untergebenen für die ersten Anzeichen seiner Geistesschwäche verspielt.
    Obendrein hatte er die Achtung der Nachtgeborenen verloren, denen keine solch zweckmäßigen Gründe vorlagen, die völkermordende Regentschaft des Großvaters seiner Gemahlin zu vergessen. Und da für den nachtgeborenen Adel die Abstammung ebenso wichtig war wie für die auf die Reinheit ihres Blutes erpichten Magier, würde er die Herkunft des neuen Prinzen gewiss nicht mit Wohlgefallen betrachten.
    Bei gut einem Viertel der im Vorzimmer Anwesenden zeigten sich Hinweise auf deren südländische Herkunft. Trotz ihrer Barbarei waren die Südländer in ihrer Kleidung nahezu genügsam. Ihre Zier beruhte mehr auf der Struktur eines Gewebes als auf dessen Farbe, fast wie bei den Nachtgeborenen. Floria gefiel die Schlichtheit und Funktionalität, und wenn diesbezüglich eine neutrale Entscheidung möglich gewesen wäre, hätte sie diesen Stil wohl auch für sich selbst bevorzugt.
    Der einzige noch lebende Bruder der Prinzgemahlin und zwei ihrer Schwestern hatten sich an beiden Seiten der Tür für die Höherprivilegierten positioniert, in der Nähe vier unerschütterlicher Leibwächter. Orlanjis hatte sich dazugestellt, obwohl er für diese Art der Zusammenkunft eigentlich noch zu jung war. Er trug ein rotes Hemd mit einer ebensolchen Schärpe, seine Haare waren im Nacken zu einer Schnecke gedreht und unter einem roten Haarnetz festgesteckt – eine kluge Wahl. Die dunklen Ringe unter seinen Augen zeugten von einer schlaflosen Nacht, und er konnte den Blick kaum mehr von den Lampen abwenden. Isidore hatte Orlanjis für das fantasievollste seiner Kinder gehalten und Fejelis, ungeachtet seiner anderen Tugenden, für das fantasieloseste – wobei allzu große Vorstellungskraft auch sehr leicht zu einer Belastung werden konnte.
    Zu Florias Überraschung fand ihr Warten ein Ende, noch bevor es überhaupt richtig angefangen hatte.

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