Lichtgeboren - Sinclair, A: Lichtgeboren
umgingen, als wären es Waffen, die gegen sie gerichtet waren. »Haben Sie schon jemals eine Frau geliebt , Vladimer?«, herrschte sie ihn an.
Es folgte ein langes Schweigen. Telmaine widerstand dem Impuls, ihn mit ihrem Sonar zu peilen, um seinen Gesichtsausdruck einzufangen. Im Grunde war sie über ihre Kühnheit selbst ziemlich entsetzt.
Als sie sich gerade für ihre dreiste Frage entschuldigen wollte, sagte Vladimer: »Was denken Sie, Prinzessin Telmaine, können Sie lernen, diese Feuer zu löschen?« Er hielt inne, und nachdem keine Antwort kam, erklärte er: »Denn bisher haben sie zwei Waffen gegen uns im Einsatz, von denen letztere mit Abstand die verheerendere ist.«
»Das weiß ich nicht«, erwiderte sie. »Ich weiß nur, dass ich das Feuer auf einen von ihnen zurückwerfen kann, aber da hatte ich das Überraschungsmoment auf meiner Seite.«
»Ja«, sagte Vladimer. »Ich habe meine Agenten bereits darauf angesetzt, die Verfolgung anhand der von Ihnen und einigen anderen gemachten Angaben aufzunehmen. Ich wünschte, ich wäre eher dazu in der Lage gewesen. Auf welche Entfernung können Sie einen Schattengeborenen wahrnehmen? Ishmaels Gespür dafür war so begrenzt, dass es ihm vielmehr in die Quere kam, als dass es für ihn von Vorteil gewesen wäre, aber Ihres scheint stärker zu sein.«
»Ich bin nicht sicher. Zumindest muss ich mich nicht im selben Raum aufhalten. Den Schattengeborenen im Sommerhaus habe ich sofort gespürt, als wir eintraten. Aber, Fürst Vladimer, möglicherweise ist es auch nur das Wirken ihrer Magie, das ich spüren kann. Den Attentäter am Bahnhof habe ich jedenfalls erst wahrgenommen, nachdem er das Feuer entfacht hatte.«
»Sie waren abgelenkt«, räumte er ein. »Dafür bin ich, trotz meiner lästigen Hinfälligkeit seit unserer Ankunft nicht untätig gewesen. Und ich bezweifle, dass irgendjemand in der Lage sein dürfte, meine Vorsichtsmaßnahmen zu umgehen, die ich für die Sicherheit meines Bruders und seines Haushaltes getroffen habe, ohne Magie einzusetzen.«
Telmaine hatte lediglich eine vage Vorstellung davon, woraus diese Vorsichtsmaßnahmen bestehen mochten, doch Ishmael war von Vladimers Einfallsreichtum überzeugt gewesen. Damit musste sie sich begnügen. »Fürst Vladimer, würden Sie Ihre Sicherheitsvorkehrungen auch auf Fürst Erskanes Haushalt ausweiten, und auf meine Kinder?«
Seine Lippen wurden für einen kurzen Moment schmal, dann sagte er: »Sofern es mir möglich ist, ohne unangenehme Fragen hervorzurufen, betrachten Sie es als erledigt.«
»Danke«, sagte sie sanft.
Der pure Zufall ließ ihr Sonar sein knappes, bitteres Lächeln auffangen. Sie fragte sich, welcher Gedanke dahinter gesteckt haben mochte, doch sie wagte nicht, ihn danach zu fragen.
»Ich weiß, dass Sie nicht Tag und Nacht Wache halten können«, bekannte er, »obwohl es durchaus Stimulanzien gibt, die es einem ermöglichen, über einen Zeitraum von mehreren Nächten hellwach zu bleiben.« Er machte keinerlei Anstalten – wie Balthasar es getan hätte – seine Äußerung dahingehend zu vervollständigen, dass er auch auf die umfassenden Risiken für Körper und Geist eingegangen wäre. War er sich dieser Gefahren überhaupt bewusst? Wenigstens für sich selbst? Sie wies seinen verblümten Vorschlag jedenfalls mit einem energischen Kopfschütteln zurück – ein Widerspruch, der ohne weiteres hätte unbemerkt bleiben können. Doch Vladimer hatte das sanfte Rascheln des Schleiers auf ihren Schultern gehört, neigte seinen Kopf fragend zur Seite und erwartete. dass sie ihren Einwand aussprach.
»Mir wäre es lieb, wenn Sie bis zum Sonnenuntergang in Alarmbereitschaft bleiben könnten«, sagte er, nachdem sie es offenbar vorzog zu schweigen. »Womöglich ist es reiner Aberglaube anzunehmen, die Bedrohung sei am Tage größer als in der Nacht, doch unsere Verwundbarkeit ist es allemal.«
Vor einem Mann, der sich sogar aus seinem Krankenbett gequält hatte, konnte sie wohl kaum auf Müdigkeit plädieren. »Ja«, sagte sie mit leiser Stimme. »Das kann ich tun.«
»Sie sollten in der botanischen Bibliothek Platz nehmen. Ich sorge dafür, dass Sie nicht gestört werden. Meine Gemächer liegen direkt dahinter, und Sejanus nutzt die juristische Bibliothek nebenan. Er wird sich wahrscheinlich nur vier Stunden Schlaf gönnen, wenn überhaupt.« Er ließ einen leichten Peilruf über Telmaine hinweggleiten. »Ich werde mein Personal darüber in Kenntnis setzen, dass Sie das Recht haben, mich
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