Lichthaus Kaltgestellt
Dank.«
»Das war es schon?«
»Ja, auf Wiederhören.« Lichthaus legte auf und sah, dass Scherer den Sinn des Anrufs nicht ganz verstand. »Ich wollte mich nur vergewissern, bin mir jetzt aber ziemlich sicher. Der Mann in der Lorenz-Kellner-Straße und in der Simeonstraße, einmal bei Ley und einmal vor dem Juweliergeschäft, war wohl ein und derselbe Kerl. Und er ist gerannt.« Scherer nickte. »Und was hast du herausgefunden?«
»Also als Erstes habe ich beim BKA das System mit unseren Daten gefüttert.«
»Gute Arbeit.« Das BKA beteiligte sich seit einigen Jahren an einer internationalen Datenbank, in der Kapitalverbrechen wie Sexualstraftaten systematisch erfasst wurden. Ziel war es, Zusammenhänge zwischen Taten zu erkennen und auch weit auseinanderliegende Delikte dem oder den jeweiligen Tätern zuzuordnen. Lichthaus war noch aus seiner Zeit in Mainz mit der Datenbank vertraut, die aus Kanada stammte und unter dem Namen ViCLAS bekannt war. Er schätzte den Wert dieses Fahndungsinstruments sehr. Ein Problem war nur, dass nicht alle ungelösten Altfälle erfasst waren.
»Herausgekommen ist so gut wie nichts. Es kommt äußerst selten vor, dass jemand sein Opfer vor der Ermordung mehrere Tage festhält, wodurch ich wohl auch keine Übereinstimmung erzielen konnte. Vielleicht haben wir es hier auch mit einem Ersttäter zu tun.«
Lichthaus schaute zweifelnd. »Möglich, aber kannst du dir vorstellen, dass ein Ersttäter ein Mädchen abgreift, drei Tage festhält und dann erst tötet, um die Leiche später mit einem Bagger an einer hierzu besonders geeigneten Stelle im Wald zu vergraben? Also für mich klingt das sehr unwahrscheinlich. Mag sein, dass Eva Schneider ein zufälliges Opfer ist, aber um das so durchzuziehen, braucht es Vorbereitung und vor allem Erfahrung. Nein, das war kein Ersttäter.«
Scherer nickte. »Den Eindruck habe ich eigentlich auch. Ich habe mir daher mal die Altfälle angesehen …«
»Gleich«, unterbrach ihn Lichthaus. »Lass uns erst die Datenbankgeschichte durchgehen.«
»Gut. Ich habe dann die Punkte: Tod durch Erwürgen und/oder Vergewaltigung unter Mitnahme des Slips und/oder Brustquetschung mit Bauchbiss eingegeben. Hier kam nur einmal Vergewaltigung mit Bauchbiss heraus.«
»Wo war das?«
Scherer nahm einen Computerausdruck zur Hand und las ab. »Eine Vergewaltigung in Paderborn. Das war 1998. Die Frau war in einem Park joggen. In einem Querweg wurde ihr ein Sack über den Kopf gestülpt.« Er stockte. »Moment. Hier. Brutale Vergewaltigung. Starke Quetschung der Brust und Biss in den Bauch. DNA-Spuren negativ. Zahnschema liegt vor, ist aber unauswertbar.«
»Wieso?«
»Steht nicht dabei.«
»Was zum Täter?«
Scherer blätterte um, und Lichthaus fiel auf, dass sein Kollege in den vergangenen Wochen sehr hager geworden war. Er trainierte für den Frankfurt Marathon und verbrachte jede freie Minute im Weißhauswald, um Kilometer abzuspulen.
»Er ist gestört worden und abgehauen. Die Frau hat ausgesagt, er sei auffallend gut rasiert gewesen.«
Lichthaus hob die Schultern. »Das bringt uns nicht weiter.«
Er schaute zum Fenster hinaus und dachte einen Moment über die neuen Informationen nach, als das Telefon klingelte. Es war Müller.
»Wir machen um vierzehn Uhr noch eine Pressekonferenz. Seien Sie bitte eine Stunde vorher bei mir, damit wir uns abstimmen.«
»Ich habe um elf eine Besprechung anberaumt. Kommen Sie doch einfach hinzu. Den Bericht habe ich Ihnen schon auf den Tisch gelegt.« Er legte auf und wandte sich wieder an Scherer. »Du hast also auch die Altfälle untersucht?«
»Ja, ich bin zunächst mal davon ausgegangen, dass unser Täter im Umkreis von fünfzig Kilometern um den Fundort wohnt.«
Lichthaus nickte. Scherers Vorgehen war konsequent, denn empirische Untersuchungen hatten gezeigt, dass die meisten Sexualtäter ihre Verbrechen nicht allzu weit entfernt von ihrem Wohnort verübten. In ihrem speziellen Fall hatte Scherer den Radius deutlich erweitert, weil sie berücksichtigen mussten, dass der Fundort nicht der Tatort war.
»Derzeit passen zwei Männer in das Profil. Da der Aktenbestand etwas älter ist, muss ich aber noch prüfen, ob weitere Verurteilte in den letzten Jahren zugezogen sind. Ein Verdächtiger heißt Viktor Rosner. Neunundzwanzig Jahre alt. Er hat wegen Vergewaltigung fünf Jahre gesessen und ist seit Januar draußen. Auf Bewährung. Er wohnt in Bitburg. Ich habe eben mit seiner Bewährungshelferin gesprochen. Die hat aber
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