Lichthaus Kaltgestellt
lautlos aufschwang und wie ein Phantom hinter ihr auftauchte. Er hörte sie sogar leise summen, dann spannte er die Muskeln und sprang nach vorne.
*
In Eitelsbach traf er Nils, Petra und seine Frau beim Nachtisch an. Claudia hatte als Hauptspeise Platten mit eingelegten Tomaten, Parmaschinken, Käse und vielen anderen italienischen Delikatessen angerichtet, und Lichthaus stürzte sich mit Heißhunger auf die Reste. Nils hatte offensichtlich ordentlich Wein und Grappa genossen. Seine Backen waren leicht gerötet, während er mit der fast leeren Flasche spielte und mit glasigen Augen eine seiner berühmten Geschichten erzählte.
Nils und Petra waren kinderlos und reisten viel durch die ganze Welt. Da Nils ein begeisterter Hobbyfotograf war, bekamen sie bei ihren seltenen Besuchen regelmäßig die letzten Urlaubsfotos zu sehen und freuten sich meistens darauf. Nils war ein wunderbarer Geschichtenerzähler und schilderte eher die Peinlichkeiten, die er wie ein Magnet anzuziehen schien, als die eigentlichen Reiseziele. In diesem Jahr waren drei Wochen Japan auf dem Plan gewesen. Obwohl die beiden sich vor ihrer Reise viel mit dem Land beschäftigt hatten, standen die Fettnäpfchen dicht hintereinander. Sie lachten viel während der Erzählungen, doch Lichthaus war nur halb bei der Sache, da die neuen Wendungen im Fall Eva Schneider ihn nicht mehr losließen. Claudia bemerkte seine Unruhe und legte beruhigend den Arm um ihn.
Gegen halb zwölf verschwanden die beiden. Nils war sichtlich angetrunken, und Lichthaus fragte sich, wie er am kommenden Tag seine Arbeit als Architekt machen würde. Petra bugsierte ihn auf den Beifahrersitz des Sharans und winkte ihnen zum Abschied, aber Nils war anscheinend bereits eingeschlafen.
Der Himmel zeigte sich bewölkt. Lichthaus nahm Claudia in den Arm und sie gingen langsam hinein um aufzuräumen. Während sie Teller abtrugen und die Reste verpackten, erzählte er ihr von den neuen Erkenntnissen, und auch sie spürte die Chance, die sich ihnen eröffnet hatte. Anschließend setzten sie sich noch kurz zusammen. Für die Woche in Holland hatte sie alles geplant. Sie würde ihm den Berlingo lassen und mit ihren Eltern fahren.
»Hab ich dir gesagt, dass vorhin deine Mutter angerufen hat?«
»Oh nein. Was wollte die denn? Normalerweise kennt sie unsere Nummer doch nur, wenn sie uns braucht.«
»Wann sie endlich das Kind zu sehen bekäme. Hoffentlich bevor es laufen lernt. Ich habe ihr versprochen, dass du zurückrufen würdest.«
»Heute nicht. Der Tag war schon schlimm genug.«
Die Beziehung zu seiner Mutter war seit jeher völlig unterkühlt. Nach seiner Geburt hatte sie ihr Jurastudium abgebrochen und dies ihr Leben lang nicht verwunden. Es kam Lichthaus manchmal so vor, als gebe sie ihm die Schuld für ihr Hausfrauenleben, das sie nie wirklich ausgefüllt hatte. Ihr Liebling, sie nannte ihn »mein Sonnenschein«, war sein jüngerer Bruder Karsten, der im Westerwald geblieben und als Arzt ihr ganzer Stolz war. Henriette war nun ihr erstes Enkelkind, daher wohl der Sinneswandel. Lichthaus’ Vater hatte als Rechtsanwalt in Koblenz eine gut gehende Kanzlei geführt und war fest davon ausgegangen, dass er dort einsteigen würde. Der endgültige Bruch kam, als er das Jurastudium abbrach und zur Polizei ging. Sie hatten sich heftig gestritten. Er würde die Drecksarbeit machen und nur mit Abschaum zu tun haben, anstatt sein Studium zu beenden und Anwalt zu werden, hatte sein Vater gebrüllt. Lichthaus hatte zurückgeschrien, dass er lieber den Abschaum ins Gefängnis bringen wolle, als ihn davor zu bewahren. Dann war er gegangen, und es hatte drei Jahre gedauert, bis sie wieder miteinander sprachen. Sein Vater war vor einigen Jahren gestorben und hatte ihm ordentlich Geld hinterlassen, das er anfangs nicht wollte und dann aggressiv im Aktienmarkt angelegt hatte. Mit gutem Erfolg. Heute war er froh darüber, da sie sich so das Haus hatten leisten können.
*
Früh am nächsten Morgen saßen alle bis auf Cornelia Otten, die zu ihrer Tochter gefahren war, auf ihren Plätzen. Die meisten Kollegen machten einen ausgeruhten, aber angespannten Eindruck. Er überließ es Steinrausch, den gestrigen Tag zusammenzufassen, dann begann er.
»Spleeth hat mir seinen Bericht hereingegeben. Er hat noch eine Spektralanalyse der Glassteine und eine genaue Materialanalyse von Messing und Lötzinn durchgeführt. Sein Ergebnis ist, dass beide Knöpfe mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus
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