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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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Jahrhunderts, Will«, sagte er. »Er ist siebenhundert Jahre vor dir geboren. Dorthin gehört er. Durch meine Kunst ist er für diesen einen Tag hierher versetzt worden, dann wird er wieder zurückgehen. Das haben nur wenige gewöhnliche Menschen je getan.«
    Will fuhr sich verzweifelt mit den Fingern durchs Haar. Er hatte das Gefühl, sich in einem dicken Kursbuch zurechtfinden zu müssen.
    Hawkin kicherte leise: »Ich hab dir doch gesagt, Uralter. Es ist ein Geheimnis.«
    »Merriman«, sagte Will. »Wohin gehören Sie?«
    Merrimans dunkles, scharfes Gesicht sah ihn ausdruckslos an wie ein uraltes geschnitztes Götzenbild. »Das wirst du bald verstehen«, sagte en »Wir drei sind noch aus einem anderen Grund hier, nicht nur wegen des hölzernen Zeichens. Ich gehöre nirgendwo- und überallhin, Will. Ich bin der Erste der Uralten und habe in jedem Zeitalter gelebt. Ich lebte — lebe — in Hawkins Jahrhundert. Dort ist Hawkin mein Gefolgsmann. Ich bin sein Herr und mehr als sein Herr, denn er hat sein ganzes Leben bei mir verbracht, ich habe ihn aufgezogen wie einen Sohn, ihn nach dem Tod seiner Eltern zu mir genommen.«
    »Kein Sohn hätte bessere Pflege genießen können«, sagte Hawkin mit belegter Stimme. Er hielt den Blick gesenkt und zupfte seine Jacke gerade und Will sah, dass Hawkin trotz der Linien in seinem Gesicht nicht älter sein konnte als sein Bruder Stephen.
    Merriman sagte: »Er ist mein Freund und ich liebe ihn und vertraue ihm. So sehr, dass ich ihm eine wichtige Rolle bei der Ausführung der Aufgabe zugeteilt habe, die wir gemeinsam in diesem Jahrhundert lösen müssen. Diese Aufgabe besteht in deiner Unterweisung, Will.«
    »Oh«, sagte Will unsicher.
    Hawkin grinste ihn an, dann trat er vor und verbeugte sich gravitätisch vor ihm, als wollte er die Feierlichkeit des Augenblicks brechen. »Ich muss dir dafür danken, dass ich geboren bin, Uralter«, sagte er, »und dafür, dass du mir die Möglichkeit gibst, wie ein Mäuschen in ein Zeitalter zu schlüpfen, das nicht das meine ist.«
    Merriman lächelte erheitert: »Hast du bemerkt, Will, welche Freude es ihm macht, die Gaslichter zu entzünden? In seiner Zeit benutzt man qualmende, übel riechende Kerzen, die gar keine richtigen Kerzen sind, sondern in Talg getauchtes Schilfrohr.«
    »Gaslampen?« Will betrachtete die weißen Kugeln an der Wand. »Sind das Gaslampen?«
    »Natürlich. Es gibt noch keine Elektrizität.«
    »Nun«, sagte Will trotzig, »ich weiß ja schließlich nicht einmal, welches Jahr wir haben.«
    »Anno domini achtzehnhundertfünfundsiebzig«, sagte Merriman. »Kein schlechtes Jahr. In London tut Mr. Disraeli sein Bestes, um den Suezkanal zu kaufen. Mehr als die Hälfte der britischen Handelsflotte, die den Kanal passieren wird, besteht aus Segelschiffen. Die Königin Viktoria sitzt seit achtunddreißig Jahren auf dem britischen Thron. Der Präsident von Amerika trägt den glänzenden Namen Ulysses S. Grant und Nebraska ist der jüngste der vierunddreißig Staaten der Union. Und in einem abgelegenen Herrenhaus in Buckinghamshire, das in der Öffentlichkeit nur bekannt oder berüchtigt ist, weil es die wertvollste Sammlung von Büchern über die schwarze Kunst besitzt, veranstaltet eine Dame namens Mary Greythorne eine Weihnachtsfeier für ihre Freunde, bei der gesungen und musiziert wird.«
    Will trat an den Bücherschrank, der ihm am nächsten war. Die Bücher waren alle in Leder gebunden, die meisten in braunes. Es gab glatte, neue Bände mit glänzendem Goldschnitt; dicke, kleine Bücher, die so alt waren, dass das Leder sich anfühlte wie ein dickes Tuch. Er las einige der Titel:
Dämonenkult, Liber Poenitalis, Die Entdeckung der Hexerei, Malleus Maleficarum —
so ging es weiter auf Französisch, Deutsch und in Sprachen, von denen er nicht einmal die Schrift erkannte. Merriman wies mit einer verächtlichen Handbewegung auf diesen und die anderen Schränke.
    »Das ist ein kleines Vermögen wert«, sagte er, »aber nicht für uns. Dies sind die Geschichten kleiner Leute, von Träumern und einigen Verrückten. Geschichten von Zauberei und von dem Schrecklichen, das man einmal den armen einfachen Seelen angetan hat, die man Hexen nannte, harmlosen menschlichen Wesen, von denen nur ganz wenige wirklich Verbindung mit den Mächten der Finsternis hatten ... Natürlich hatte keiner von ihnen etwas mit den Uralten zu tun, denn fast alles, was Menschen über Magie oder Hexen und solche Dinge sagen, kommt aus Dummheit,

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