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Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga

Titel: Lichtjäger - Die Wintersonnenwende-Saga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Cooper
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begangen, laut zu rufen.
    Der Reiter und Maggie waren verschwunden. Paul kam besorgt auf ihn zu. »Was um Himmels willen ist denn los, Will? Hast du dir wehgetan?«
    Merriman sagte schnell und beiläufig hinter Pauls Rücken: »Ich glaube, er ist gestolpert«, und Will hatte die Geistesgegenwart, das Gesicht schmerzvoll zu verziehen, er krümmte sich, als habe er Schmerzen, und hielt sich den einen Arm.
    Man hörte Füßegetrappel und Robin stürzte vom Flur her ins Zimmer, Barbara dicht hinter ihm. »Was ist denn los? Wir hörten einen entsetzlichen Schrei — «
    Robin blieb stehen und sah Will verwirrt an: »Ist dir was, Will?«
    »Och«, sagte Will. »Ich — ich hab mir nur den Ellenbogen gestoßen. Tut mir Leid. Es tat schrecklich weh.«
    »Es hörte sich an, als wollte dich jemand umbringen«, sagte Barbara vorwurfsvoll.
    Ungerührt nahm Will seine Zuflucht zur Grobheit. Seine Hand in der Tasche war fest um das Zeichen geschlossen. »Also«, sagte er verdrießlich, »ich muss euch enttäuschen, aber es ist wirklich nichts. Ich hab mich nur gestoßen und aufgeschrien, das ist alles. Tut mir Leid, wenn ihr euch erschreckt habt. Aber ich weiß wirklich nicht, was das Theater soll.«
    Robin starrte ihn wütend an: »Das nächste Mal kannst du lange warten, bis ich dir zu Hilfe komme«, sagte er mit einem vernichtenden Blick.
    »Du kennst wohl die Geschichte von dem Jungen, der blinden Alarm geschlagen hat«, sagte Barbara.
    »Ich glaube«, sagte Merriman freundlich, indem er den Schrank schloss und den Schlüssel umdrehte, »wir sollten jetzt alle wieder zu Miss Greythorne gehen und ihr noch ein letztes Lied singen.« Und ganz vergessend, dass er ja nur ein Diener war, gingen alle gehorsam hinter ihm her aus dem Zimmer. Will rief — diesmal nur in Gedanken — hinter ihm her: »Aber ich muss Sie sprechen. Der Reiter war hier! Und das Mädchen!«
    Merriman erwiderte auf die gleiche Weise: »Ich weiß. Später. Sie haben die Möglichkeit, solche Gespräche zu hören. Denk daran.« Und er ging weiter, überließ Will seiner Angst und Ungeduld.
    In der offenen Tür blieb Paul stehen, nahm Will fest um die Schulter und sah ihm ins Gesicht. »Ist wirklich alles in Ordnung?«
    »Ehrlich. Tut mir Leid, dass ich so 'n Krach geschlagen hab. Die Flöte klingt ganz prima.«
    »Ein phantastisches Ding.« Paul ließ ihn los, drehte sich um und warf einen sehnsüchtigen Blick auf den Schrank. »Wirklich. Ich hab nie etwas Ähnliches gehört, viel weniger gespielt. Du hast keine Ahnung, Will. Ich kann es nicht beschreiben — sie ist schrecklich alt und doch wie neu. Und der Klang — « In seiner Stimme und seinem Gesicht lag etwas Schmerzliches und etwas, auf das Will mit einer tiefen Sympathie antwortete. Ein Uralter, das wusste er plötzlich, war dazu verurteilt, die gleiche unbestimmte, namenlose Sehnsucht zu empfinden. Es war ein immer gegenwärtiger Teil seines Lebens.
    »Ich würde alles darum geben«, sagte Paul, »eine solche Flöte wenigstens einen Tag lang zu besitzen.«
    »Fast alles«, sagte Will leise. Paul starrte ihn erstaunt an und der Uralte in Will merkte zu spät, dass dies wohl nicht ganz die Antwort eines kleinen Jungen war. Er grinste, streckte Paul die Zunge raus und hüpfte durch den Flur, zurück in die normalen Verhältnisse einer normalen Welt.
    Sie sangen als letztes Lied »Die erste Weihnacht« und verabschiedeten sich. Dann waren sie wieder draußen im Schnee und in der frischen Luft und Merrimans unbeteiligt höfliches Lächeln verschwand hinter dem Schlosstor. Will stand auf den breiten Steinstufen und blickte zu den Sternen empor. Die Wolken hatten sich endlich verzogen und die Sterne glühten wie Funken weißen Feuers in der schwarzen Höhlung des Nachthimmels, in den seltsamen Gruppierungen, die für ihn bisher ein verworrenes Geheimnis gewesen, jetzt voller Bedeutung waren.
    »Seht, wie hell die Pleiaden heute strahlen«, sagte er leise und Mary starrte ihn überrascht an und sagte: »Die
was?«
    Will riss sich von der Betrachtung des feurig schwarzen Himmels los und die Weihnachtssänger zogen in ihrer eigenen kleinen, von Fackeln erleuchteten Welt heimwärts. Schweigend und wie im Traum ging er zwischen den Geschwistern. Sie dachten, er sei müde, aber er war nur in seine Ahnungen versunken. Er besaß jetzt drei Zeichen der Macht. Er besaß auch das Wissen, um die Gabe
Gramarye
zu nutzen: ein ganzes Leben voller Entdeckungen und Weisheit, das ihm in einem einzigen Augenblick der

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